
Die schwarz-rote Regierung will künftig Empfänger von Bürgergeld, die sich weigern, zumutbare Arbeit anzunehmen, bestrafen. Das geht aus der Antwort auf eine “Kleine Anfrage” (Drucksache 21/966) der Grünen hervor. Demnach gilt, dass Empfänger von Bürgergeld bis zu zwei Monate lang ihre Bezüge verlieren, wenn sie eine Stelle bewusst verweigern. Verstößt ein Empfänger gegen andere Regeln, etwa, indem er mehrfach zu Terminen nicht erscheint, kann das Amt seine Bezüge ebenfalls kürzen oder kurzfristig streichen.
Was auf den ersten Blick wie ein klarer Kurswechsel wirkt, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen jedoch als Konzept ohne roten Faden. Zwar sollen neue Programme unter dem Motto „Fördern und Fordern“ laufen, doch weder auf die Nachfrage der Grünen noch zu Einsparungen im Haushalt oder zur Wirksamkeit der Sanktionen trifft die Regierung Aussagen.
Allerdings stößt die Regierung auch auf juristische Grenzen: Das Bundesverfassungsgericht hat in einem Urteil von 2019 klargestellt, dass Sanktionen zwar zulässig sind, aber nur bis zu einer Grenze von 30 Prozent des Regelbedarfs. Leistungen für Unterkunft und Heizung dürfen demnach nicht gekürzt werden. Jede Kürzung müsse nachvollziehbar begründet sein, und bei existenzbedrohenden Folgen sei eine Minderung ausgeschlossen, hat das Verfassungsgericht geurteilt.
In ihrer Antwort gibt die Bundesregierung zu, dass es Verdachtsfälle organisierten oder “bandenmäßigen Missbrauchs” des Bürgergelds gibt. Dabei geht es unter anderem um Konstellationen, in denen Arbeitgeber oder Vermieter gezielt Bezieher von Bürgergeld ausnutzen, um illegal an öffentliche Gelder zu gelangen. Aber belastbare Zahlen in diesen Fällen, sagt die Regierung, seien nicht bekannt.
Ebenfalls gibt die Bundesregierung offen zu, dass sie derzeit keine Maßnahmen plane, um die Bürokratie im Zusammenhang mit dem Bürgergeld zu reduzieren oder die Abläufe effizienter zu gestalten. Das geht aus der Antwort auf die Frage der Grünen hervor. Wer sich also von der Reform mehr Tempo oder weniger Verwaltungsaufwand erhofft hatte, wird enttäuscht. Statt Effizienz und Zeitersparnis steht Stillstand im Raum – oder im schlimmsten Fall: mehr Komplexität durch verschärfte Einzelfallregelungen und Sanktionen.
Gleichzeitig wird keine finanzielle Entlastung des Bundeshaushalts angestrebt. In der Antwort erklärt die Bundesregierung, dass sie keine Einsparungen durch die Bürgergeld-Reform plant. Auch Berechnungen zu möglichen Einsparpotenzialen liegen nicht vor. Damit fehlt nicht nur ein wirtschaftliches Ziel, sondern auch jede Grundlage, auf der sich der erwartete Nutzen der Verschärfungen beziffern ließe.