100 Milliarden Euro „Sondervermögen“ für die Bundeswehr: Das passierte mit dem Geld des ersten Mega-Schulden-Pakets

vor etwa 2 Monaten

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Bildquelle: NiUS

Mit dem Titel „Das Beschaffungsamt liefert!“ verkündete die Bundeswehr im vergangenen Dezember stolz: „Die 100 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen der Bundeswehr sind zum Jahresende 2024 praktisch vollständig in Verträge mit der wehrtechnischen Industrie gebunden.“ Bedeutet das also, dass alles Geld ausgegeben wurde? Nein. Das Verteidigungsministerium teilt gegenüber NIUS mit:

„Aus dem Sondervermögen Bundeswehr wurden bisher Ausgaben in Höhe von etwa 24,2 Mrd. Euro geleistet (Stichtag: 19. Februar 2025). Der Belastungsstand beträgt weit über 80 Mrd. Euro. Der verbliebene Restbetrag ist ebenfalls bereits verplant und soll nunmehr schnellstmöglich umgesetzt, d.h. durch das Parlament bestätigt und mittels Verträgen gebunden werden.“

Bedeutet: Man hat erst 24 Milliarden Euro ausgegeben, sich für 80 Milliarden Euro vertraglich verpflichtet und den Rest zumindest irgendwo eingeplant.

Darüber möchten die beteiligten Behörden gemäß einer MDR-Recherche nicht so gerne sprechen. Auf Anfrage des TV-Senders wollten sich weder die Bundeswehr noch drei Landeskommandos äußern. Man verwies geschlossen an das Bundesverteidigungsministerium (BMVG).

Annette Lehnigk-Emden, Präsidentin des Beschaffungsamtes der Bundeswehr, feierte sich für die erfolgreiche Verplanung des Sondervermögens.

NIUS fragte beim BMVG nach: Gibt es eine finale Liste der Ausgaben, aus der hervorgeht, wo die 100 Milliarden Euro investiert wurden? Ein Sprecher verweist nur auf die Planungen im Bundeshaushalt. Doch dort sind viele Positionen ungenau formuliert und weisen etwa nur „Munition“ als Posten aus. Erschwerend kommt laut MDR-Recherchen hinzu, dass Rüstungsprojekte oft anteilig aus Sondervermögen und regulärem Wehretat bezahlt werden und oft eine Laufzeit über mehrere Jahre besitzen.

Zahlreiche Investitionen konnten die Journalisten des MDR über öffentliche Mitteilungen des BMVG zuordnen. Denn alle Beschaffungsaufträge, die ein Volumen von 25 Millionen Euro überschreiten, müssen vom Haushaltsausschuss des Bundestages gebilligt werden. Die Liste der bekannten Ausgaben in absteigender Reihenfolge:

Der US-Transporthubschrauber Chinook

Rund ein Jahr nach der Bestellung konnte die Bundeswehr den ersten Airbus H145M entgegennehmen.

Bei Rheinmetall in Unterlüß in der Lüneburger Heide werden Munition und Militärfahrzeuge hergestellt. Auch der „Puma“ entsteht hier.

Der Hägglund erfüllt die NATO-Standards für Geländegängigkeit

Die Soveron-Serie von Rohde & Schwarz wurde im großen Stil als Führungsfunkgerät bestellt. Foto: Hersteller

Der MDR berichtet noch von weiteren Beschaffungen über 100 Millionen Euro:

Die Boeing P-8A Poseidon kann ebenfalls Torpedos des Typs Mk 54 abwerfen

Was wurde darüber hinaus aus dem Sondervermögen bereits an die Truppe übergeben? Auf NIUS-Nachfrage verweist das BMVG auf seine Berichte auf der Webseite. „Aus Gründen der militärischen Sicherheit, können darüber hinausgehende Informationen nicht kommuniziert werden“, teilt ein Sprecher mit.

Dass 100 Milliarden Euro nicht automatisch zu sinnvollen und transparenten Investitionen führen, hat der Bundesrechnungshof schon im Herbst 2022 festgestellt. Die Prüfer kritisierten die Planungen der Bundeswehr für das sogenannte „Sondervermögen“ scharf. In einem Bericht hieß es damals, die von Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) getätigten Planungen wiesen „erhebliche Mängel“. Man hätte sie „grundlegend“ überarbeiten müssen.

Ex-Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) bekam für ihre Milliarden-Planung eine Schelte vom Bundesrechnungshof.

Damals kommentierte der Spiegel: „Zwar ist der Rechnungshof für kritische Berichte über das von Pannen geplagte Wehrressort bekannt. Eine solch harsche Breitseite aber ist schon bemerkenswert.“

„Das Sondervermögen wird – Stand jetzt – bis Ende des Jahres komplett gebunden sein“, sagte der Verteidigungsminister Pistorius bereits im Dezember nach einem Truppenbesuch in Saarlouis. „Und wir werden dann weitersehen, woher weiteres Geld kommt.“ Dem SPD-Mann spielen die aktuellen Schuldenpläne von Schwarz-Rot also in die Karten.

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD)

Noch im Juli 2024 hatte sich Pistorius verärgert über den Verteidigungshaushalt für das Jahr 2025 geäußert. „Ja, ich habe deutlich weniger bekommen, als ich angemeldet habe. Das ist ärgerlich für mich, weil ich bestimmte Dinge dann nicht in der Geschwindigkeit anstoßen kann, wie es Zeitenwende und Bedrohungslage erforderlich machen“, sagte er. Im September beschloss dann der Bundestag, dass der Wehretat von 51,95 Milliarden Euro (2024) auf 53,25 Milliarden Euro steigen soll. Dass ihm möglicherweise nun die zehnfache Summe zur Verfügung stehen wird, klingt für den Noch-Minister gewiss märchenhaft.

Bereits im Juli 2023 ließ Pistorius die Pride Flag vor seinem Ministerium hissen. Werden Gelder auch in „Vielfalt“-Projekte investiert?

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Während der Corona-Krise wich die Bundesregierung schon einmal von der Schuldenbremse ab und nahm sogenannte „Corona-Notlagekredite“. Mit einem Nachtragshaushalt ermöglichte man im März 2020 Schulden von bis zu 156 Milliarden Euro. Tatsächlich nahm die Regierung im Jahr 2020 Kredite in Höhe von 130,5 Milliarden Euro auf. Übrig gebliebene „Kreditermächtigungen“ aus der Corona-Zeit wollte die Ampel in einen Klima-Fonds schieben. Das Vorhaben wurde im Jahr 2023 vom Bundesverfassungsgericht gestoppt.

Diese Kredite müssen ab 2028 getilgt werden. Hinzu kommt die Tilgung des 100-Milliarden-Sondervermögens der Bundeswehr. Die Banken wollen ab 2031 ihr dafür Geld sehen.

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