
Nicht alles in der Corona-Zeit war schlecht. Wer geschäftstüchtig, schnell und nur ein klein wenig skrupellos war, konnte viel Geld verdienen, ja, zuweilen sogar sehr viel. Hilfreich war sicherlich, Zugang zu Ministerien und Behörden zu haben und auch den ein oder anderen richtigen Namen zu kennen – oder den richtigen Namen zu tragen.
Andrea Tandler, Tochter des CSU-Schwergewichts Gerold Tandler, verfügte über all das. Sie ist eine Protagonistin der besonderen Spielart des Corona-Kapitalismus. Sie vermittelte mit ihrem Geschäftspartner für eine Schweizer Firma Maskendeals an das Bundesgesundheitsministerium und kassierte dafür mit ihrem Partner 48 Millionen Euro an Provisionen. Das Schweizer Unternehmen hatte mit Medizinprodukten vorher nichts zu tun gehabt, sagte aber „Ja“ zum Erfolg und war bereit dazuzulernen. Tandlers Kontakte waren dabei sicherlich kein Hindernis und Jens Spahn, damals noch Gesundheitsminister, der gerade Spaß an seinem Macher-Image fand, ließ sich dabei offenbar gerne helfen.
Das Landgericht München verurteilte das Duo dann im Dezember 2023 wegen Steuerhinterziehung in Millionenhöhe zu viereinhalb Jahren Haft für Tandler und knapp vier für ihren Partner. Beide legten Revision ein. Jetzt hat der Bundesgerichtshof nachgebessert. Der blog lto.de schreibt: „Das Urteil wurde nun in dem Punkt geändert, dass beide jeweils nur noch eine dreijährige Freiheitsstrafe verbüßen müssen, wie ein BGH-Sprecher sagte. Die Verfahren zur Hinterziehung von Einkommensteuer wurden zwischenzeitlich auf Antrag des Generalbundesanwalts eingestellt. Die bisherigen Feststellungen tragen eine Verurteilung insoweit nicht, heißt es in der Mitteilung aus Karlsruhe. Eine erneute Verhandlung wäre mit beträchtlichem Aufwand verbunden, während die zu erwartende Strafe mit Blick auf die nunmehr rechtskräftige Verurteilung nicht ins Gewicht falle.“
Auch der Spiegel schreibt über den Fall: „Den Vorwurf der Einkommensteuer-Hinterziehung durch das frisch gegründete Firmenkonstrukt stellte der Bundesgerichtshof jetzt auf Antrag der Generalbundesanwaltschaft ein. Es bestünden ‚erhebliche Zweifel, ob die Angaben der Angeklagten in den Anträgen an das Finanzamt unrichtig beziehungsweise unvollständig waren‘, heißt es im Urteil. Was die Hinterziehung von Gewerbesteuer angeht, kam der BGH dagegen zum selben Schluss wie das Landgericht. Den Kollegen in München sei in diesem Punkt kein Rechtsfehler unterlaufen. So ist auch für die Karlsruher Richter klar, dass Tandler und ihr Partner ihre Geschäfte in Wahrheit nicht aus Grünwald gemacht und dazu gegenüber dem Finanzamt falsche Angaben gemacht hätten, um bei der Gewerbesteuer billiger davonzukommen. Tandler hatte vor dem Prozess in München knapp ein Jahr in Untersuchungshaft verbracht, war dann aber bis zur Entscheidung in Karlsruhe wie ihr Partner auf freien Fuß gekommen.“
Und hier sind wir beim Kernproblem: bei zu viel Staat. Einem Staat, der nicht nur in der Krise ohne Kontrollen, ohne ordentliche Verfahren auf Zuruf Milliarden verschleudert, und dann so tut, als wäre nichts gewesen. Und dessen politisch Verantwortliche keinerlei Verantwortung für ihr Handeln übernehmen müssen.
Andrea Tandler hat Steuern hinterzogen. Trotzdem hebt sich ihr nicht ganz so dunkles geahndetes Vergehen etwas heller gegen den tief-schwarzen Hintergrund der nichtgeahndeten Steuerverschwendung ab.