Eine Koalition und ein Bundestag, auf Lügen gebaut, vergiften die Gesellschaft

vor 30 Tagen

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Bildquelle: Tichys Einblick

Am Anfang steht der Schwindel. Man muss sich die Entstehungsstunde des neuen Bundestags und der rot-grün-schwarzen Koalition noch einmal vor Augen führen:

Gewählt wurde eine Mehrheit für einen Politikwechsel.

Doch durch die geplante Koalition mit der SPD und den Schulterschluss mit Grünen und Linken erhalten diese Wähler nicht nur die faktische Fortsetzung der verhassten Ampel. Sie kommt sogar bösartiger und frecher daher. Am Anfang steht der Schwindel und wird zu ihrem eigentlichen Koalitionsvertrag.

Weil es so wahnsinnig eilig ist mit der Aufrüstung nach 20 verplemperten Jahren und Raubbau in der Infrastruktur, sagen die Vertreter von SPD und Union, musste noch der alte Bundestag die Schuldenbremse aufheben. Kommt es da auf eine Woche an? Was kann in dieser einen Woche gebaut, bestellt oder verbessert werden? Welche Straße wird in dieser einen Woche geplant, welcher fehlende Panzer zusätzlich gebaut? Die paar Tage hätte man warten können, bis der neue Bundestag sich konstituiert. So schnell marschieren die Russen nun wirklich nicht durch das Brandenburger Tor, das sind alles kindische Kiesewettereien.

Und schon folgt Schwindel Nummer zwei.

Bekanntlich war der neu gewählte Bundestag schon gewählt und stand bereit.

Allerdings hat die Bundestagspräsidentin Bärbel Bas böse getrickst. Laut Gesetz erfolgt die Konstituierung spätestens nach 30 Tagen, nur 18 Tage brauchte er nach der ersten gesamtdeutschen Wahl, um sich zusammenzufinden – trotz der damaligen Malaisen bei Abwicklung, Kommunikation und Verkehr. Jetzt aber haben die Parteien CDU, CSU, SPD, Grüne und Linke gemeinsam den Bundestag ausgebremst, um sich noch des alten mit seinen bequemeren Mehrheiten bedienen zu können. Eile war nicht geboten, und der neue Bundestag hätte agieren können.

Wenn 30 Prozent seiner Mitglieder gewollt hätten. Haben sie aber nicht. Sie haben sich weggeduckt, lieber auf die wohl wichtigste Abstimmung über Abschaffung der Schuldenbremse und dreifache Grundgesetzänderung verzichtet. Es war ein beispielloser Akt parlamentarischer Selbstkastration. Damit hat sich auch der neue Bundestag so schäbig als demokratieverachtend hingestellt wie der alte. Eine Lüge gebiert die nächste. Ein jämmerlicher Haufen. Denkt man. Es geht nicht schlimmer.

Eigentlich wird das Parlament durch den ältesten Abgeordneten eröffnet. Im demokratischen Berlin war aber noch das Gesetz verändert worden, um den vermeintlich gefälligeren Dienstältesten nehmen zu können. Und damit eröffnete gewolltermaßen Mauerschützen-Vertreter Gregor Gysi den neuen Bundestag mit einer Rede, die man nur als Schande bezeichnen kann. Lassen wir uns von seinem oft clownhaften Auftreten nicht täuschen. Gysi ist ein ausgewiesener wie gefährlicher Feind von Wiedervereinigung und Freiheit.

Julia Klöckner, so zeigt das Protokoll, applaudiert ihm und seiner nachträglichen Lobhudelei der DDR als demokratisches Musterland ohne auch nur das geringste Verständnis für historische Realitäten. Gerade so, als hätte sie intellektuell den Übergang von der Weinkönigin zur kommenden Bundestagspräsidentin doch noch nicht vollzogen. Zu den Unappetitlichkeiten gehört, dass sie vor ihrer Wahl eigentlich alle Fraktionen hatte besuchen wollte – und dann auf eine Rüge der Grünen hin der AfD eine Absage erteilte. Den Mut, den wahren Grund zu nennen, hat sie nicht. Sie schob „Termingründe“ vor. Eine Bundestagspräsidentin hat also für die größte Oppositionspartei keine Zeit? War da ein Friseurtermin dazwischen gekommen? Zur Lüge tritt die Feigheit als Schwester hinzu. Wichtiger ist die damit verbundene Offenbarung: Die Grünen regieren mit, sie bestimmen sogar den Terminkalender der späteren Bundestagspräsidentin.

