
Das Amtsgericht Schweinfurt hat einen Strafbefehl gegen eine Frau aus Coburg erlassen, weil sie ein Bild von Karl Lauterbach mit erhobenem rechten Arm in der Öffentlichkeit ausgestellt hatte. Die Staatsanwaltschaft vermutete dahinter den Versuch, einen Hitlergruß darzustellen, und beantragte einen Strafbefehl wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen nach Paragraf 86a des Strafgesetzbuches.
Das Amtsgericht erließ daraufhin den Strafbefehl über 3.500 Euro in 70 Tagessätzen – die Beschuldigte lehnte ab. Am 12. Mai kommt es deshalb zur Hauptverhandlung, wie das Gericht gegenüber Apollo News bestätigte. Der Grund für die Ablehnung des Strafbefehls: Das Standbild von Lauterbach war eine Momentaufnahme aus einer Rede des Bundesgesundheitsministers, das nicht den Hitlergruß darstellen, sondern den juristischen Umgang mit Gesten, die an das verbotene Zeichen erinnern könnten, vergleichen sollte.
Doch das ignorierte die Staatsanwaltschaft Schweinfurt. Für sie war das Zeigen des Standbildes der Versuch, den Hitlergruß öffentlich darzustellen. Die Beschuldigte soll damit willentlich bezweckt haben, dass die Geste von Passanten wahrgenommen werde, argumentiert die Staatsanwaltschaft. Bereits nach Lauterbachs Rede, die er am 22. Juni 2022 in Magdeburg hielt, hatte die Armbewegung für viel Aufsehen gesorgt und war mehrfach in den Sozialen Medien geteilt worden.
Zu diesem Video fällt mir nur eins ein:
TRETEN SIE ENDLICH ZURÜCK! #LauterbachRuecktrittSofort #LauterbachRausschmissSofort pic.twitter.com/Lzy5Xqn2U2
— Heimatgefühl (@HeimatliebeDE) June 22, 2022
Sogar Correctiv griff das verbreitete Standbild auf und kam zu dem Schluss: „Nein, Karl Lauterbach zeigte nicht den Hitlergruß“. Diese Schlussfolgerung lässt sich auch aus Aufnahmen der gesamten Rede ableiten. Hier ist zu sehen, dass Lauterbach die Geste nutzt, um sich an verschiedene Zuhörergruppen zu wenden. Und dennoch geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass die Beschuldigte mit dem gezeigten Bild einen Hitlergruß verbreiten wollte.
Tatsächlich war das Standbild von Lauterbachs Armbewegung jedoch auf dem Plakat neben die Berichterstattung über einen Querdenken-Redner gestellt worden, der zuvor in erster Instanz zu einer Geldstrafe von 5.000 Euro verurteilt worden war, weil er den Hitlergruß beim Winken gezeigt haben soll. Die vergleichende Gegenüberstellung hatte die Beschuldigte auf ein Plakat abgedruckt, das sie im März 2024 gezeigt hatte.
Links ist der Block zu dem Querdenken-Redner Michael F. mit der Frage „Hitlergruß? Justizwillkür?“ zu sehen, auf der rechten Seite ist das Lauterbach-Bild mit der Beschreibung „Lauterbachgruß“ platziert. Unter den beiden Texten ist wiederum eine zentrierte Schlussfolgerung zu lesen: „Auf alle Fälle: zweierlei Maß“, steht dort geschrieben.
Der Querdenken-Redner muss sich mittlerweile im bundesweit für Aufsehen sorgenden Reichsbürger-Prozess verantworten. Er soll an der Planung eines möglicherweise auch gewalttätigen Umsturzes beteiligt gewesen sein, die Verteidigung bestreitet das jedoch.
Gezeigt hatte der suspendierte Polizist die als Hitlergruß verstandene Geste auf einer Kundgebung im Oktober 2020, wo er von den Zuschauern aus betrachtet links auf der Bühne stand. Die Bewegung war hier wesentlich deutlicher als später bei Lauterbach.
Ob sie selbst gleich dran dachten, dass es komisch aussieht mit den Gesten? 😉#dd3110 pic.twitter.com/mtBAb6g1Kv
— Catman – @catman2024.bsky.social 📯 🪠 (@katzenklo_DE) October 31, 2020
Auf dem Plakat der Frau aus Coburg ging es jedoch auch nicht um die Frage, ob tatsächlich ein Hitlergruß gezeigt wurde, sondern wie streng die Strafverfolgung bei einer dahingehend interpretierbaren Geste in verschiedenen Fällen ausfällt. Denn: Der Querdenken-Redner hatte das Zeigen einer verbotenen Geste stets dementiert. Vielmehr habe es sich um eine winkende Geste gehandelt, sagte er vor Gericht. Der Richter tat das damals als „Quatsch“ ab.
Präsentiert wurde das jetzt beanstandete Plakat in einer Ausstellungsreihe mit dem Namen „Zitate der Schande“. Hier wurden verschiedene Politikeraussagen, vor allem zu Covid-19, mit dem Hinweis „hinterfrage alles“ versehen und öffentlich zur Schau gestellt. Die Plakatreihe war von der Initiative „Dialog für Zukunft“ ins Leben gerufen und von der Gruppe „Team Schild-Bürger“ übernommen worden. Weil die Beschuldigte den betroffenen Stand im März 2024 angemeldet hatte, wurde der Strafbefehl gegen sie ausgestellt.
In einer Pressemitteilung hatte „Dialog für Zukunft“ nach der Ausstellung des Strafbefehls dann mitgeteilt, weder sollte mit dem Bild ein Hitlergruß gezeigt werden, noch lässt sich dem Begleittext entnehmen, „dass wir vermitteln wollen, Karl Lauterbach zeige den Hitlergruß. Auch haben wir zu keinem Zeitpunkt während unserer Veranstaltungen eine dahingehende Aussage getätigt“.
Aufgenommen hatte die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen, nachdem ein Passant während einer Veranstaltung einer Gruppe der Beschuldigten auf das Plakat aufmerksam geworden war. Daraufhin erstattete er noch vor Ort Anzeige und die Polizei untersuchte den Stand, an dem das Plakat ausgestellt worden war, berichtete die Beschuldigte gegenüber Apollo News. Jetzt muss sie sich vor Gericht verantworten, die Klageschrift wurde noch nicht ausgestellt.