
Versprochen war ein „Politikwechsel“, geliefert werden Tricksereien. Politikwechsel war DAS große Schlagwort im Wahlkampf von Friedrich Merz (CDU) und der Union. Doch was man auf den ersten Metern der sich anbahnenden Koalition mit der SPD geboren bekommt, ist Trickserei vom Feinsten.
Beispiel Schuldenbremse: Das Bekenntnis zur „Schuldenbremse“ steht nicht nur im Grundsatzprogramm der Union, sondern hat es klipp und klar auch in das Wahlprogramm von CDU und CSU geschafft. „Wir halten an der Schuldenbremse des Grundgesetzes fest. Die Schulden von heute sind die Steuererhöhungen von morgen.“ Botschaft: Schulden-Orgien, wie sie die Ampel gern gehabt hätte, sind mit uns nicht zu machen. Nun also sind zwei milliardenschwere Pakete „Sondervermögen“ für Verteidigung und Infrastruktur im Gespräch, die irgendwo zwischen 500 und 800 Milliarden Euro liegen sollen.
Im Wahlkampf waren die Versprechen noch felsenfest ...
Die „Schuldenbremse“ des Grundgesetzes werde aber nicht angetastet, weil das zu viel Zeit brauche und zu kompliziert sei, heißt es aus der Union. Nun klingt „dauert zu lange und ist kompliziert“ aber deutlich anders als „an der Schuldenbremse halten wir fest“. Besonders dreist aber ist der Versuch, den Wählern zu erklären, dass einmalige „Sondervermögen“ ja kein Antasten der „Schuldenbremse“ sei. Das stimmt zwar, bleibt aber dennoch eine Frechheit. Wem will man vormachen, dass Einmal-Schulden in fünfzehnfacher Höhe der jährlichen Schuldenbremse etwas ganz anderes seien, als das Aufweichen der Schuldenbremse.
Es stand auch nicht im Wahlprogramm: Wir halten an der Schuldenbremse fest, außer wir brauchen Geld. Wer sich fragt, wo Politikverdruss und Protestwahl herkommen, ist hier auf der richtigen Spur. Dass mehr für Verteidigung und Infrastruktur getan werden muss, stand vor der Wahl schon fest. Wer also im Wahlkampf gezielt die Wähler täuscht, muss sich nicht wundern, wenn sie sich zornig abwenden.
Beispiel Migration: Da war nach dem Anschlag von Aschaffenburg die Dringlichkeit so groß, dass Friedrich Merz „Dauerhafte Grenzkontrollen an allen deutschen Grenzen, konsequente Zurückweisung aller Versuche illegaler Einreise und faktisches Einreiseverbot für Personen ohne gültige Einreisedokumente“ sowie „Sofortige Inhaftierung von ausreisepflichtigen Personen“ (O-Ton Wahlprogramm: „Wir kontrollieren die deutschen Staatsgrenzen und setzen konsequente Zurückweisungen an der Grenze durch.“) forderte und entsprechende Beschlüsse zur Not mit der AfD durch den Bundestag bringen wollte.
Merz versprach, an seinem ersten Tag im Amt die illegale Migration zu stoppen.
Inzwischen ist es still geworden um das „faktische Einreiseverbot“, und von Grenzschließungen sei schließlich nie die Rede gewesen. Was von all dem mit der SPD umsetzbar sein wird, ist ohnehin unklar.
Nach der Wahl ist vor der nächsten: Man kann das alles so machen und auf die geänderte Lage verweisen. Nur glaubwürdiger wird ein solcher Politikstil nicht, wenn man vor der Wahl gezielt Erwartungen weckt, von denen man bereits weiß, dass man sie nicht wird einhalten können. Dass man für solche Winkelzüge im Bundestag auf Mehrheiten zurückgreifen muss, die es nach dem Schiedsspruch des Wählers bei der Bundestagswahl eigentlich nicht mehr gibt, macht die Sache nicht besser, sondern um so fadenscheiniger. In einer Zeit, in der die etablierte Politik immer heftiger unter Druck gerät, ist es geradezu fahrlässig.
Die neue Koalition der Trickser steht unter keinem guten Stern.
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