„Das verstehen wir unter Demokratie“: Wolfgang Bosbach kritisiert Fraktionsspitze und Empörung nach Wahl-Eklat

vor 10 Tagen

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Der ehemalige stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Bosbach hat nach der geplatzten Wahl der SPD-Kandidatin für das Bundesverfassungsgericht, Frauke Brosius-Gersdorf, die Fraktionsführung der Union bei einem Auftritt im Podcast des Journalisten Paul Ronzheimer scharf kritisiert – dabei bemängelte er vor allem eine fehlende Diskussion mit den Abgeordneten, bevor man sich mit der SPD auf Brosius-Gersdorf als Kandidatin geeinigt hatte. Auch befürchtet er, dass nun Druck auf die einfachen Abgeordneten ausgeübt werden könnte.

„Ich kann ja sogar verstehen, dass die Fraktionsführung allergrößten Wert auf Geschlossenheit legt, auf Verlässlichkeit legt (…) Aber das sind Fragen von ganz grundsätzlicher Bedeutung. Und das ist auch der Punkt: Da kippt bei mir die Stimmung“, sagte Bosbach im Podcast. Bislang seien bioethische Fragen nie entlang streng der Fraktionsgrenzen diskutiert worden. „Und ausgerechnet bei einer Personalentscheidung soll das jetzt nicht mehr möglich sein? Das verstehe ich nicht“, meinte der ehemalige Bundestagsabgeordnete.

Doch Erfolgschancen für eine solche Taktik sieht er nicht und zieht dabei auch einen Kontrast zu den Merkel-Jahren, in denen Bosbach selbst als innerparteilicher Gegner der Bundeskanzlerin galt: „Ich weiß nur, dass eine Methode nicht mehr funktioniert: nämlich Druck und Drohen“ – stattdessen müsse man „mit guten Sachargumenten“ kommen.

Gleichzeitig nahm Bosbach die einfachen Abgeordneten der Union in Schutz – sie wurden zuletzt insbesondere von den Grünen für ihre Entscheidung gegen Brosius-Gersdorf kritisiert. Grünen-Chef Felix Banaszak warf der Union etwa vor, die politische Mitte zu verlassen – Renate Künast befürchtete sogar eine Abschaffung von Demokratie und Rechtsstaat (mehr dazu hier).

Solchen Vorwürfen entgegnete Bosbach gegenüber Ronzheimer: „Das ist weder ein nationaler Notstand noch eine nationale Tragödie, wenn Abgeordnete des Deutschen Bundestages, die nur ihrem Gewissen verpflichtet sind, aufstehen und sagen: ‚Sorry liebe Führung, aber wir sehen das anders als ihr da oben.‘ Natürlich freut sich die Führung da nicht, (…) aber das verstehen wir unter Demokratie.“

Überhaupt hätten überraschend viele Unionsabgeordnete sich für Brosius-Gersdorf ausgesprochen: „Ich war auch überrascht, wie viele für Frau Brosius-Gersdorf votiert haben. Da hätte ich bis vorgestern noch gesagt, die werden da ganz bestimmt nicht, wegen des Themas (…) zustimmen.“

Mit seiner offenen Verteidigung der Unionsabgeordneten trifft Bosbach auch den Ton von Ex-Kanzlerkandidat Armin Laschet. Auch der heutige Ausschussvorsitzende im Bundestag hatte sich auf X ähnlich zur gescheiterten Wahl geäußert (Apollo News berichtete). „Wenn jemand in höchste Ämter nicht gewählt wird, ist das Demokratie und keine Demokratiekrise“, mahnte Laschet.

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