FDP-Politikerin verdient am Kampf gegen die Meinungsfreiheit: Das gefährliche Geschäftsmodell hinter der Jagd auf unschuldige Bürger

vor 5 Monaten

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Bildquelle: NiUS

Um kurz nach sechs Uhr morgens war die Polizei bei Stefan Niethoff angerückt: Hausdurchsuchung wegen eines Memes, das der 64-Jährige geteilt hatte. Darauf zu sehen war Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck mit dem an den Werbeauftritt von Schwarzkopf angelehnten Schriftzug „Schwachkopf PROFESSIONAL“. NIUS hatte exklusiv berichtet.

Am Donnerstag war bekannt geworden, dass Habeck den Strafantrag selbst unterzeichnet hatte. Dies ist jedoch kein Einzelfall. Dahinter steht viel mehr ein System, das gezielt Bürger einschüchtern und davon abhalten soll, sich kritisch über Politiker zu äußern.

Im August hatte Habeck öffentlich gemacht, dass er innerhalb gut eines Jahres rund 700 Anzeigen wegen sogenannter Hassrede gestellt habe. Bekannt geworden waren etwa Fälle, in denen Habeck gegen Personen vorgegangen war, die ihn als „Hadreck“ betitelt oder eine Ähnlichkeit Habecks mit einem Bahnhofsalkoholiker festgestellt hatten. Bei seinen Anzeigen arbeitet Habeck nach eigenen Angaben mit spezialisierten Anwaltskanzleien sowie der Organisation HateAid zusammen.

Einer der Partner in Habecks Kampf gegen Hass ist das Unternehmen „SO DONE“. Im „Schwachkopf“-Fall war das Unternehmen zwar nicht involviert. Doch der Minister tritt sogar als Werbegesicht für „SO DONE“ auf:

Habeck auf der Website von „SO DONE“.

Aber auch Politiker wie Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), CDU-Ministerpräsident Hendrik Wüst, dessen Regierung in Nordrhein-Westfalen zahlreiche Meldestellen einrichtete, oder die CDU-Bundestagsabgeordnete Julia Klöckner lassen sich auf der Website von „SO DONE“ abbilden. Wüst lässt sich mit den Worten zitieren: „Hass ist keine Meinung.“ Tatsächlich aber stellt Hassrede keineswegs einen Straftatbestand dar, im Gegensatz etwa zu Beleidigung. Hasserfüllte Aussagen können durchaus unter die Meinungsfreiheit fallen.

Wüst posiert für „SO DONE“.

Auch Julia Klöckner erscheint dort.

Gegründet haben das Unternehmen die FDP-Politikerin und JuLi-Vorsitzende Franziska Brandmann, der Anwalt Alexander Brockmeier und der Datenwissenschaftler Marcel Schliebs. In diesem Jahr erhielt das Unternehmen den dritten Platz beim Gründungspreis NRW, gewann 10.000 Euro. Der Preis wird vom Wirtschafts- und Klimaschutzministerium Nordrhein-Westfalens und der NRW-Bank verliehen.

An das Unternehmen können sich Menschen wenden, die „vereinzelt Hassnachrichten“ erhalten. Und solche, die „regelmäßig Opfer von Online-Hass“ werden. Im letzteren Fall werden mit einer selbst entwickelten Software, die auf Künstlicher Intelligenz basiert, Kommentare in den sozialen Netzwerken gescannt: „Du nennst uns Deine Handles in den sozialen Medien und beauftragst uns, Kommentare, die sich auf dich beziehen, durch unsere KI im Blick zu behalten.“

7.816 Kommentare hat das Unternehmen nach eigenen Angaben bislang angezeigt, 591 Euro seien dabei im Schnitt erstritten worden. Eine Banderole auf der Seite wirbt: „Wir sind dein Prozesskostenfinanzierer und übernehmen garantiert sämtliche Kosten des Verfahrens.“ Die Finanzierung erklärt das Unternehmen in seinem FAQ:

„Das alles kostet dich gar nichts! SO DONE ist dein Prozesskostenfinanzierer und bezahlt als solcher alle Anwalts- und Gerichtskosten, die anfallen. Dafür ist SO DONE mit 50% an der Geldentschädigung beteiligt, die dir zuteil wird. Faktisch bezahlt also der Täter mit seiner Geldentschädigung unsere Dienstleistung, die dir ermöglicht, sich gegen ihn zu wehren. Für dich gibt es kein Kostenrisiko – Sollte es nicht zu einer Geldentschädigung kommen, übernehmen wir alle Kosten und geben diese nicht an dich weiter. Du bist also nur im positiven Falle an der Geldentschädigung, aber im negativen Falle nicht an den Anwalts- und Gerichtskosten beteiligt. Das Risiko übernehmen wir für dich. Hört sich fantastisch an? Finden wir auch!“

„SO DONE“ verdient also ordentlich mit: Das Unternehmen erhält im Erfolgsfall die Hälfte der Entschädigungszahlung.

