
Die Gedanken sind frei: So heißt ein deutsches Volkslied. Es hat einen traurigen Inhalt. Die Gedanken, singt man, sind selbst „im finsteren Kerker“ frei, bei maximaler Unfreiheit. Auch heute kann der Unterschied zwischen Gedankenfreiheit und Meinungsfreiheit enorm sein. Denken darf man alles, sagen nur so manches.
Diesen bitteren Eindruck haben nun die Bundesinnenministerin Nancy Faeser und ein fränkischer Richter bestätigt. Wer sich lustig macht über Minister, muss mit einer Haftstrafe rechnen. Das ist die Lage im Jahr 2025: Politiker verhalten sich wie Majestäten, Gerichte wie Regierungsbeauftragte, das freie Wort sitzt auf der Anklagebank. Deutschland, ich erkenne dich kaum wieder.
Die ganze Folge „Kissler Kompakt“ sehen Sie hier:
Martin Waschner ist Richter am Amtsgericht Bamberg. Er hat jetzt ein Urteil gefällt, das der Rechtsprechung kein gutes Zeugnis ausstellt. Waschner verurteilte den Chefredakteur des „Deutschland-Kuriers“ zu sieben Monaten Haft, ausgesetzt auf Bewährung.
Sieben Monate Haft: Es muss sich um ein besonders strafwürdiges Vergehen handeln. Sieben Monate Haft gab es zuvor beispielsweise für einen tätlichen Angriff auf einen Feuerwehrmann. Oder für Fußballspieler, die einen Schiedsrichter verprügelten. Oder für eine Attacke auf einen Hausmeister, der danach mehrere Knochen im Gesicht gebrochen hatte.
Davis Bendels brach keine Knochen. Er ließ nicht die Fäuste sprechen. Der Chefredakteur des „Deutschland-Kuriers“ hat ein satirisch verfremdetes Foto mit Innenministerin Faeser veröffentlicht. Zu sehen ist die Sozialdemokratin, wie sie ein Schild hochhält mit der Aufschrift „Ich hasse die Meinungsfreiheit“. Natürlich hat Faeser das nie getan. Man muss viel Pech beim Denken haben oder Böses im Schilde führen, um die satirische Überzeichnung nicht zu erkennen.
Alles an diesem Fall und diesem Urteil spricht einer funktionierenden Demokratie Hohn. Da gibt es erstens eine Polizei, die die Bundesinnenministerin von der satirischen Montage in Kenntnis setzt. Da gibt es zweitens eine Innenministerin, die daraufhin einen Strafantrag stellt. Nancy Faeser möchte also, dass gerichtlich gegen Bendels vorgegangen wird. Sie will einen Journalisten bestraft sehen – für zugespitzte Kritik an ihrer Person.
Und dann gibt es drittens einen Richter, der sich die beleidigten Gefühle von Nancy Faeser zu eigen macht. Die Ministerin sei verleumdet worden. Es liege ein Verstoß vor gegen Paragraf 188 Strafgesetzbuch, Absatz 2. Dort heißt es, Verleumdung werde mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft – und zwar dann, wenn die Tat das „öffentliche Wirken“ eines Politikers „erheblich“ erschweren kann.
Welch Aberwitz: Ein Meme erschwert den öffentlichen Einsatz Faesers für Meinungsfreiheit derart erheblich, dass die kritische Meinung untersagt werden soll. Willkommen in Absurdistan!
Paragraf 188 erklärt Politiker zur besonders schützenswerten Spezies. In einem freiheitlichen Rechtsstaat sollte es keine Sonderrechte für Politiker geben. Paragraf 188 gehört abgeschafft. Und das Bamberger Skandalurteil darf in der nächsten Instanz keinen Bestand haben. Wem die Meinungsfreiheit am Herzen liegt, der kann in diesen Tagen nur sagen: Je suis Bendels.
Der amerikanische Vizepräsident JD Vance hätte mit dieser Losung kein Problem. Vance diagnostizierte auf der Münchner Sicherheitskonferenz zu Recht: Mit der Meinungsfreiheit in Europa geht es bergab.
„In Großbritannien und ganz Europa, fürchte ich, ist die Meinungsfreiheit auf dem Rückzug.“ So ist es, Mr. Vance. Faeser und Waschner liefern einen weiteren Beweis. Auch eine andere Mahnung von JD Vance wurde von der Realität bestätigt.
„Wir sollten“, appellierte Vance, „keine Angst vor unserem Volk haben – selbst dann nicht, wenn es Ansichten äußert, die nicht mit der Meinung der Führung übereinstimmen“. Welch heftigen Angriffen sah Vance sich doch danach ausgesetzt. Die korrekte, die ängstliche Elite fühlte sich ertappt. Und schlug um sich.
Jede Demokratie braucht Politiker, die Demokratie verstanden haben. Daran mangelt es in Deutschland. Nancy Faeser ist kein Einzelfall.