Die Benachteiligung der AfD schadet der Demokratie – und schwächt die Republik

vor etwa 1 Monat

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Deutschland hat einen neuen Bundestag, doch vieles bleibt beim Alten. Die Dokumente aus den Koalitionsverhandlungen zeigen das vertraute Floskelbingo: Gleichstellung und Weltoffenheit, Vielfalt und Toleranz, Respekt und Regulierung. Friedrich Merz will offenbar die „Ampel“-Zeit vollenden, nicht beenden.

Die ganze Folge „Kissler Kompakt“ sehen Sie hier:

Alt ist auch die Versuchsanordnung im Reichstag: Alle gegen die AfD, die AfD gegen alle. Das ging bisher nicht gut aus. Das wird nun scheitern. Von der Ungleichbehandlung der AfD profitiert niemand. Dieses falsche Spiel schadet der Demokratie und schwächt die Republik.

Wer versammelt sich im Bundestag? Das deutsche Volk in seinen gewählten Vertretern. Die Bundesrepublik ist eine parlamentarische und repräsentative Demokratie. Der Bundestag verhandelt die Anliegen des Volkes. Der einzelne Abgeordnete vertritt letztlich nicht nur seinen Wahlkreis oder seine Partei.

Konstituierende Sitzung des 21. Deutschen Bundestages

In Artikel 38 des Grundgesetzes heißt es: Die Abgeordneten des Bundestags sind „Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.“ Was für ein erhabener, anspruchsvoller Satz! In jedem Abgeordneten ist das ganze Volk vertreten.

Wie aber schaut die Realität aus? Völlig verloren ging die zentrale Bestimmung: Jeder Abgeordnete vertritt laut Grundgesetz das ganze Volk. Wer also Abgeordnete gezielt benachteiligt, benachteiligt das ganze Volk. Alle Abgeordneten müssen gleich behandelt werden, weil es im Staatsvolk keine Diskriminierung geben darf.

Darum ist es mit dem Geist einer freien Republik unvereinbar, wenn der AfD vorenthalten wird, was allen Fraktionen zusteht: der Posten eines stellvertretenden Bundestagspräsidenten. Mit diesem Posten soll keine bestimmte Haltung oder Einstellung prämiert werden. Man muss kein Superdemokrat oder Moralathlet sein, um diesen Posten zu erlangen. Wo alle Fraktionen sitzen sollen, müssen auch alle Fraktionen sitzen. Damit das Wahlvolk gleich behandelt wird.

Was aber erklärt uns der Unionsabgeordnete Alexander Hoffmann? Theoretisch hätte die AfD ein Anrecht, praktisch aber leider keine überzeugenden Kandidaten.

Der Gedanke klingt nachvollziehbar, ist aber falsch. Natürlich sollen keine Rüpel das Amt bekleiden. Natürlich bleibt das freie Votum der Abgeordneten entscheidend. Wenn aber der ehemalige linke Ministerpräsident von Thüringen, Bodo Ramelow, zum Bundestagsvizepräsidenten gewählt werden kann, gibt es keinen Grund, den AfD-Kandidaten Gerold Otten abzulehnen, einen ehemaligen Bundeswehroffizier.

Die genannten Gründe sind vorgeschoben – auch jene, die die frisch gewählte Vizepräsidentin Josephine Ortleb vorbrachte, eine linke Sozialdemokratin:

Die AfD müsse einen Kandidaten bringen, der wählbar ist? Aus Sicht von CDU, CSU, SPD und Grünen ist kein Kandidat der AfD wählbar. Die rechte Partei schickte in der vergangenen Wahlperiode 26 Kandidaten ins Rennen. Davor waren es sechs. Sie fielen alle durch. Niemand kann ernsthaft behaupten, dass sämtliche Kandidaten objektiv ungeeignet waren.

Hier einige Beispiele: Kandidat 1 war ein habilitierter Ingenieur, der bereits als Vizepräsident des Thüringer Landtags tätig war – unter Ministerpräsident Ramelow. Kandidat 6 war der nun abermals gescheiterte Offizier a.D. Otten. Kandidat 11 war eine Rechtsanwältin, die zuvor bei einer internationalen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft gearbeitet hatte.

Kandidat 15 war ein Jurist, der eine Leitungsfunktion beim Mitteldeutschen Rundfunk innehatte. Kandidat 22 war ein Informatiker, der acht Jahre lang für die CSU im Münchner Stadtrat tätig gewesen war.

Kein AfD-Kandidat hätte gewählt werden müssen. Sie aber alle abzulehnen, ist undemokratisch. Der AfD vorzuenthalten, was ihr zusteht, zeugt von mangelnder demokratischen Reife. Niemand, der sich demokratische Mitte nennt, sollte sich an einem solchen falschen Spiel beteiligen. Im Bundestag kommt das Volk ganz zu sich. Es sollte auch ganz im Präsidium vertreten sein.

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