Das Fernsehen steckt in der gleichen Krise wie CDU, SPD, Grüne und Co

vor etwa 6 Stunden

Blog Image
Bildquelle: Tichys Einblick

Der Höllensommer des Jahrhunderts ist den Deutschen nun schon ein paar Mal versprochen worden. Meteorologisch ist der bisher immer ausgefallen. Doch was das Fernsehen seinen Zuschauern im August vorgesetzt hat, kommt wirklich einem Höllensommer gleich. Geschmack ist zwar subjektiv. Doch in Zahlen fassen lässt sich die fehlende Mühe trotzdem, die sich die Sender mit ihrem Programm geben.

Nämlich anhand der Wiederholungen: Eine von drei Abendsendungen des ZDF waren im August Wiederholungen, das waren sieben von hundert mehr als im August des Vorjahres. Doch damit bleibt das ZDF zusammen mit Sat1 noch Frische-Weltmeister. Bei Pro Sieben waren im August drei von vier Abendsendungen Wiederholungen. 24 von 100 Sendungen mehr als ein Jahr davor. Im Tagesprogramm laufen uralte Comedyserien wie Scrubs oder The Big Bang Theory in Endlosschleifen. Pro Sieben hat sich und jeden Anspruch an sich aufgegeben.

Dieser Qualitätsverlust hat Folgen. Die Quoten gehen zurück. Im Totalen. “Wolfswinkel” war am Mittwoch der meist gesehene Film mit gerade mal 3,2 Millionen Zuschauern, die “Küchenschlacht XXL” im ZDF wollten 2,3 Millionen Zuschauer sehen – zur besten Sendezeit. 300.000 Zuschauer des “Wolfswinkel” waren jünger als 50 Jahre alt, also nicht einmal jeder Zehnte. Bei der Küchenschlacht waren 260.000 Zuschauer jünger als 50 Jahre. Gerade mal etwas mehr als jeder Zehnte. Für das Bällebad für Senioren fast schon ein Erfolg.

Nun mag man das Fernsehen als sterbendes Medium betrachten. Doch auch innerhalb dieses sterbenden Mediums gibt es einen Bedeutungsverlust der alten Marktführer. ARD, ZDF, RTL, Sat1, Pro Sieben, RTL zwei, Vox und Kabel eins kamen im August zusammen auf 48,8 Prozent Marktanteil, wie der Fachdienst DWDL berichtete. Wohlgemerkt: nur im analogen Fernsehen, komplett ohne jedes Streaming im Internet. 48,8 Prozent entspricht einem historischen Tief – 1,7 Prozentpunkte unterhalb des bisherigen Tiefs. Mit den vielen Wiederholungen lässt sich das nur bedingt erklären. Die Spartensender, die diese verlorenen Marktanteile gewinnen, überschlagen sich auch nicht gerade mit neuen Angeboten.

Dass die acht Marktführer nicht einmal mehr zusammen auf 50 Prozent Marktanteil kommen, korrespondiert mit der Politik. Union und SPD vereinten bei Wahlen einst bis zu 90 Prozent der Wähler hinter sich – bei der Bundestagswahl waren es gerade noch 44,9 Prozent. Zu einer Mehrheit reichte es nur noch, weil relativ große Parteien wie das BSW oder die FDP an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterten. Doch selbst wenn man diesen Siebfaktor berücksichtigt, genügt es laut aktuellen Umfragen für Union und SPD zusammen nicht mehr für eine parlamentarische Mehrheit.

Die Trends in Politik und Fernsehen zeigen nicht nur Parallelen auf. Sie bedingen einander. Auf beiden Feldern scheitern die Marktführer, weil sie auf die gleichen Erzählungen setzen und weil diese Erzählungen veraltet und schlecht sind, weil Sender und Programme ihren Wählern oder ihrem Publikum keine echte Wahl mehr lassen – außer ihnen ganz den Rücken zuzukehren. Was offensichtlich immer mehr tatsächlich umsetzen.

Eine Erzählung, an der die marktführenden Sender und Parteien gescheitert sind, ist die Art von Klimaschutz, wie “Die letzte Generation” ihn betrieben hat: Bürgerkinder, arbeitslos oder Studenten, halten Beschäftigte mit geringem Gehalt auf deren Weg zur Arbeit auf. Sie selbst fliegen zum Urlaub nach Bali oder Mexiko. Auf frischer Tat ertappt zeigen sie keine Reue, sondern beschimpfen die Mehrheit der Gesellschaft als Dummköpfe, die zwischen privatem Verhalten und gesellschaftlichem Imperativ nicht zu unterscheiden wüssten.

