
Immer mehr Juristen und Politiker kritisieren scharf die grünen Umsetzungspläne des „Digital Services Act“, die das Ziel haben, Meinungen im Netz strenger zu kontrollieren. Jetzt kommt ans Licht: Dafür wurde extra ein Beirat aus Staatsanwaltschaft und linksgrünen NGOs geschaffen – der über die Meinungsbeiträge der Deutschen entscheidet.
Bundesnetzagentur-Chef Klaus Müller (Grüne) wurde zum sogenannten „Digital Services Coordinator“ (kurz: DSC) ernannt. Er ist damit der neue Sheriff über die Meinungsbeiträge im Netz. Denn: Müller setzt den Digital Services Act der EU in seiner Behörde um. Viele Juristen sehen bereits diese Beauftragung problematisch.
Der Vizepräsident des Bundestages, Wolfgang Kubicki (FDP), kritisierte, die europäischen Vorgaben seien bereits problematisch. Doch die Bundesnetzagentur gehe „deutlich darüber hinaus und schafft eine grüne Zensuranstalt, die den Meinungskorridor einseitig einschränkt.“ Weiter sagte er zur Bild-Zeitung: „Ich halte die Beauftragung eines privaten Dritten, der über ein zentrales Element unserer freiheitlichen Demokratie richten soll, für unerträglich.“
Nun stellt sich heraus: Es gibt einen „Beirat“, der den Digital Services Coordinator bei seinen Aufgaben „als unabhängiges Expertengremium“ unterstützt. Dessen Mitglieder sind jedoch offenbar nicht so unabhängig, wie es behauptet wird – sondern scheinen unter anderem eine Nähe zur Politik zu haben. Doch genau sie entscheiden nun mit dem Grünen Klaus Müller, was noch alles im Netz geäußert werden darf – und was nicht …
Die Mitglieder des Beirats wurden vom Deutschen Bundestag vorgeschlagen und vom Grünen-Wirtschaftsministerium im Einvernehmen mit dem Digitalministerium berufen. Bedeutet: Jede Fraktion hat Personen vorgeschlagen. Die Ampel konnte zehn Personen vorschlagen, die Unions-Fraktion vier.
Das ist Beirat des Digital Services Coordinators (DSC) der Bundesnetzagentur.
Soweit so gut. Doch die ausgesuchten Mitglieder werfen Fragen auf. So unabhängig scheinen einige gar nicht zu sein. NIUS nennt Beispiele.
So ist der Beirat per Gesetz von der Bundesregierung geregelt worden.
Zum Beispiel stellt sich die brisante Frage: Wieso ein Oberstaatsanwalt ein unabhängiger Berater wäre, wenn es um gemeldete Meinungsbeiträge geht, die in der Folge auf den Schreibtischen von Staatsanwaltschaften landen können?
Konkret sitzt im Gremium: Markus Hartmann. Er arbeitet bei der Generalstaatsanwaltschaft Köln. In Nordrhein-Westfalen sind Staatsanwälte zwar seit 2001 keine politischen Beamten mehr, aber sie unterstehen der Dienst- und Fachaufsicht des NRW-Justizministeriums und sind insoweit weisungsgebunden. Aktuell ist der dortige Justizchef der Grünen-Politiker Benjamin Limbach.
Staatsanwaltschaften sind weisungsgebundene Behörden, die für die Strafverfolgung und -vollstreckung zuständig sind. Deshalb wird sie auch Anklagebehörde genannt. Dass diese nun die Bundesregierung bei der verschärften Kontrolle im Netz beraten, scheint demokratietheoretisch absurd. In Deutschland ist die Staatsanwaltschaft ein Organ der Exekutive (Regierung mit vollziehender Gewalt).
Oktober 2024: Oberstaatsanwalt Markus Hartmann (r.). Zur seiner rechten sitzt NRWJustizminister Benjamin Limbach (Grüne).
In NRW ist Hartmann Leitender Oberstaatsanwalt – er steht also an einer Spitze bei der Generalstaatsanwaltschaft Köln. Auch ist er im selben Bundesland Leiter der „Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime“. Darüber hinaus war er Mitglied der Regierungskommission „Mehr Sicherheit für Nordrhein-Westfalen“ – einer durch den NRW-Ministerpräsidenten berufenen Expertenkommission.
Auch ein weiterer Aspekt lässt irritieren: Die Meldestelle des Bundeskriminalamtes heißt „Zentrale Meldestelle für strafbare Inhalte im Internet im BKA (ZMI)“. Laut dem BKA sei die Meldestelle auch für die „Entgegennahme von Bearbeitung der von Kooperationspartnern gemeldeten Sachverhalte“ zuständig. Falls der Inhalt NICHT eindeutig strafbar ist, wird er nach Köln geschickt zur strafrechtlichen „Bewertung in Abstimmung mit der Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime der Staatsanwaltschaft Köln (ZAC NRW)“. Also dorthin, wo Hartmann der Leiter ist.
Auch sitzt im Gremium mit fragwürdigen Beigeschmack: Josephine Ballon von der „HateAid gGmbH“. Vorgeschlagen als Mitglied wurde Ballon von der Grünen-Fraktion.
