
In Zeiten knapper Kassen und steigender Abgaben wirft die Bundesregierung Millionen für Broschüren, Großevents, Podcast- und Videoprojekte raus, die oft im Leeren verhallen: Allein für Veranstaltungen flossen 2024 rund 23,95 Millionen Euro, für Podcasts und Videos 6,41 Millionen und für Publikationen 5,23 Millionen – insgesamt über 35 Millionen Euro Steuergeld. Das ergibt sich aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion, die NIUS vorliegt. Dabei bleibt der Einfluss jener Medienprodukte und Events bescheiden: Viele Produkte erreichen nur ein Nischenpublikum.
So gab das Bundesinnenministerium für Inneres (BMI) 2,42 Millionen Euro aus, darunter 2,31 Millionen Euro für eine sechsteilige Video-Reihe „Deine Gesellschaft zählt“. Zudem beanspruchte der BMI-Podcast „Rohrpost auf die Ohren“ 66.000 Euro, der zuletzt sage und schreibe 648 Zuhörer erreichte. Auch frühere Regierungs-Podcasts floppten: Das Arbeitsministerium (BMAS) pumpte 223.800 Euro in „Das Arbeitsgespräch“ – die letzte Folge hatte nur 1.326 Hörer.
Selbst erfolgreichere Formate wie etwa „Nachgefragt“ des Verteidigungsministeriums kommen auf nur 70.000 Hörer, was bei Kosten von Hunderten Tausend Euro pro Staffel wenig überzeugt. Auch „Aus Regierungskreisen“ des Bundespresseamtes mit Moderator Joël Kaczmarek bleibt ohne öffentliche Hörerzahlen. Der Podcast „Smart-City“ des Bauministeriums kostete 15.000 Euro für 13 Folgen mit nur 160 Downloads.
Die Reihe „Deine Gesellschaft zählt“ kostete das BMI alleine mehr als 2,3 Millionen Euro.
Für Veranstaltungen hingegen verpulverte das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung (BPA) 11,81 Millionen Euro, darunter das „Demokratiefest“ zum 75. Jubiläum des Grundgesetzes mit 8,75 Millionen Euro – inklusive 145.868 Euro Honoraren für 14 Moderatoren. „Allein für das ‚Demokratiefest‘ sind Honorare von 145.867,88 Euro für 14 Moderatoren ausgezahlt worden“, heißt es in der Antwort. Unter den Moderatoren finden sich Journalisten wie Tanja Samrotzki, Anja Heyde oder Astrid Frohloff, was die Frage nach ihrer Unabhängigkeit aufwirft. Das Auswärtige Amt (AA) gibt zu, bei Veranstaltungen wie der „Berlin Climate and Security Conference“ 426.321 Euro ausgegeben zu haben, ohne Moderatorennamen zu nennen – trotz offenkundiger Beteiligung von Journalisten wie Anne Chebu.
Zu jenen Veranstalten kommen noch Großevents wie das „Startup Germany Summit“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (964.118 Euro) oder der „Fachkräftekongress“ des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (812.157 Euro), die insbesondere der Imagepflege dienen.
Der einstige Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) spricht auf dem „Startup Germany Summit“.
Ähnlich fragwürdig: die Publikationen. Das Bundesfinanzministerium (BMF) investierte 270.998 Euro in die Broschüre „75 Jahre Finanzen für unsere Demokratie“, gedruckt in 3.000 Exemplaren. Viele Publikationen sind „online only“, mit gedruckten Auflagen unter 1.000 Stück – wie der Flyer „Gute Sache! Steuervorteile bei Ehrenamt und Spenden“ für 695 Euro. Insgesamt beliefen sich die Kosten für Print- und Online-Publikationen auf 2,91 Millionen Euro im zweiten Halbjahr 2024, ergänzt um 2,31 Millionen aus dem ersten Halbjahr.
Unter den Kosten für Publikationen befanden sich das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) mit 505.900 Euro, das Bundesministerium der Finanzen (BMF) mit 400.766 Euro und das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) mit 385.792 Euro unter den Top 3. Für Veranstaltungen (insgesamt 23.949.664 Euro) veranschlagten das Bundespräsidialamt (BPA) mit 11.809.413 Euro, das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE) mit 3.375.250 Euro und das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) mit 1.870.547 Euro das meiste Geld. Die Kosten für Podcasts und Videos summierten sich auf etwa 6.410.300 Euro, mit dem Bundesministerium des Innern (BMI) an der Spitze mit 2.423.817 Euro, gefolgt vom BMWE mit 2.109.744 Euro und dem BPA mit 644.024 Euro.
Der AfD-Abgeordnete Martin Renner sah in den Aufwendungen eine Steuergeldverschwendung – und oftmals auch reine Propaganda für das Regierungsnarrativ.
Die Regierung räumte in der Antwort auf die AfD-Anfrage selbst ein: „Einige finanzielle Aufwendungen [...] können daher nicht gesondert ausgewiesen werden.“ Abfragen seien unvollständig.
Der medienpolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Martin E. Renner, teilte gegenüber NIUS mit: „Statt den Haushalt zu entlasten und den Bürgern Luft zum Atmen zu verschaffen, werden jährlich Millionen Euro Steuergeld zur Selbstbeweihräucherung verwendet. Hochglanzbroschüren, schönfärbende Videos und Jubelveranstaltungen sind dabei weniger ‚Öffentlichkeitsarbeit‘ als vielmehr reine Propaganda.“ Besonders skandalös sei, so Renner, dass immer wieder Journalisten für Regierungsaufträge eingespannt werden. „So wird die notwendige Distanz zwischen Politik und Medien systematisch zersetzt und zerstört. Wer sich als Journalist regelmäßig und für wenig Aufwand fürstlich honorieren lässt, kann nicht mehr glaubhaft kritisch oder unabhängig berichten.“
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