Schnöselig. Patzig. Selbstgerecht und voller Doppelmoral. Das Konzept der letzten Generation hört sich an wie eines, das nicht funktionieren kann. Und es war ein Konzept, das nicht funktioniert hat. Das so massiv, nachhaltig und schnell gescheitert ist, wie kaum eine politische Initiative zuvor: War der Klimaschutz 2019 noch ein Thema, das Massen mobilisieren konnte – auch bei Wahlen – so war es 2025 ein Reizthema, das außer den Grünen alle aus dem Wahlkampf herausgehalten haben.

Nur die regierenden Parteien haben davor an den Erfolg der “Klima-Aktivisten” geglaubt. Das Finanzministerium in der Wilhelmstraße gehört zu den am besten geschützten Gebäuden des Landes. Dennoch konnten die “Aktivisten” es “stürmen”, weil sich der Minister Christian Lindner (FDP) am gleichen Abend im Staatsfernsehen in der Rolle des Liebedieners gefiel, der kokettierte: Er könne den Sturm gar nicht verstehen, er habe doch schon alle Forderungen erfüllt. Die Talkshows des Staatsfernsehen haben die “Aktivisten” ebenfalls umschmeichelt und als “die Jugend” eingeladen. Wer “die Jugend” in diesen Shows auch nur im Ansatz kritisierte, wurde von den Maischwillners dieses Landes niedergebügelt.

Auch in sämtlichen Bereichen der Identitätspolitik setzten die marktführenden Medien und Parteien auf die gleichen Verliererthemen: der Sprechschluckauf des Genderns. Der Fetisch um die Regenbogenfahne. Der leichtfertige Umgang mit sensiblen Themen wie der Tötung ungeborener Kinder oder Hormonblockern für Kinder. Der masochistische Wahn, echten und vermeintlichen Kolonialismus überwinden zu wollen. All das waren Themen, die – wenn überhaupt – nur ein Randpublikum angesprochen haben, auf die marktführende Parteien und Sender aber wie besessen gesetzt haben.

Die marktführenden Parteien und Sender ähneln sich auch darin, nur noch so altbacken inszenieren zu können, dass jeder Wähler und Zuschauer, der noch fliehen kann, flieht. ARD und ZDF präsentieren in ihren Shows immer wieder die gleichen Uralt-Sänger wie Maite Kelly, Andy Borg oder Roland Kaiser. Letzterer hat schon lange keine Stimme mehr zum Singen, gibt aber seine Stimme gerne dazu her, genau die politischen Positionen zu beziehen, die auch die Polit-Kommissare der Programm-Planung vertreten.

Das Gegenstück zum Krematorium an Altschlagersängern ist in der Politik der “Gipfel”, den CDU, CSU und SPD so gerne inszenieren, um Politik zu simulieren: Die Wagen fahren zum Gipfel vor, die Türen schließen sich, Journalisten warten vor den Türen, bis diese sich öffnen, Politiker rauskommen und verkünden: Der Koalitionsgipfel hat einen Autogipfel beschlossen. Huiuiuiuiuiuiui. Wie viele Jahrzehnte das her sein mag, dass sich damit jemand beeindrucken ließ, wer weiß das schon – zu der Zeit galten vielleicht sogar die Songs von Roland Kaiser noch als Hits. Um die Gipfel spannender zu machen, verraten die Politiker dann noch dem CDU-Mediendienst Bild, dass Friedrich und Bärbel Salat gegessen haben und – eil, eil, eil – jetzt Bärbel und Friedrich zueinander sagen. Huiuiuiuiuiuiui.

Die Rezepte, mit denen die marktführenden Parteien und Programme aus der Krise kommen, haben noch zwei Gemeinsamkeiten. Zum einen ähneln sie sich inhaltlich: bessere Politik beziehungsweise besseres Programm. Mehr Mühe, weniger Arroganz und vor allem – eine Ausrichtung an der tatsächlichen Mehrheit, statt an der Mehrheit in der eigenen Blase. Zum anderen werden die Verantwortlichen zu arrogant und zu wenig einsichtig sein, um diese Rezepte zu übernehmen.

Publisher Logo

Dieser Artikel ist von Tichys Einblick

Klicke den folgenden Button, um den Artikel auf der Website von Tichys Einblick zu lesen.

Weitere Artikel