
Der CDU-Politiker Roderich Kiesewetter deutet an, dass „eine Gruppierung, die ganz nah an Moskau ist“, eine mögliche Koalition mit der Grünen nach der Bundestagswahl hintertreibt. Das sagte Kiesewetter dem Spiegel.
Wenn es um die Unterstützung der Ukraine im Krieg gegen die russischen Invasoren geht, lehnt sich in der Union kein Politiker so weit aus dem Fenster wie Roderich Kiesewetter. Ein ums andere Mail beschwört er eine Verstärkung der Hilfen, stellte sogar die Deutschen darauf ein, ärmer zu werden und auf einen Urlaub im Jahr verzichten zu müssen (NIUS berichtete).
Im Juni dieses Jahres soll es gar zu einem erbosten Wortgefecht mit Parteichef Friedrich Merz gekommen sein, als der Oberst a.D. mit der Aussage „Der Krieg lässt sich nur mit Schulden gewinnen“ die Schuldenbremse infrage stellte. Eine Aussetzung, „Reform oder „Lockerung“ der Schuldenbremse kommt für die CDU/CSU offiziell weiterhin nicht infrage, deshalb fing sich Kiesewetter geharnischte Reaktionen ein. Auch von den ostdeutschen Parteifreunden, die das Thema Ukraine und Russland im Landtagswahlkampf im Osten, wo große Skepsis hinsichtlich des Bruchs mit Russland herrscht, gar nicht gebrauchen konnten. Ebenso wenig wie starke Sprüche im Stile von „Der Krieg muss nach Russland getragen werden“.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer: Zählt Kiesewetter ihn zur „Moskau-Connection“?
Nun kommt das Thema Russland auch im Wahlkampf auf.Im Interview mit dem Spiegel gefragt, ob ein möglicher Bundeskanzler Merz die Erwartungen in Kiew erfüllen könne, meinte Kiesewetter, das hinge davon ab, mit wem die Union koaliere – und raunte:„In der Union gibt es zwei Denkschulen. Die eine tritt für die Westbindung der Ukraine ein und sieht den Nato-Beitritt als beste Sicherheitsgarantie für die Ukraine. Wir haben aber auch, ähnlich wie in der SPD, eine Gruppierung, die ganz nah an Moskau ist und eine wieder engere Wirtschaftskooperation anstrebt. Merz wird sich Macron und Tusk anschließen, wenn er einen Koalitionspartner hat, der nicht Teil der Moskau-Connection ist. Die Grünen, auch die FDP sind da sehr klar, haben keine Moskau Connection, auch deswegen wird leider eine Koalition mit den Grünen von Teilen der Union so massiv bekämpft.“
Tatsächlich ist der Wehr- und Außenpolitiker Kiesewetter den seit geraumer Zeit ungewohnt bellizistisch auftretenden Grünen wie Annalena Baerbock und Anton Hofreiter in Sachen Ukraine respektive Russland näher als manchem Parteifreund – etwa Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer, dem schon öfter fehlende Distanz zu Kreml-Chef Wladimir Putin vorgeworfen wurde. Und insbesondere in Merkels Kanzlerschaft pflegte die Union zu Putins Russland durchaus gute Beziehungen, nicht nur wirtschaftlich.
Appeasement gegenüber Putins Kriegskurs lässt sich allerdings aus den Statements der CDU/CSU nicht herauslesen. Und für Kiesewetters Behauptung, eine schwarz-grüne Koalition würde von einer „Moskau-Connection“ geradezu „massiv bekämpft“, gibt es keine Belege. Will der Außenpolitiker seine Partei damit auf einen Hardliner-Kurs einschwören, schon aus bloßer Angst, der – im Wahlkampf tödlichen – vermeintlichen Putin-Nähe bezichtigt zu werden, um am Ende Schwarz-Grün zu ermöglichen?
Dass Kiesewetter mit seinem Geraune ein neues Fass aufgemacht hat, dürfte Friedrich Merz nicht gefallen – und wurde von der sicherheitspolitischen Sprecherin der Grünen im Bundestag, Sara Nanni, bei X (Twitter) auch gleich als Steilvorlage genutzt: Sie postete ein Foto von CSU-Chef Markus Söder und Präsident Putin beim Handschlag – „aus Gründen“.
Ist die Grünenpolitikerin von einer Anti-Putin-Koalition so überzeugt wie Kiesewetter?
Roderich Kiesewetter wollte sich auf Anfrage von NIUS nicht äußern.
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