Doch an derselben Adresse der „SO DONE GmbH“ in Rheine in Nordrhein-Westfalen ist ein zweites Unternehmen mit einem fast identischen Namen angemeldet: die „SO DONE legal Rechtsanwaltsgesellschaft mbH“. Der Geschäftsführer? Alexander Brockmeier, der auch den Prozesskostenfinanzierer gründete.

Brockmeier präsentiert sich auf seiner Website.

Wie eng beide Firmen miteinander verwoben sind, zeigt sich auf der Website von „SO DONE“. Dort richtet sich ein Abschnitt an „Täter“: „Sie haben Post von uns erhalten, weil wir die Rechte unserer Mandanten durchsetzen. Sie wollen wissen, wie es nun weitergeht und was Sie jetzt tun können?“ Der entsprechende Button führt „zur Kanzlei SO DONE legal“.

Der Link unten rechts führt zur Kanzlei.

Auf „So DONE legal“ werden die Besucher weit weniger freundlich empfangen:

Die Landing Page von „SO DONE legal“.

Darunter wird der Besucher der Website angesprochen: „Sie haben Post von uns erhalten? Wenn Sie ein Aufforderungsschreiben von uns erhalten haben, dann haben wir Sie als Urheber einer strafrechtlich relevanten Äußerung identifiziert. In aller Regel haben wir bereits ein Strafverfahren eingeleitet und nehmen Sie jetzt zivilrechtlich in Anspruch.“

Die Website von „SO DONE legal“.

Letzteres ist ein bemerkenswerter Satz: Denn Strafverfahren einleiten kann nur die Staatsanwaltschaft. Offenbar hält man sich in der Kanzlei für eine Art Vollstreckungsbehörde. Diese Ausdrucksweise steht sinnbildlich für ein politisches Establishment, das glaubt, die Hoheit über den Diskurs beanspruchen zu können und das Recht anzuwenden versucht, um Kritik an der eigenen politischen Agenda zum Verstummen zu bringen.

Im Folgenden liefert die „SO DONE legal“ den angezeigten Personen zwei Optionen, wie sie vorgehen können: Entweder, sie löschen den Post, unterschreiben die Unterlassungserklärung und zahlen gegebenenfalls die Geldentschädigung und die Anwaltskosten. Diese Möglichkeit wird als „schnell und rechtssicher“ bezeichnet. Oder sie reagieren nicht auf das Schreiben, dann erhebt „SO DONE legal“ Klage: „Ein solches Gerichtsverfahren würde weitere Rechtsanwalts- und Gerichtskosten bedeuten, die nach Abschluss des Verfahrens von der unterliegenden Seite zu tragen sind.“ Wer Anwaltskosten und den Gang vor Gericht scheut, wird nach dieser Belehrung im Zweifel die Erklärung unterschreiben und die Entschädigung zahlen – was sich „SO DONE“ in wiederum als juristischen Erfolg anrechnen kann. Auch wenn dieser in Teilen auf Einschüchterung beruht.

Möglichkeit 1 laut „SO DONE legal“.

In Manier einer Drückerkolonne setzt die Kanzlei hier die von ihnen angezeigten Menschen unter Druck: Indem sie das Unterschreiben der Unterlassungserklärung als „rechtssicher“ bezeichnen, suggerieren sie, es sei nicht rechtssicher, wenn man die Erklärung nicht unterschreibe. Doch es handelt sich um ein juristisch völlig legitimes Vorgehen, eine Unterlassungserklärung zu ignorieren.

Das Konstrukt hinter „SO DONE“ ist augenscheinlich darauf ausgerichtet, Druck auszuüben. Die Klagefreude von Politikern wie Habeck oder Strack-Zimmermann ist allgemein bekannt: Erst im September etwa musste ein arbeitsloser Mann 200 Euro zahlen, weil er Strack-Zimmermann als „altes hässliches Frettchen“ bezeichnet hatte. Wenn nun automatisiert mit KI die Äußerungen der Bürger durchsucht werden und die beteiligte Kanzlei behauptet, „Strafverfahren einzuleiten“, dann könnten sich bald immer mehr Menschen fürchten, Politiker im Netz zu kritisieren.

Sehen Sie auch: Jetzt spricht der Mann, der den Wirtschaftsminister „Schwachkopf“ nannte: „Herr Habeck, kommen Sie an meinen Küchentisch – genau wie die Kripo!“

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