
Im Koalitionsstreit um die Nachbesetzung einer Richterin am Bundesverfassungsgericht hat die SPD jetzt offiziell einen neuen Vorschlag gemacht: Kandidatin nach dem Verzicht von Frauke Brosius-Gersdorf ist jetzt Sigrid Emmenegger, bisher Richterin am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig.
SPD-Fraktionschef Matthias Miersch erklärte, er rechne mit der Wahl der insgesamt drei neuen Richterinnen und Richter für das Bundesverfassungsgericht noch in diesem Monat: „Ich gehe davon aus, dass wir die Richterwahlen im September durchführen werden“, sagte Miersch in Berlin.
Dagegen zeigte sich die Spitze der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zurückhaltender: „Wir werden schnellstmöglich zu einer erneuten Richterwahl hier im Deutschen Bundestag kommen“, sagte Unions-Fraktionschef Jens Spahn. Die Gespräche dazu liefen. Auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann wollte nicht sagen, ob die Wahl noch im September stattfindet. In diesem Monat finden gleich drei Sitzungswochen des Bundestages statt.
In einem Schreiben der parlamentarischen Geschäftsführer von Union und SPD an die Fraktionen schlägt die SPD laut Medienberichten nun Sigrid Emmenegger vor: „Frau Dr. Emmenegger kann auf eine lange und erfolgreiche Praxiserfahrung an verschiedenen Verwaltungsgerichten sowie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Bundesverfassungsgericht zurückblicken.“
Verfassungsrichter müssen mit einer Zweidrittel-Mehrheit vom Parlament gewählt werden. Dies setzt voraus, dass die Koalition auch Gespräche mit den „Grünen“ und der Linkspartei führt.
Neuer Eiertanz
Das dürfte auf einen neuen Eiertanz hinauslaufen: Da die CDU einen Unvereinbarkeitsbeschluss auch bezüglich der Linkspartei hat, müssten Gespräche mit den Kommunisten über die SPD geführt werden müssen. Die pochen aber als Bedingung für eine Zustimmung auf direkte Gespräche auch mit der Union und wollen bei künftigen Besetzungen für das Gericht in Karlsruhe ebenfalls berücksichtigt werden.
Bleibt die Frage: Wie links ist die jetzt vorgeschlagene SPD-Kandidatin? Viel ist aus ihrer Vita bisher nicht bekannt:
Wie links ist die neue SPD-Kandidatin wirklich?
Das weiß bislang niemand so genau – die Recherchen laufen. Sigrid Emmenegger wurde 1976 in Freiburg im Breisgau geboren und ist seit 2021 Richterin am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Sie studierte Rechtswissenschaft und Euroculture an der Freiburger Albert-Ludwigs-Universität. Ihr Studium schloss sie mit einer Dissertation ab.
2007 trat Emmenegger beim Verwaltungsgericht Koblenz als Richterin auf Probe in den Justizdienst des Landes Rheinland-Pfalz ein. Danach war sie an den Verwaltungsgerichten Mainz und Neustadt an der Weinstraße tätig. In dieser Zeit erfolgte auch die Ernennung zur Richterin auf Lebenszeit am Verwaltungsgericht Mainz.
Von Mai 2009 bis Juni 2013 wurde sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin an das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe abgeordnet. Von Juli 2013 bis April 2014 wurde sie an das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz abgeordnet. Danach wurde sie zur Richterin am Oberverwaltungsgericht ernannt und übte dieses Amt bis Juli 2019 aus.
Neben der Tätigkeit als Richterin war Emmenegger wissenschaftliche Mitarbeiterin am Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz und Lehrbeauftragte der Justus-Liebig-Universität Gießen.
2019 wurde Emmenegger zur Vizepräsidentin des Verwaltungsgerichts Koblenz ernannt, bis sie dann an das Bundesverwaltungsgericht wechselte. Dort war bzw. ist sie im Rahmen von Revisionsverfahren u.a. für das Bau- und Bodenrecht, das Recht des Ausbaues von Energieleitungen, das Recht der Anlegung und des Betriebes von Flugplätzen, das Denkmalschutzrecht sowie das Natur- und Landschaftsschutzrecht zuständig.