
Bundespräsident Steinmeier besucht an diesem Mittwoch in Bonn die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). Er wird dort Wortgirlanden ohne Ende für die Arbeit der GIZ flechten und einen alten Bekannten treffen: den seit 2022 amtierenden GIZ-Vorstandssprecher Thorsten Schäfer-Gümbel („TSG“, 55), SPD-Mann, vormals Chef der Hessen-SPD und SPD-Bundesvize. Dreimal scheiterte TSG mit seiner Kandidatur, Ministerpräsident von Hessen zu werden: 2009 mit 23,7 Prozent, 2013 mit 30,7 Prozent und 2018 mit 19,8 Prozent für die SPD.
Aber darum geht es hier nicht. Die GIZ ist zwar eine GmbH mit der Bundesrepublik als alleinigem Gesellschafter. Tatsächlich aber ist die GIZ eine Art Monsterbehörde: mit einem Jahresetat von rund 4 Milliarden Euro und rund 25.000 Mitarbeitern in 120 Ländern. Tätig wird die GIZ im Auftrag des Entwicklungsministeriums, des Umweltministeriums, des Bildungsministeriums, des Außenministeriums und auch der EU-Kommission.
Klar, dass hier viel Geld fließt, vor allem wenn ein GIZ-Chef Schäfer-Gümbel und eine Entwicklungshilfeministerin Svenja Schulze aus dem gleichen Genossen-„Stall“ kommen. Geld scheint in Hülle und Fülle da zu sein. Deutschland gab zuletzt (2023) 35 Milliarden für Entwicklungshilfe aus: davon 13,7 Milliarden aus dem Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und 4,9 Milliarden aus dem Auswärtigen Amt.
Aktuell wurde bekannt, dass GIZ-Gelder auch intern verplempert werden. Nun soll immerhin Schluss damit sein, dass entsandte GIZ-Mitarbeiter samt ihren Familien zu häufig Businessclass fliegen. In der «Zeit» kam kürzlich ein Ex-GIZ-Mitarbeiter zu Wort, der die GIZ als «Reisebüro für Akademikerkinder» bezeichnete. Tatsächlich winken selbst Berufsanfängern via Auslandszulagen üppige Einstiegsgehälter, die dank Doppelbesteuerungsabkommen und niedrigen Lebenshaltungskosten in den Entwicklungsländern einen Vermögensaufbau ermöglichen, von dem Gleichaltrige und ähnlich Qualifizierte nur träumen können. Die NZZ hat dies soeben dankenswerterwiese aufgegriffen.
Seitz kritisiert einen „Aktivismus der guten Gesinnung“ und, dass Erfahrungen der letzten Jahrzehnte nicht zur Kenntnis genommen werden. Seitz wörtlich: „Unsere Gaben lösen tiefgreifende gesellschaftliche Grundprobleme nicht. Sie schaffen jedoch eine Wohlfahrtsmentalität. Hilfe zur Selbsthilfe wird zur hohlen Phrase.“ In allen Ländern, in denen Seitz tätig war, hatte die GTZ (heute GIZ) Mühe, überhaupt genügend sinnvolle Projekte zu finden, um die Mittel loszuwerden. Aber sie mussten ausgegeben werden, weil sie sonst verfallen wären.
Seitz rechnet vor: In über 50 Jahren sind rund zwei Billionen US-Dollar Entwicklungshilfe nach Afrika geflossen. Trotzdem werden die Minimalziele nicht annähernd erreicht. In manchen Staaten gibt es mehr Hilfsorganisationen als Firmen. Unzählige „Projekte“ haben nach Beendigung keine Spuren mehr hinterlassen, weil sie die Menschen abhängig gemacht haben. Sehr viel Geld ist an korrupte afrikanische Herrscher und ihre Günstlinge sowie westliche Entwicklungshilfe gegangen, die diese Oberschicht unfreiwillig finanziell mästet und gleichzeitig eine riesige Helferindustrie aufgebaut hat.
Seitz (mittlerweile 82) nimmt nach wie vor kein Blatt vor den Mund. Im Mai 2024 hat er der Bundesregierung aufgrund deren Besserwisserei einen »neokolonialen Totalschaden« vorgeworfen. Ein anderer erfahrener Diplomat sagt sogar: Die humanitäre Hilfe sei längst fester Bestandteil der Kriegsmaschinerie geworden. Der Mann, der das öffentlich sagt, Jürgen Weerth, weiß es, er war ebenfalls deutscher Botschafter in verschiedenen afrikanischen Ländern.
Man darf jedenfalls gespannt sein, was die neue schwarz-rote Bundesregierung in Sachen Entwicklungshilfe vorhat. Will sie nach dem Vorbild von USAID Gelder streichen? Will sie das Entwicklungshilfeministerium auflösen und – was sinnvoll wäre – in das Auswärtige Amt eingliedern? Oder „geht“ das nicht, weil damit ja irgendjemand ohne Ministersessel bliebe?