Auffällig ist: Es handelt sich dabei um eine bekannte Nichtregierungsorganisation, die den Grünen nahesteht. So hat sich HateAid dem Kampf gegen „Hass im Netz“ verschrieben und unterstützt immer wieder auch Politiker aus dem linken Spektrum, um juristisch gegen ganz bestimmte Aussagen vorzugehen.
Die mit Millionen Euro staatsgeförderte linke NGO „HateAid“ berät nun über mehr Kontrolle im Netz.
Brisant: Gut 4,7 Millionen Euro Steuergeld hat die gemeinnützige GmbH HateAid seit ihrer Gründung im Jahr 2018 erhalten. Unter der Ampel ist die Fördersumme in diesem Jahr auf fast 1,3 Millionen Euro angestiegen. Das Grünen-Familienministerium von Lisa Paus (Grünen) fördert HateAid im Rahmen des Programms „Demokratie Leben“ seit 2022 mit 2 Millionen Euro – das geförderte Themenfeld: „Hass im Netz.“
Das bedeutet, dass nun eine Grünen-nahe NGO, die von der Regierung Fördergelder in Millionenhöhe erhält sowie selbst eine „Meldestelle“ betreibt, bei der Umsetzung des Digital Services Acts berät. Unabhängigkeit? Sehr schwer vorstellbar!
Familienministerin Lisa Paus (Grüne)
Auffällig: Erst im Februar stellte Ministerin Paus mit HateAid-Mitbegründerin Anna-Lena von Hodenberg die Studie „Hass im Netz gefährdet Demokratie“ vor. Paus erklärte: „Wir wollen dem Umstand Rechnung tragen, dass Hass im Netz auch unterhalb der Strafbarkeitsgrenze vorkommt.“
Unterhalb der Strafbarkeitsgrenze? Das klang für viele Verfassungsrechtler und zahlreiche Medien alarmierend – viele kritisierten dies scharf. Schaut man zurück auf die Verkündung, scheint es so, als hätte Paus bereits im Februar solch eine Art Meinungs-Kontrolle im Netz angekündigt, wie sie jetzt drohen könnte …
HateAid-Mitbegründerin Anna-Lena (l.) neben Bundesministerin Lisa Paus (Grüne).
Nicht zu vergessen: Auch Verfassungsschutzchef Thomas Haldenwang (CDU) hatte gesagt: „Jedoch auch unterhalb der strafrechtlichen Grenzen und unbeschadet ihrer Legalität können Meinungsäußerungen verfassungsschutzrechtlich von Belang sein.“
Teresa Widlok von dem Verein „LOAD e.V.“ sitzt ebenfalls im Beirat. Die Organisation setzt sich nach eigenen Angaben für eine liberale Netzpolitik ein. Die Vereins-Vorsitzende war von 2021 bis 2024 noch die Politikerin Ann Cathrin Riedel, die im Jahr 2015 der FDP beitrat.
Praktisch: Heute ist Riedel Digitalrätin des Bundesdigitalministeriums – und zwar zur Umsetzung der Digitalstrategie des Bundes. Jetzt ist genau dieser von ihr jahrelang geprägte Verein „LOAD“ im DSC-Gremium vertreten. Das FDP-Digitalministerium wiederum hat die Fachaufsicht über die Umsetzung des Digital Services Acts.
Auf der LOAD-Website wird Riedel als Verantwortliche „im Sinne des Presserechts“ angegeben, kurz ViSdP.
In einem Video vom Oktober 2021 ist Ann Cathrin Riedel zusammen mit Grünen-Politikerin Caroline Krohn, in dem beide ihre Freude „auf die Sondierungen und Koalitionsverhandlungen“ der Ampel erklären – im Hinblick auf Digitalpolitik. Heute trifft Riedel sich in ihren Positionen mit Vertretern des Kanzleramts wie Frederik Blachetta.
Ann Cathrin Riedel und Grünen-Politikerin Caroline Krohn freuten sich 2021 über die damals neue Ampel-Regierung.
Auf X repostete Riedel erst vergangenen Mittwoch den Beitrag der Grünen-Politikerin Alexandra Geese, in dem es über die legitime Kritik an Trusted Flagger hieß: „Wer die Durchsetzung deutschen Rechts im Internet als Zensuranstalt bezeichnet, stellt Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Frage.“
Absurd: Wer Kritik an der umstrittenen Umsetzung von „Trusted Flaggers“ übt, stellt für einige Grüne die Demokratie infrage. Dabei gehört Kritik zur Meinungsfreiheit.
Die heutige Vorsitzende Teresa Widlok wurde auf Vorschlag der FDP-Fraktion als Mitglied des DSC-Beirates gewählt. Auch die Bochumerin ist Mitglied der FDP.
Auf der Plattform X hat die Juristin Widlok einen Beitrag geteilt, der einen X-Post von Wolfgang Kubicki über die Umsetzung des Digital Services Act durch die Bundesnetzagentur kritisiert. FDP-Vizechef Kubicki sagte darin, er halte die Beauftragung eines privaten Dritten „der über ein zentrales Element unserer freiheitlichen Demokratie richten soll, für unerträglich.“
Offensichtlich hat diese FDP-nahe Organisation – die jetzt im DSC-Beirat sitzt – mehr Einigkeit mit den Grünen als mit wichtigen Vertretern der eigenen Parteien ...
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