
Die Saarländer sind die Iren Deutschlands: Pro Kopf trinken sie mehr Bier als die anderen und sind sogar katholischer als die Bayern. Auch wandern ihre jungen Menschen aus, um anderswo mehr und sichereres Geld zu verdienen. Zumindest war das früher so. In Irland. Im Saarland ist es immer noch so. Kaum ein bundesweiter Wirtschaftsvergleich, in dem es nicht den letzten oder vorletzten Platz belegt – zumindest unter den westdeutschen Bundesländern.
Friedrich Merz (CDU) hat nun das Saarland besucht. Es ist das dritte von 16 Bundesländern, denen er seinen Antrittsbesuch als Kanzler abstattet. Das mag ein protokollarischer Zufall sein – aber es zeigt auch eine gewisse Symbolik auf. Denn an kaum einem Ort in Deutschland zeigen sich auf derart engem Raum so arg die Folgen der grünen Wirtschaftspolitik auf, die Merz’ Vorgänger Angela Merkel (CDU) und Olaf Scholz (SPD) betrieben haben. Unter Oskar Lafontaine (damals SPD) als Ministerpräsident hat das Saarland in den 80er Jahren den Strukturwandel verpasst. Autobau und Stahlindustrie sind seine letzten, schwachen Säulen – und die brechen als Folge der “Transformation” gerade weg.
Mit Rehlinger trifft Merz auf eine Sozialdemokratin von der Schule, mit der er in Berlin zusammenarbeiten könnte. Ohne Richterwahlen verschieben zu müssen oder in der Kanzlerwahl durchzufallen. Zwar steht Rehlinger auch für mehr Bürokratie, höhere Steuern und mehr Planwirtschaft – also kurz für mehr Staat. Aber die Juristin und Verwaltungswissenschaftlerin ist bodenständig genug, zu wissen, dass Wohlstand erst erwirtschaftet werden muss, bevor er verteilt werden kann. Nicht mehr selbstverständlich in der SPD.
Die Saarländer haben Rehlinger 2022 als amtierende Wirtschaftsministerin zur Ministerpräsidentin gewählt. Während Hans versuchte, durch ein absurd hartes Corona-Regime und durch peinliche PR-Auftritte an Tankstellen zu punkten, arbeitete Rehlinger hart, versuchte die saarländische Wirtschaft nach vorne zu bringen. Damit scheiterte sie. Aber das Arbeiten an sich genügte den Saarländern. Nicht nur wegen des schwachen Mitbewerbers Hans.
Sondern, weil in der saarländischen Politik nicht viel anderes möglich ist. Wer die Anträge im Landtag zusammenfassen will, kann sich im Wesentlichen auf drei Rubriken beschränken: Beschlüsse, das Saarland wolle irgendwas tun, nur müsse der Bund das Geld dazu bereitstellen. Appelle, der Bund müsse dem westlichsten Bundesland generell mehr Geld überlassen. Und Initiativen für den Bundesrat. Für mehr Subventionen für E-Autos. Für mehr Subventionen an die Games-Branche. Oder für die Pflicht zu einer Haftpflichtversicherung für Elementarschäden. Wenn die Saarländer selbst schon nichts tun können, wollen sie wenigstens den anderen sagen, was die zu tun haben. Auch so eine irische Eigenheit.
Deutscher Stahl ist zu teuer. Hohe Energiepreise und Lohnnebenkosten sorgen dafür. Statt Kosten zu senken, sattelt die schwarz-rote Bundesregierung obendrauf. Etwa mit einer höheren CO2-Bepreisung. Die Bürokratie nimmt jedem unternehmerischen Handeln hierzulande die Luft. Von den Schulen kommen immer mehr Absolventen, die für den Arbeitsmarkt nicht taugen, weil es zum einen an Rechnen, Lesen und Schreiben hapert – und zum anderen an mentaler Belastbarkeit. Die deutschen Wasserstoff-Pläne sind utopisch.
Rehlinger ist bei weitem nicht die Einzige in Deutschland, die durch Symbolpolitik versucht, konkrete Politik zu ersetzen. Einen Stahl-Gipfel veranstalten, täuscht dem Bürger vor, dass was passiert. Zumal die Tagesschau Kameraleute und Journalisten schickt, die nicht hinterfragen, was wirklich dabei rauskommt. Solche Bilder reichen nachweislich, um von der saarländischen Wirtschaftsministerin zur Ministerpräsidentin aufzusteigen – nur lösen sie halt kein einziges der Probleme. Wenn der Gipfel vorbei ist, sind die Probleme noch da und landen in Arbeitskreisen, die dann Runder Tisch, Taskforce, Kommission oder wie auch immer heißen.
Genau so arbeitet die schwarz-rote Regierung. Das Aufweichen der Schuldenbremse hat CDU, CSU und SPD in den Umfragen erst einmal beliebter gemacht. Inhaltlich gab es zwar viel – und berechtigte – Kritik daran, die Lasten auf die kommenden Generationen abzuschieben. Aber in dem Moment war die neue Regierung auf einer höheren Ebene etwas, worauf viele Bürger warten: Jemand, der an Gordischen Knoten nicht rumnestelt, sondern sie zerschlägt.
Deutschland braucht Steuersenkungen statt höhere CO2-Preise. Doch das ist mit der SPD nicht zu machen. Deutschland braucht einen Staat, der Unternehmer nicht grundsätzlich unter Tatverdacht stellt und diese härter verfolgt, als er es bei tatsächlichen Verbrechern tut. Doch das ist mit der SPD nicht zu machen. Deutschland braucht ein Schulsystem, das arbeitsfähige Absolventen hervorbringt. Das Finn-Thorbens und Soja-Sörens Schutzräume für weniger wichtig erachtet als richtige Mathe-Aufgaben. Das Unterricht durchzieht, statt ihn zur Mobilisierung für linke Demonstrationen zu missbrauchen. Und das zugibt, dass eine Klasse nicht funktionieren kann, wenn ein Teil der Schüler nicht mal die Sprache versteht, in der sie unterrichtet wird. Doch das ist mit der SPD nicht zu machen.
Die Reformen sind notwendig. Diese Erkenntnis ist nicht neu. Aber der Handlungsdruck wächst. CDU, CSU und SPD können neue Ministerien schaffen. Neue Stellen in der Verwaltung. Neue Spielräume für Schulden. Diese Regierung funktioniert dann, wenn es darum geht, Geld im Staatsapparat locker zu machen, das dann in den eigenen Apparat und den der Vorfeld-Organisationen fließt. Für die Lösung der Probleme haben Merz und Rehlinger nichts zu bieten, außer PR-Termine, auf denen darüber geredet wird, wo als nächstes über die Probleme geredet wird.