Angebliche Russland-Verbindungen des Mannheim-Täters – fehlerhafte ZDF-Recherche wirbelt Verfahren auf

vor 20 Tagen

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Am Sonntag veröffentlichte das ZDF eine vermeintlich brisante Recherche: In einer Dokumentation, die von dem öffentlich-rechtlichen Sender veröffentlicht wurde, wurde eine Verschwörungstheorie aus dem Netz weiterverbreitet. So wurde immer wieder impliziert, dass hinter der Reihe von Anschlägen, die Deutschland in den vergangenen Wochen erschütterten, eine Spur nach Russland führe. Es wird eine Verbindung zwischen Russlands „hybrider Kriegsführung“ und den Anschlägen hergestellt.

Doch die Indizien für diese Verschwörungstheorie, die die Dokumentation aufbringt, sind höchst fragwürdig: Mithilfe des Analysetools Google Trends will der in der Dokumentation als Experte ausgewiesene Datenanalyst Steven Broschart herausgefunden haben, dass bereits mehrere Tage im Vorfeld der Anschläge, etwa dem in Mannheim Ende vergangenen Mai, entsprechende Suchanfragen auf Google von Russland aus getätigt wurden.

Das Vorgehen ist dabei höchst problematisch: Google Trends ist lediglich für ungefähre Schätzungen von globalen Suchanfragen geeignet. Ein solches Phänomen, dass im Nachhinein Google Trends Suchanfragen bereits Tage vor dem infrage stehenden Ereignis anzeigt, lässt sich bei nahezu jedem unerwarteten Großereignis beobachten und steht in keinem Zusammenhang mit den Terroranschlägen.

Schnell erntete das ZDF deutliche Kritik für die Dokumentation. So zog der Bundesnachrichtendienst (BND) die Methodik der Recherche gegenüber ntv in Zweifel. „Es werden dabei nicht zwangsläufig die eingegebenen exakten Begriffe untersucht, sondern auch Wortstämme oder auch nur einzelne Wörter der Abfrage“. Diese möglicherweise fehlerhaften Anfragen könnten dabei „auch für zahlreiche andere Länder reproduziert werden, was eine Zuweisung zu Russland als wenig plausibel erscheinen lässt“, so der Nachrichtendienst.

Auch andere Experten, etwa der Professor für Medieninformatik an der Technischen Hochschule Nürnberg, Florian Gallwitz, zogen die Recherche öffentlich in Zweifel. Er kritisierte die Methodik in mehreren Posts auf X (ehemals Twitter); dem ZDF warf er dabei eine „Missachtung grundlegendster journalistischer Standards“ vor.

Die fehlerhafte ZDF-Dokumentation hat nun sogar Auswirkungen auf den Prozess gegen den Täter von Mannheim, der Ende Mai bei einem Anschlag auf den Islamkritiker Michael Stürzenberger den Polizisten Rouven Laur mit einem Messer ermordete. So berichtet der SWR, dass der Vorsitzende Richter in dem Fall das LKA und die Bundesanwaltschaft dazu aufgefordert hat, alle Erkenntnisse zu einer möglichen Verbindung der Tat nach Russland mitzuteilen.

Doch trotz aller Kritik hält das ZDF an der Dokumentation fest. In anderen Sendungen werden die dubiosen Rechercheergebnisse sogar weiterverbreitet: So berichtete das heute journal in seiner Sonntagsausgabe vor einem Millionenpublikum extensiv über die Ergebnisse. Bis heute hat der Sender keine Klarstellung zu der Dokumentation veröffentlicht.

Die politischen Folgen der Recherche dürften schwerwiegend sein. So lobten Politiker, insbesondere der Grünen, die Veröffentlichung der Dokumentation. „Sehr verdichtete, klare und gute Zusammenfassung der russischen Aktivitäten gegen Europa und Deutschland der letzten Monate inklusive der unsäglichen Rolle der AfD“, schrieb etwa der grüne Bundestagsabgeordnete und Innenpolitiker Konstantin von Notz auf X über die Veröffentlichung. Die ehemalige Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags, Katrin Göring-Eckardt, schrieb auf X derweil über die Recherche: „Das braucht mehr Beachtung“.

Sehr verdichtete, klare und gute Zusammenfassung der russischen Aktivitäten gegen Europa und Deutschland der letzten Monate inklusive der unsäglichen Rolle der AfD #TerraX https://t.co/aQPwr8xc3F

— Konstantin v. Notz (@KonstantinNotz) April 7, 2025

Das ZDF hat mit der Dokumentation versucht, eine noch breitere Untersuchung der Terroranschläge anzustoßen, jedoch in eine Richtung, die laut Bundesinnenministerium bisher keinerlei Anzeichen aufweist, fruchtbar zu sein.

So reagierte das Ministerium bereits Ende März auf eine Anfrage von Apollo News, dass der Behörde „gegenwärtig keine Anhaltspunkte vor[liegen]“ würden, dass durch die Anschläge Einfluss auf den Wahlkampf oder den Wahlausgang genommen werden sollte. Angesichts dessen stellt sich noch mehr die Frage, warum das ZDF sich dazu entschieden hat, eine reine Verschwörungstheorie durch eine vermeintliche Recherche zu verbreiten.

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