
Eigentlich würde Friedrich Merz ja gerne an die Wohnungskosten rangehen, die sich eben auch im Bürgergeld verstecken. Das hat er zumindest in seinem Sommerinterview in der ARD gesagt. Es geht dabei um hohe Mieten, die in urbanen Lagen heute zu zahlen sind – und eben auch vom Sozialamt oder der Bundesagentur für Arbeit gezahlt werden, beide im Ressort von Arbeitsministerin Bärbel Bas gelegen. Bas soll bald eine Reform des Bürgergelds entwerfen, die dann bis zum nächsten Jahr umgesetzt werden soll. Aber schon jetzt deuten sich Widerstände beim Koalitionspartner an. SPD-Fraktionsvize Dagmar Schmidt nennt Merz’ Vorstoß „wenig ausgegoren“.
In der Tat neigt der Kanzler zu solchen Parforceritten über die Heide mit angeschnalltem Rammbock – das Tor, das er einreißen will, muss irgendwo anders stehen. Die SPD-Vize meint, die CDU wollte das „Problem teuren Wohnraums durch mehr Obdachlosigkeit“ lösen. Geht es noch etwas unsachlicher? Stattdessen will Dagmar Schmidt eine Mietpreisbremse (die ja schon in mindestens einem Bundesland gescheitert ist) und „in bezahlbaren Wohnraum investieren“. Nur könnte das ja längst gemacht werden, wenn der Staat nicht durch die Berliner Mietpreisbremse die Profite der Investoren kappt. In der Tat stellen sich grundsätzliche Fragen, wenn man über die geistig-politische Fitness dieser Koalition und ihrer Mitglieder nachdenkt. Aber Leistungskürzungen, so Schmidt zu Merz, wird es mit der SPD angeblich nicht geben, nicht wo es ums Wohnen geht.
1,5 Milliarden Euro gibt der Staat in Deutschland für die Wohnungen der Bürgergeldbezieher aus. Das schreibt die AfD-Bundestagsfraktion in einer Pressemitteilung. Und das entspreche „einem Mietanteil von 38 Prozent am Bürgergeld“. Enorme Zahlen und großes Einsparungspotential auf der einen Seite. Auf der anderen Seite ist auch die Sogwirkung dieser Sozialleistung zu bedenken: Sie hält Personen in der bequemen Hängematte Bürgergeld, die dieser vielleicht doch entfliehen würden, wenn die Umstände etwas weniger gemütlich wären. Außerdem gilt die Sog- oder Magnetwirkung natürlich auch für Zuwanderer, die bald nach ihrer Einreise von denselben Vorteilen bei Erwerbslosigkeit profitieren wie die Einheimischen.
Marc Bernhard, baupolitischer Sprecher der AfD-Fraktion, erinnert daran, dass die Hälfte der Bürgergeldempfänger Migranten seien – 48 Prozent der „Hartzer“ sind inzwischen Ausländer. Aber als Migranten könnte man eine noch größere Gruppe ansprechen, und die liegt laut offiziellen Zahlen inzwischen bei fast zwei Dritteln, wenn nicht noch höher. Die von der Bundesregierung und nachgeordneten Behörden bereitgestellten Statistiken sind an dieser Stelle besonders löchrig und zum Teil widersprüchlich.
Derweil hat auch die Bauindustrie Kanzler Merz und die Bundesregierung harsch kritisiert. Trotz eines beschlossenen Sondervermögens von 500 Milliarden Euro kommt bis heute kaum etwas von dem Geld in der Realwirtschaft an – Geld, das uns als Schulden im Bundeshaushalt erhalten bleiben wird. Stattdessen fließt viel aus dem Sondervermögen direkt in den „Klimaschutz“ und die auf 2045 vorgezogene „Klimaneutralität“. Der Bauindustrie werden so neue Hindernisse in den Weg gelegt. Und das könnte allein schon Milliarden Euro verschlingen. In den aktuellen Rahmenbedingungen tun sich aber auch erfahrene Player am Baumarkt schwer, Projekte durchzubringen. Erst müssen sie genehmigt werden, doch das wird immer schwerer. Die Ausschreibungsverfahren sind schlicht zu komplex geworden, das Bauen wird auch dadurch teurer. Wohnraum fehlt und verfällt, die Infrastruktur tut ein selbiges. Nur weil sich der CDU-Kanzler nicht aus der rot-grünen Umklammerung befreien kann.