Der Blick der Wirtschaft: Wie fehlende Chancengerechtigkeit und Verteilungswahn unser Land ausbremsen

vor 7 Monaten

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Die politische und wirtschaftliche Debatte in Deutschland dreht sich zunehmend um die Frage, wie die Soziale Marktwirtschaft wieder zu einem Erfolgsmodell werden kann. In seiner aktuellen Kolumne beschäftigt sich Wolfgang Steiger, Generalsekretär des Wirtschaftsrates, mit den zentralen Herausforderungen, die Deutschland aktuell als Wirtschaftsstandort gefährden. Steiger fordert in klaren Worten einen „Neustart“, der weit über kosmetische Änderungen hinausgeht: „Wer das Erfolgsmodell der Sozialen Marktwirtschaft revitalisieren will, der muss Fehlentwicklungen in der Energie- und Wirtschaftspolitik korrigieren“, so Steiger.

Im Fokus steht dabei die Schaffung neuer Rahmenbedingungen, die unternehmerische Freiheiten wiederherstellen sollen. Doch Steiger betont, dass dies allein nicht ausreiche. Ebenso wichtig sei die Förderung von Chancengerechtigkeit, die er als „entscheidende Scharnierfunktion“ in der Wirtschaftsordnung bezeichnet. Diese Gerechtigkeit, so argumentiert er, sei der Schlüssel zu einer offenen Wirtschaft, in der Eigenverantwortung und Wettbewerb gedeihen könnten.

Eine Entwicklung, die Steiger mit großer Sorge beobachtet, ist die zunehmende Fokussierung auf Verteilungsfragen. Dies habe nicht nur den gesellschaftlichen Diskurs vergiftet, sondern auch konkrete wirtschaftliche Folgen: „Eine Mehrheit der Bevölkerung ist laut Umfragen heute der Meinung, dass sich arbeiten in Deutschland nicht mehr lohnt“, warnt er. Als Beleg führt er den steigenden Umfang der Schattenwirtschaft an, der mittlerweile 481 Milliarden Euro erreicht habe, sowie die alarmierende Zahl an Schulabbrechern.

In einem scharfen Seitenhieb auf linke Wirtschaftsideen kritisiert Steiger die Forderungen nach Umverteilung und den Traum einer Gesellschaft, in der alle Menschen gleich viel besitzen. Besonders nimmt er dabei Bezug auf den Einfluss von Thomas Pikettys Werk „Das Kapital im 21. Jahrhundert“, das Steiger zufolge fälschlicherweise die Schuld am wachsenden Wohlstandsgefälle allein beim Kapitalismus sucht. Pikettys These sei längst widerlegt, argumentiert Steiger und verweist auf zahlreiche Studien, die methodische Fehler in Pikettys Analysen nachgewiesen haben.

„Von seiner behaupteten Zunahme der Spitzeneinkommen um mehr als das Doppelte blieben kaum noch mickrige drei Prozent Zuwachs übrig. Doch der viel größere Denkfehler steckt in der Annahme, mit sozialpolitischem Interventionismus materielle Gleichheit und Massenwohlstand verbinden zu können. Der Vermögenszuwachs einer Gesellschaft beruht nicht auf Umverteilung oder darauf, dass irgendjemandem etwas weggenommen wird. Er beruht auf Wertschöpfung und Risikobereitschaft. Es gibt sogar einen Kausalzusammenhang zwischen wachsender Ungleichheit und ansteigendem Massenwohlstand“, so Steiger.

Piketty bei einer Signierstunde seines Werks „Das Kapital im 21. Jahrhundert“ – laut Steiger sei das Werk widerlegt.

Besonders scharf geht Steiger mit der Vorstellung ins Gericht, dass durch staatlichen Interventionismus sowohl Gleichheit als auch Massenwohlstand geschaffen werden könnten. „Der Vermögenszuwachs einer Gesellschaft beruht nicht auf Umverteilung“, betont er, „sondern auf Wertschöpfung und Risikobereitschaft.“ In diesem Zusammenhang zitiert er den Philosophen und Ökonomen Martin Rhonheimer, der hervorhebt: „Wer seinen Reichtum durch produktives Wirtschaften vermehrt […] tut nichts Ungerechtes, sondern etwas für die Allgemeinheit außerordentlich Nützliches.“

Steiger sieht in der wachsenden Ungleichheit kein Problem, solange diese durch wirtschaftliche Leistungen zustande kommt: „Wer monoton die angebliche Ungerechtigkeit der Ungleichheit in den Fokus stellt, dem ist Gleichheit offenbar wichtiger als die Schaffung von effektivem Wohlstand. Mit Sozialer Marktwirtschaft hat all dies rein gar nichts zu tun. Die Vision von Ludwig Erhard war nicht so zu verstehen, dass der Staat durch geschickte Umverteilung ,Wohlstand für alle' organisieren könnte. Erhard orientiert sich stattdessen am Freiheitsideal und lässt den Menschen Raum zur Selbstverwirklichung, fordert aber auch Eigenverantwortung und die Bereitschaft, sich bietende Chancen zu ergreifen.“ Erhards Credo war: „Ich will mich aus eigener Kraft bewähren; ich will das Risiko des Lebens selbst tragen, will für mein Schicksal selbst verantwortlich sein. Sorge du, Staat, dafür, dass ich dazu in der Lage bin.“

Der Vater der Sozialen Marktwirtschaft: Ludwig Erhard

Ein zentraler Aspekt von Steigers Forderung nach Chancengerechtigkeit ist der Zugang zu Bildung. Die zuletzt veröffentlichten Pisa-Ergebnisse, die Deutschland im internationalen Vergleich zurückfallen lassen, sind für ihn ein klares Zeichen, dass hier dringender Handlungsbedarf besteht. „Wir können uns die katastrophalen Entwicklungen nicht länger leisten“, mahnt Steiger. Fehlende Bildung und Lernverluste zerstören die Chancen Einzelner und senken gleichzeitig das künftige Wirtschaftswachstum.

Steiger sieht es als Aufgabe des Staates an, jungen Menschen, die ihre Träume verwirklichen wollen, keine unnötigen Hürden in den Weg zu stellen. Ganz gleich, ob als Handwerker oder Akademiker – es gehe darum, aufstiegsorientierte Menschen zu fördern und ihnen eine echte Perspektive zu bieten. Ein Problem, das Steiger in diesem Zusammenhang hervorhebt, sind die „absurden Schneisen“ in den Einkommensbereichen, bei denen mehr Brutto kaum mehr Netto bedeute. Dies stehe im Widerspruch zu den Prinzipien der Leistungsgerechtigkeit.

Zum Abschluss seiner Kolumne appelliert Steiger, dass die Soziale Marktwirtschaft nur dann wieder erfolgreich sein könne, wenn das „Aufstiegsversprechen“ und der „Aufstiegswille“ in den Mittelpunkt rücken. „Das Aufstiegsversprechen ist der Treibstoff, der unser Land am Laufen hält“, betont er. Ohne dieses Versprechen könne die Soziale Marktwirtschaft ihr Ziel, „Wohlstand für alle“, nicht erfüllen.

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