
Die CDU geht in diesen Tagen sehenden Auges in die größte strategische Katastrophe, seit Angela Merkel 2015 die Grenzen öffnete. Von dem Stigma „Merkel-CDU“ erholt sich die Partei bis heute. Von „Wagenknecht-CDU“ wird sie sich nicht mehr erholen.
Eine Koalition (oder sogar mehrere Koalitionen) mit der SED-Kommunistin-Stalinistin Wagenknecht, die ihre politische Inspiration im Kreml findet, die noch jeden obszönen Angriffskrieg Wladimir Putins schöngeredet hat, infame Flächenbombardements von Aleppo bis Kiew, die bis tief in ihr politisches Gewebe den freien Westen, die Sicherheits- und Wohlstandsarchitektur Deutschlands ablehnt und verachtet, die Putin jedem amerikanischen Präsidenten vorziehen würde, die NATO und freien Handel verachtet, die von südamerikanischen Diktaturen schwärmt, die eine lupenreine Antisemitin und Israel-Hasserin ist, eine solche Koalition würde den letzten noch verbliebenen Markenkern aus der CDU löffeln und für immer in den Mülleimer der Geschichte flutschen lassen wie aus einer reifen Avocado.
Eine Koalition mit Sahra Wagenknecht, egal ob in Sachsen, in Thüringen oder gar in beiden Ländern wäre ein später und unerwarteter Sieg Erich Honeckers über Helmut Kohl.
Erich Honecker zu Besuch in Bonn beim damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl.
Eine Koalition mit Sahra Wagenknecht wäre so offenkundig falsch, dass sogar Ruprecht Polenz das erste Mal in seinem Leben richtig liegt.
1. Das größte Problem der CDU seit der Migrationskrise 2015 heißt: Glaubwürdigkeit. Wer soll einer Partei noch glauben, die den Menschen erzählen will, Adenauer und Kohl wären vereinbar mit Sahra Wagenknecht? Der Anti-Kommunismus mit dem Kommunismus? Die Westbindung mit der Putin-Liebedienerei? Die freiheitliche Staatsräson mit den Propagandisten des Kreml? Von einem Bündnis mit Sahra Wagenknecht würde nur eine Frage ausgehen: Für wie dumm kann man die eigenen Wähler halten?
Sahra Wagenknecht bei der Party des BSW nach der Europawahl.
2. Man kann nur für etwas stehen, solange man steht, nicht wenn man umfällt. Die CDU hat ihre Partei für unvereinbar mit den SED-Nachfolgern der Linken erklärt. Nun will diese Partei der Wiedervereinigung, deren größte Fähigkeit einst das historische Richtigliegen wider den Zeitgeist war, mit der einzig wahren geistigen Erbin des deutschen Sozialismus und Kollektivismus koalieren. Mit der weltanschaulich gefestigten Auskoppelung der SED-Nachfolger. Es wäre die nächste Grenze, die die CDU öffnet und herschenkt. Es wäre auch die Letzte.
3. Der freie Westen ist etwas, was man im Herzen fühlt. Was von der CDU noch übrig ist, steht für dieses Gefühl. Es ist die Seele der Partei und ihrer treuen Anhänger, die sich noch nicht abgewandt haben. Wie machtgeil muss man denn sein, um seine Seele für den Wahlverlierer Mario Voigt zu verkaufen?
Mario Voigt (CDU) im thüringischen Landtag.
4. Mit einer Wagenknecht-Koalition fliegt die „Brandmauer“ auf als Bluff des Establishments. Kein Mensch kann noch sinnvoll argumentieren, dass man nicht mit der nationalistischen AfD koaliert, dafür aber mit der nationalistisch-sozialistischen Wagenknecht-Partei. Es wäre das Eingeständnis des ultimativen Zynismus gegenüber dem Wähler. Nicht Ihr bekommt, was Ihr wählt. Wir bekommen, was wir wollen.
5. Die CDU redet sich eine Wagenknecht-Koalition damit schön, dass Sahra Wagenknecht – anders als die Linkspartei – keine Nähe zum Linksextremismus und zur politischen Gewalt pflegt. Um es klar zu sagen: Wagenknecht mag keine Nähe zu Pflastersteinen als Mittel der Politik pflegen, aber durchaus zu den Sprengbomben von Wladimir Putin. Niemand hat anti-freiheitliche Gewalt so infam gerechtfertigt wie Sahra Wagenknecht, nur beschönigt sie eben nicht brennende Autos in Kreuzberg, sondern brennende Wohnblocks in Ländern, die Russland zu seiner Einflusszone zählt.
Russlands Präsident Wladimir Putin
6. Auch die CDU hat sich daran beteiligt, jeden zu beschimpfen, der Zweifel an den Erfolgsaussichten der Ukraine-Strategie äußerte. Nun will sie sich von der schärfsten Kritikerin der Ukraine-Strategie zur Macht verhelfen lassen?
7. In Thüringen hat die CDU die Wahl verloren. Und zwar deutlich. Man kann einem klaren Wahlverlierer in einem bundespolitisch nahezu irrelevanten Bundesland nicht die strategische Zukunftsgestaltung der Union überlassen. Gewinner sollten die wichtigen Entscheidungen treffen, nicht Verlierer. In Sachsen hat Michael Kretschmer zwar gewonnen, aber in keinem Bundesland könnte der Wählerwille klarer sein als dort. Und dieser Wille ist ganz sicher keine Links-Koalition. Eine linke Koalition der Verlierer und eine linke Koalition gegen die Mehrheit – das kann ja nicht ernsthaft die Strategie der CDU sein, wenn sie Volkspartei bleiben will.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) reagiert auf die ersten Hochrechnungen nach der Wahl am 1.September.
8. Bei allem, was die CDU in den letzten Jahren angerichtet und falsch gemacht hat, ist sie (erstaunlicherweise) noch immer eine Organisation der Stärke. Niemand schubst diese Partei herum. Davon verabschiedet sich die CDU nun und lässt sich von Sahra Wagenknecht demütigen, damit Mario Voigt über die Hügellandschaft von Thüringen herrschen kann, wo es strategisch rein gar nichts zu gewinnen gibt.
Wahlkampf in Thüringen: Mario Voigt und Hendrik Wüst blicken auf die Wartburg.
9. Die CDU kann jeden Tag dem lieben Gott ihres christlichen Menschenbildes dafür danken, dass sie nach Migrationskrise, Merkel und Atomausstieg als Volkspartei überhaupt noch am Leben ist. Aber eine Koalition mit Sahra Wagenknecht, statt sich zum Beispiel, wie stolze Demokraten, Mehrheiten in einer Minderheitsregierung für die eigenen Überzeugungen zu suchen – das wäre der sichere Weg ins Siechtum der totalen Beliebigkeit. Und es wäre Verrat an den historischen Gestalten der CDU, die sich niemals einer Sahra Wagenknecht unterworfen hätten.
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