
Am Samstag trat Friedrich Merz beim Landesparteitag der CDU Niedersachsen auf. In seiner Rede in Osnabrück sprach er sich gegen Steuererhöhungen und für Reformen beim Bürgergeld aus. Zum Ergebnis der Bundestagswahl sagte er: „Wir hätten ein bisschen besser sein können“, doch das Ziel, stärkste Kraft zu werden, sei erreicht worden. In Deutschland könne „nicht nur Innenpolitik“ gemacht werden, man müsse politisch auf der ganzen Welt präsent sein. „Diesen Führungsanspruch stellen wir an uns selbst und den lösen wir auch ein, im Interesse der Wirtschaft“, so Merz. Wirtschaftspolitik sei Priorität. Mit dem bisher erreichten sei man nicht zufrieden.
Niemand solle sich Illusionen machen, wie groß die Herausforderungen seien. Denn Deutschland befinde sich im dritten Jahr der Rezession. „Wir sind in einer strukturellen Krise unserer Volkswirtschaft“. Deutschland sei nicht mehr weltweit führend in der Industrie. Die Rahmenbedingungen seien seit einer Dekade schlecht – damit übte er auch indirekt Kritik an den CDU-Regierungen unter Merkel.
Steuererhöhungen erteilte der Kanzler in seiner Rede eine klare Absage: „Es mag den einen oder anderen in der SPD geben, der Freude daran hat, über Steuererhöhungen zu reden. Mit dieser Bundesregierung unter meiner Führung wird es eine Erhöhung der Einkommenssteuer für mittelständische Unternehmen nicht geben.“ Ob er diese Worte einhalten wird, ist fraglich. Finanzminister Klingbeil hatte Steuererhöhungen bereits gefordert. Im Haushaltsentwurf für 2027 bis 2029 gibt es ein Defizit von 172 Milliarden Euro.
Außerdem forderte Friedrich Merz eine Reform des Bürgergeldes. Mehr Bezieher müssten wieder in Arbeit kommen. „Der Sozialstaat, wie wir ihn heute haben, ist mit dem, was wir volkswirtschaftlich leisten, nicht mehr finanzierbar.“ Das Regieren zusammen mit der SPD sei nicht einfach. „Es ist anstrengend – für die Sozialdemokraten mit uns übrigens auch. Und ich mach’s denen auch bewusst nicht leicht.“ Der CDU-Vorsitzende forderte, dass die SPD ihren Kurs ändern und „migrationskritisch und industriefreundlich“ werden solle.
Zum Thema Migration sagte er, dass man sich „nicht von falschen Zahlen irritieren“ lassen sollte. Man solle sich nicht davon irritieren lassen, wenn „vielleicht nur 500, 600 Zurückweisungen stattgefunden haben“. Wichtig sei das politische Signal, das durch die Einführung der Grenzkontrollen ausgesendet werde. Innenminister Dobrindt wies am 7. Mai die Bundespolizei an, auch Personen zurückzuweisen, die ein Asylgesuch äußern. Seitdem wurden 9.506 Personen zurückgewiesen, dennoch gab es 12.445 unerlaubte Einreisen. Von den zurückgewiesenen Personen hatten 474 ein Asylgesuch gestellt, wie aus einer Pressemitteilung hervorgeht. Trotz der unerlaubten Einreisen hat sich das Verhältnis zu den Zurückweisungen positiv entwickelt (Apollo News berichtete).
Deutschland hätte das Signal gesendet, dass man nicht immer in Deutschland bleiben könne, wenn man einmal hier ist, so Merz in seiner Rede auf dem CDU-Landesparteitag. Allerdings zeigen neue Zahlen der Süddeutschen Zeitung, dass 17 Prozent aller Migranten, die als Flüchtlinge zwischen 2014 und 2016 nach Deutschland kamen, mittlerweile einen deutschen Pass haben (mehr dazu hier).
Es brauche gezielte Einwanderung in den Arbeitsmarkt und nicht in die Sozialsysteme, so der Bundeskanzler. Merz will zeigen, dass die Probleme des Landes aus der Mitte heraus lösbar seien und man das Land weder den Linken noch den Rechten überlasse. „Unsere Demokratie steht vor einer wirklichen Bewährungsprobe“. Was man sich vornehme, das „geht nicht mit nationaler Politik allein“. Deutschland sei auf die Europäische Union angewiesen. Migrationspolitik könne nur mit Europa gelingen. Merz’ Rede ist von großen Ankündigungen geprägt, doch erscheint die Umsetzung der Versprechen fraglich.