Viele haben das bemerkt. Etwa die Berliner CDU-Abgeordnete Ottilie Klein. Sie schreibt: „Ich empfinde es als ein verheerendes Zeichen, dass ausgerechnet Gregor #Gysi heute als #Alterspräsident die konstituierende Sitzung des 21. Deutschen Bundestages eröffnet. Gysi war letzter Vorsitzender der DDR-Staatspartei #SED – der Partei des Stasi-Unterdrückungsapparates, der Partei der Mauermörder, der Partei der deutschen Teilung und der Partei der kommunistischen Unrechtsherrschaft. Noch in der Zeit der Wende setzte er sich gegen die Auflösung der SED ein, um das milliardenschwere Partei-Vermögen zu schützen, und nahm die Mitarbeiter der verbrecherischen Stasi in Schutz. Eine klare Distanzierung zur SED-Diktatur fehlt von ihm bis heute. Vielmehr relativiert er seit 1990 das Unrecht in der DDR und die Verbrechen der SED. Was für ein Zeichen senden wir mit ihm als Alterspräsidenten an die Opfer der SED-Willkür und an die Angehörigen der Mauer-Opfer? Der Deutsche Bundestag und das vereinte Deutschland hätten einen anderen Alterspräsidenten der neuen Legislaturperiode verdient und gebraucht.“

So weit Ottilie Klein. Sie blieb ungehört.

Den Ton gibt der Merz-Vertraute Thorsten Frei vor.

Den Bundestag repräsentiere „einer von uns“, sagt er, um Gysi als ersten Redner des neuen Bundestags zu rechtfertigen. Jetzt ist Gysi also „einer von uns“.

Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Wir, das sind CDU, CSU, SPD, Grüne und –: die Linke. Das ist „Unsere Demokratie“.

Und es erfolgt dann der Auftritt von Julia Klöckner. Sie sagt, dieses Zusammenspiel der fünf Parteien dürfe man keinesfalls als „Kartell“ verstanden wissen. Warum eigentlich nicht? Ein Kartell ist das Zusammenspiel von Unternehmen, um den Wettbewerb auszuhebeln und den Konsumenten höhere Preise abzuluchsen. Ein politisches Kartell ist das Zusammenspiel von Parteien, um der ausgeschlossenen Partei ein Amt im Bundestagspräsidium, mehrere Posten Ausschussvorsitzende und andere Ämter abzuluchsen, bin hin zur Mitgliedschaft im Fußballclub. So schwindeln sich Parlament und Koalition durch die Landschaft.

Sagen sie. Schwindeln sie uns vor – die Polen können und dürfen, was Deutschland nicht kann und stattdessen weiter Afghanen per Charterflieger ins Land holt – nennt man das Begrenzung der Migration?

Pustekuchen, linke Kampf- und Schlägergruppen werden weiter staatlich gefördert, so der Entwurf des Programms: „Das Bundesprogramm ‚Demokratie leben!‘ setzen wir fort. Wir werden eine unabhängige Überprüfung dieses Programms in Bezug auf Zielerreichung und Wirkung veranlassen. Auf Basis der Ergebnisse prüfen wir weitere Maßnahmen für rechtssichere, altersunabhängige Arbeit gegen Extremismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit.“

Zentral ist das Wort „altersunabhängig“, wie der Historiker Hubertus Knabe klug analysiert. Bislang war es auf Jugendliche ausgerichtet. Jetzt wird die gesamte Bevölkerung jeden Alters einer ständigen Überprüfung ihrer Gesinnung, Belehrung und Bedrohung durch regierungsnahe Antifa-Schläger ausgeliefert – finanziert mit den eigenen Steuergeldern. Der Text ist ein klassischer Fall dafür, wie die Bürger getäuscht werden, wenn sie an eine „unabhängige Überprüfung“ glauben.

Sparen soll bestraft werden und sich künftig möglichst nicht mehr rentieren. Dafür sollen Freiberufler künftig ebenfalls in die gesetzliche Rentenversicherung gezwungen werden.

Wie eine Perlenkette reihen sich Unwahrheiten, gebrochene Wahlversprechen und schlichte Lügen aneinander.

