
Es ist wieder Regierungsbildung in Deutschland: Selten hat der Satz „Was schert mich mein Geschwätz von gestern?“ so Hochkonjunktur wie in diesen Zeiten. Während die Union ihre Wähler mit einem Anti-Schulden-Wahlkampf hinter die Fichte geführt hat – wo ein nach oben offener Mega-Schuldentopf Marke SPD auf sie wartete – mobilisierte die SPD ihre Wähler in der Endphase des Wahlkampfes mit dem rechten Schreckgespenst. Wegen Plänen, die sie nun selbst mitträgt.
Als Merz und die Union zwei Anträge für eine „Migrationswende“ in den Bundestag einbrachten – den Entschließungsantrag zum Fünf-Punkte-Plan und den Entwurf des Zustrombegrenzungsgesetzes – watschte die SPD sie unter fadenscheinigen Gründen ab und entschied sich lieber für eine Angstkampagne wegen der Stimmen der AfD. Wochenlang zogen die Sozialdemokraten durch die Welt und erzählten jedem, der es hören wollte (und auch jedem sonst), dass Merz bald mit den Rechten koalieren werde.
Das war natürlich völliger Unsinn: Auch weil Friedrich Merz selbst die totale Abgrenzung zur AfD ja bis zur Selbstaufgabe vorantreibt. Er hatte sich ja in fast schon entwürdigender Art und Weise um die Zustimmung der Sozialdemokraten zu seinem Gesetz bemüht – bis zur Abstimmung und darüber hinaus, als er noch im Bundestag erklärte, die gerade gefundene Mehrheit für seine Pläne „bedaure“ er.
Die SPD ließ ihn einfach abblitzen – und schimpfte nicht nur auf das Schreckgespenst der AfD-Stimmen, sondern auch auf das Gesetz selbst. Den ganzen Eklat, den ganzen „Dammbruch“, den die SPD in der Abstimmung von Union und AfD sehen wollte, hätte man aber einfach verhindern können – indem man dem Gesetz zustimmt, erklärten damals schon CDUler. Genau das hat man in der Sache jetzt nämlich sowieso getan – die Union hat ihre damaligen Migrationspläne nun in den Sondierungen durchgesetzt.
Folgt man der angeblichen Logik der SPD, hätte eine Zustimmung nur ein paar Wochen vorher den sogenannten Sündenfall, der „das Tor zur Hölle“ (Mützenich) aufgestoßen hatte, verhindert. Und damit angeblich schweren Schaden an der Demokratie. Natürlich nahm die Demokratie dadurch zu keinem Zeitpunkt je Schaden. Der Schaden entstand an anderer Stelle: verursacht vor allem von der SPD.
Die hat viel Terror gemacht. Wofür eigentlich? Jetzt trägt sie beides doch mit, ergeben die Sondierungen. Es ging natürlich nie um die Sache, sondern um den sozialdemokratischen Wahlkampf, dem man nochmal einen richtig schönen „Gegen Rechts“-Boost verschaffen wollte. Genützt hat das der SPD wenig bis gar nicht. Geschadet hat es Deutschland dafür immens.
Insbesondere dem Vertrauen in die Politik: Die Etablierten stehen mal wieder als heuchlerische Clowns dar, für die alles nur Zirkus und Inhalte im Zweifel egal sind. Dazu hat neben Merz‘ fataler Schuldenkehrtwende auch die Gegen-Rechts-Inszenierung der SPD beigetragen.
Performativer Antifaschismus wegen nichts und wieder nichts. Die Gewalt, die Drohungen und die antidemokratischen Exzesse, die das Nebenprodukt dieser Inszenierung waren – Angriffe auf CDU-Geschäftsstellen, Gewalt gegen Parteimitglieder im Wahlkampf, Angst und Bedrohungen bei CDU-Mitarbeitern – waren hingegen real.
Dass Lars Klingbeil sich kurz nach der Wahl vor die Presse stellte und sagte, es gehe jetzt darum, „dass die Polarisierung runtergefahren wird“ – ein schlechter Witz. Niemand hat die Politik in den letzten Jahren so polarisiert wie Klingbeil. Er, der einen sonst so beschworenen „Konsens unter Demokraten“ einfach aufkündigte, mit Hetz- und Schmutzkampagnen und persönlichen Angriffen auf den politischen Mitbewerber.
Dass das alles auch in der Union schon wieder vergessen scheint, unterstreicht den unbedingten Willen zur Macht, der diese Partei immer geprägt hat. Die SPD sollte sich für ihre Show der letzten Monate trotzdem entschuldigen – und zwar vor allem bei den Bürgern. Den Politikwechsel hin zu ehrlicher Politik bräuchte es dringender denn je. Es ist leider schon jetzt klar, dass so ein Wechsel auch mit dieser Koalition nicht kommen wird – zu hoch ist die Hypothek aus Lügen, die beide Partner belastet.