Bundestag soll über ICE-Strecke durch Klingbeil-Wahlkreis entscheiden!

vor etwa 4 Stunden

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Bildquelle: NiUS

Die Strecke Hannover-Hamburg zählt nach Angaben der Deutschen Bahn mit einer Auslastung von 147 Prozent zu den am stärksten überlasteten Strecken Deutschlands. Heißt: Züge, welche zwischen Hamburg und Hannover verkehren, sind besonders oft unpünktlich. Doch die Trasse ist eine zentrale Achse zwischen Nord und Süd. Der Bund prognostiziert steigende Zugzahlen sowohl im Personen- als auch im Güterverkehr.

Jahrelang wurde debattiert: Bestandsstrecke sanieren und ausbauen oder gleich ein Neubau? Jetzt legt sich Verkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) fest und empfiehlt einen Neubau. Damit schießt er nicht nur gegen die SPD-geführte Landesregierung Niedersachsens, sondern auch gegen seinen Kabinettskollegen Lars Klingbeil. Sein Wahlkreis „Rotenburg I – Heidekreis“ wäre unmittelbar betroffen.

Vom 1. Mai bis 10. Juli 2026 wird die Bahnstrecke Hamburg–Hannover gesperrt. Schon jetzt müssen Pendler über Alternativen nachdenken. Fahrgäste müssen für diesen Zeitraum auf Busse ausweichen. Wichtig: Nur Gleise werden getauscht. Für die Sanierung ist mit noch größeren Sperrungen zu rechnen.

Dabei bringt ein Neubau zahlreiche Vorteile: Der bestehende Bahnverkehr wäre weniger beeinträchtigt und die Schnellzüge müssten keinen Bogen über Uelzen und Lüneburg fahren. Mit dem Neubau würde die Fahrzeit zwischen den beiden Städten auf 59 Minuten sinken, rechnet die Bahn. Das wäre etwa eine Viertelstunde weniger als derzeit. Wenn die bestehende Strecke ausgebaut oder modernisiert würde, verbessere sich die Fahrzeit nicht, erklärt ein Bahnsprecher.

Auf Nachfrage des Spiegel äußert sich das Verkehrsministerium eindeutig: Die Bestandsstrecke über Uelzen hat sich „als unterdimensioniert herausgestellt“. Nur eine Neubaustrecke erfülle die Anforderungen des Bundes an ein leistungsfähiges Schienennetz in Norddeutschland. „Nun liegt die Entscheidung zum weiteren Vorgehen in der Hand des Deutschen Bundestags.“ Neben dem Neubau soll auch die Sanierung der Bestandsstrecke durchgeführt werden.

„Die Strecke ist überlastet und wir sind mit der Infrastruktur, so wie sie dort im Moment liegt, nicht in der Lage, auch nur annähernd den Verkehrsprognosen des Bundes in irgendeiner Form gerecht zu werden“, sagte die DB-Konzernbevollmächtigte Ute Plambeck. Die Planungen hätten deutlich ergeben: „Wir brauchen zwei zusätzliche Gleise.“

Mit Protestaktionen haben Bürgerinitiativen immer wieder Stimmung gegen einen Ausbau gemacht

Damit Klingbeils Erststimmenergebnisse nicht gefährdet sind, spricht sich der SPD-Chef immer wieder gegen einen Neubau der Bahnstrecke aus. Mehr Windräder, mehr Solarparks, mehr Bahnstrecken sind das erklärte Ziel der Sozialdemokraten – es sei denn, der Zuglärm könnte die Wähler in Klingbeils Wahlkreis vergraulen.

Sogar Fridays For Future attackierte den heutigen Minister dafür scharf (NIUS berichtete): „Sie positionieren sich gegen den notwendigen Bau der ICE-Neubaustrecke Hannover-Hamburg aber fordern parallel den Ausbau der dortigen A7 auf sechs Spuren“, schimpften die Aktivisten in einem offenen Brief an den SPD-Chef. Die Aktivsten werfen Klingbeil Doppelmoral vor: „Ihre Not-In-My-Backyard Politik zeichnet nach, welche politische Haltung seit so vielen Jahren Fortschritt blockiert: Schöne Reden vom Klimaschutz, aber wenn es konkret wird, duckt man sich. So etwas würden wir von Ihnen nicht erwarten.“

Verhinderte 2023 den Neubau einer Bahnstrecke durch seinen Wahlkreis Rotenburg I – Heidekreis, Lars Klingbeil (SPD).

Klingbeil argumentiert seit etwa zehn Jahren, den Bürgern seines Wahlkreises sei 2015 beim „Dialogforum Schiene Nord“ versprochen worden, die bestehende Bahnstrecke für sechs Monate zu sperren und eine Generalsanierung vorzunehmen – nun einen Neubau zu starten, würde Vertrauen kosten, so der SPD-Chef. Immer wieder sprach sich der Sozialdemokrat kritisch gegen einen Neubau aus:

Im Jahr 2017 schrieb Klingbeil in einer Mail an eine Bürgerintiative: „Ich habe schon jetzt mit mehreren Initiativen den Druck auf das Bundesverkehrsministerium erhöht.“

Lars Klingbeil auf dem SPD-Parteitag 2018

Im Jahr 2020 etwa pfiff Klingbeil einen ersten Schritt vom Verkehrsminister Scheuer zurück: „Ich erwarte daher von Herrn Ferlemann und Herrn Scheuer, dass sie sich klar dafür aussprechen, dass die Ergebnisse des Dialogforums Schiene Nord gelten und auch umgesetzt werden“, schrieb Klingbeil in einem offenen Brief.

Im Jahr 2022 konnte Klingbeil mit der Scholz-Regierung einen Neubau verhindern: „Die klare Aussage ist ein wichtiges Signal für die gesamte Region. Das Versprechen des Ministeriums, das keine Variante geplant werde, mit der die Bevölkerung nicht einverstanden sei, stärkt die Ergebnisse des Dialogforums Schiene Nord. Ich werte diese Aussage auch als Distanzierung des Ministeriums von der Neubaustrecke Hamburg – Hannover“, schrieb der SPD-Mann damals.

Fakt ist: Der Bedarf ist laut Bahn inzwischen so groß, dass sowohl Sanierung als auch Neubau erforderlich sind.

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