Eine Gesellschaft funktioniert umso besser, je höher das gegenseitige Vertrauen ist. Supermärkte funktionieren nur, weil die Mehrheit der Kunden einfach nicht klaut. Wirtschaft funktioniert umso besser, wenn der Handschlag des ehrbaren Kaufmanns gilt und dicke Verträge überflüssig macht.

Vertrauen ist der Stoff, der eine Gesellschaft formt. Ohne Vertrauen verliert die Gesellschaft ihren Zusammenhalt. Ein wuchernder Kontrollstaat ist die Folge, eine Expansion von Juristerei und Gerichtsverfahren, eine Verteuerung jeder Transaktion, die ohne Vertrauen vielfach abgesichert, versichert und sanktioniert werden muss.

Francis Fukuyama beschreibt in seinem epochalen Werk „Trust: The Social Virtues and the Creation of Prosperity (1995)“ Vertrauen als zentrale soziale Tugend, die den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Erfolg einer Nation maßgeblich beeinflusst. Fukuyama sieht Vertrauen als Kitt, der soziale und wirtschaftliche Beziehungen zusammenhält.

In Gesellschaften mit hohem Vertrauen können Individuen und Unternehmen leichter kooperieren, ohne auf bürokratische Kontrollen oder rechtliche Absicherungen angewiesen zu sein. Dies fördert Effizienz, Innovation und wirtschaftliches Wachstum. In niedrig-vertrauensvollen Gesellschaften hingegen dominieren Misstrauen und kurzfristige Eigeninteressen, was die Zusammenarbeit erschwert und den Staat oder formale Institutionen stärker in den Vordergrund rückt.

Fukuyama stuft Deutschland als eine Gesellschaft mit relativ hohem Vertrauen ein. Er betont, dass die deutsche Kultur und Geschichte – insbesondere die starke Tradition von Genossenschaften, Handwerksverbänden und mittelständischen Unternehmen – ein hohes Maß an sozialem Kapital geschaffen haben. Dieses Vertrauen zeigt sich in der Fähigkeit, in Netzwerken zu kooperieren, sei es in der Wirtschaft (zum Beispiel durch die enge Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Gewerkschaften) oder in der Politik (zum Beispiel durch Konsens-orientierte Entscheidungsfindung).

Ein wichtiger Partner ist dabei der Staat, der durch Rechtssicherheit, Stetigkeit und Nachvollziehbarkeit statt plötzlicher Wechsel langfristiges Handeln ermöglicht und sozial absichert.  Doch dieses Vertrauen wird zerstört, durch Lüge, Trickserei, durch Beliebigkeit, Willkür und alltägliche Schwindelei. Vertrauen wird zerstört durch Orwellsche Umdeutung jeden Wortes in sein Gegenteil. Friedrich Merz und seine linksgeführte Koalition führen ihre Tricks selbst im Bundestag vor – ausgerechnet in der gesetzgebenden Körperschaft. Gebrochene Wahlversprechen, Umdeutung der  Wahlergebnisse und Umkehrung der Schuldenbremse zur Verschuldungsmaximierung auf höchster Ebene – das zersetzt die Vertrauensbasis.

Viele Deutsche vertrauten der Politik, auch wenn sie nicht immer alles richtig fanden. Viele Deutsche glaubten, in einem Rechtsstaat zu leben, und erleben jetzt staunend willkürlich zusammengebastelte Gesetze, Ausgrenzung und Umdeutung. Sie lernen, dass das Wort von heute Morgen schon am Abend das Gegenteil bedeuten kann. Eine große Mehrheit hat eine Politikwende gewählt und erhält die Ampel zurück, nur noch frecher. „Wir haben einen Politikwechsel versprochen – und keine Ampel 2.0 mit Kanzler Merz“, kritisiert der langjährige führende CDU-Politiker Wolfgang Bosbach.

Wenn mit versteckten Begriffen, doppelbödigen Formulierungen und nachträglichen Umdeutungen Aussagen in ihr Gegenteil verkehrt werden – dann zerstört das den Kitt, der das Land zusammenhält.

Vertrauen verschwindet schnell – und kann nur langsam und mühsam erworben werden.

Merz verschleudert mit seiner Schuldenpolitik nicht nur materielle Werte. Er zerstört die Grundlagen, auf denen sie erworben wurden. Das ist vermutlich die schlimmste Tat, die ihm zugerechnet werden muss.

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