
Eine Mitarbeiterin des Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrographie hatte in ihrer Funktion als Strahlenschutzbeauftragte eine Strahlenschutzanweisung nicht gegendert. Von ihren Vorgesetzten war sie dazu aufgefordert worden, Genderbegriffe in den Entwurf für die Schutzanweisung einzuarbeiten. Sie hatte dies nicht getan, weil es sich nicht um wissenschaftliche Aspekte handele. Sie bekam zwei Abmahnungen und dann wurde ihr außerordentlich gekündigt. Das Arbeitsgericht Hamburg entschied, dass die Abmahnungen und die Kündigung nicht rechtens waren.
Die Urteilsbegründungen des Gerichts liegen Apollo News in beiden Fällen vor. Der Verein Deutsche Sprache hatte die Mitarbeiterin im Gerichtsprozess finanziell unterstützt, wie aus einer Pressemitteilung des Vereins vom Montag hervorgeht. Das Gericht entschied, dass beide Abmahnungen ungültig sind und aus der Personalakte entfernt werden müssten. Die Mitarbeiterin sollte die Strahlenschutzanweisung im Frühjahr 2024 überarbeiten. Nachdem ein erster Entwurf erstellt war, erhielt die Mitarbeiterin die Anweisung, diesen Entwurf zu gendern.
Die Mitarbeiterin wandte ein, dass nicht die Strahlenschutzbeauftragte, sondern der Strahlenschutzverantwortliche für die Schutzanwendung zuständig sei. Die Aufgabe als Strahlenschutzbeauftragte führt sie nur nebenbei aus, den Großteil ihrer Arbeitszeit ist sie als Chemikerin tätig. Sie erhielt von ihrer Vorgesetzten eine E-Mail, in der sie aufgefordert wurde, im Rahmen ihrer normalen Tätigkeit den Text zu gendern. Die Mitarbeiterin führte vor Gericht aus, dass die Erstellung der Schutzanweisung weder zu ihren regulären Aufgaben gehöre, noch zu ihren Aufgaben als Strahlenschutzbeauftragte.
Der Text sei eine Gefälligkeit gewesen. Sie argumentierte, dass im Strahlenschutzgesetz das generische Maskulinum verwendet wurde und deswegen auch in ihrer Anweisung die Fachbegriffe im generischen Maskulinum verwendet werden. Das Gericht folgte der Argumentation der Mitarbeiterin: Es sei nicht Teil ihrer vertraglich vereinbarten Aufgaben, diese Schutzanweisung anzufertigen und darum hatten die Vorgesetzten kein Recht, Anweisungen zu erteilen, wie dieser Text formuliert sein soll.
Die Unzulässigkeit der außerordentlichen Kündigung wird darauf aufbauend begründet. Die Mitarbeiterin vertrat die Ansicht, dass die Kündigung mit sozialer Auslauffrist nicht das mildeste Mittel war, das der Arbeitgeber hätte wählen können. Das Gericht entschied, dass es keinen Grund für die außerordentliche Kündigung gibt. Denn weder war das Verhalten der Mitarbeiterin gravierend genug, um diese Maßnahme zu rechtfertigen, noch waren die zwei Abmahnungen gültig, die es bräuchte, um eine wirksame Kündigung auszusprechen.
Obgleich sich das Gericht nicht zum Gendern per se äußerte, zeigt das Urteil doch, dass es wichtig ist, zu wissen, was am Arbeitsplatz von einem verlangt werden kann und was nicht. Walter Krämer, der Vorsitzende des Vereins der deutschen Sprache, begrüßte das Urteil: „Leider wurde in der Urteilsbegründung das Gendern nicht explizit erwähnt, obwohl es die Grundlage für diese Farce war. Dennoch wurden den Abmahnungen und der Kündigung ein Riegel vorgeschoben und die Klägerin konnte nicht zum Gendern gezwungen werden.“ Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.