Friedrich Merz setzt die SPD auf die stille Treppe

vor etwa 5 Stunden

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Bildquelle: Tichys Einblick

Die Jahre 2004 bis 2011 sind als die Ära der Super-Nanny in die TV-Geschichte eingegangen. Katharina Saalfrank domestizierte vor laufender Kamera die ganzen missratenen Kevins, Martzels und Chackelines. Wenn die es zu arg trieben, setzte die Super-Nanny sie auf die Stille Treppe. Ob sie da wirklich zur Einsicht kamen und bessere Menschen wurden, sei mal dahingestellt – aber immerhin hielten sie für eine Zeit die Klappe, was ja auch schon etwas ist.

Für Friedrich Merz waren die Jahre 2004 bis 2011 die frühe Zeit seiner inneren Emigration. Da begann er Angela Merkel auszusitzen und Annegret Kramp-Karrenbauer, Armisch Laschet und Olaf Scholz … In der Zeit lernte Merz. Zum Beispiel, dass der Wähler es nicht so sexy findet, wenn die Koalitionäre monatelang öffentlich um eine Lösung streiten, diese dann verkünden, aber nur Minuten später einer der Partner die Diskussion wieder eröffnet – als hätte es nie eine Einigung gegeben.

Nun ist Merz am Ziel und alles, was er sich je im Leben gewünscht hat: CDU-Chef, Kanzler und die Super-Nanny der Nation. Um Dinge besser zu machen als seine Vorgängernden, hat er zu einem besonderen Kniff gegriffen. Mit SPD-Chef Lars Klingbeil einigte er sich darauf, dass die beiden Koalitionspartner für die ersten hundert Tage ihrer Regierung nicht öffentlich über Inhalte streiten. Schließlich haben sie sich gerade erst auf einen Koalitionsvertrag geeinigt – und der solle gelten. Wenigstens für 100 Tage.

Die SPD sitzt jetzt also auf der Stillen Treppe und den meisten fällt es auch nicht schwer, für eine Zeit die Klappe zu halten. Die neuen Ministerinnen der SPD Verena Huber-Dingsda und Steffi Kenntkeinmensch haben schließlich die „Philipp Amthor Gesamtschule für aalglatten Politnachwuchs“ besucht. Auf der ist „Klappe halten, wenn der Chef es sagt“ Pflichtfach für Sozialdemokraten – und Huber-Kenntkeiner wie Dingsda-Hubig haben dieses Fach mit Eins abgeschlossen.

Nur Bärbel Bas schert aus. Die Arbeitsministerin ist in der SPD groß geworden unter wegweisenden Vorsitzenden wie Sigmar Gabriel, Martin Schulz oder Andrea Nahles. Da war es völlig in Ordnung, einen Koalitionsvertrag zu unterschreiben und dann alles das zu fordern, was da nicht drinsteht, weil man sich nicht mit dem Koalitionspartner darauf einigen konnte. Die großen Vorsitzenden hätten Bas höchstens dafür kritisiert, fünf Tage zu warten, bis sie ausschert. Einen eigenen Beschluss so lange nicht in Frage zu stellen, hätten sie als mediale Trägheit empfunden.

Wobei noch eine Frage offen ist: Woher weiß die Öffentlichkeit überhaupt, dass sich Merz und Klingbeil auf 100 Tage Stille Treppe geeinigt haben? Nun. Ein Koalitionär hat es der Bild ausgeplaudert und die hat berichtet, dass jemand gesagt hat, erstmal nichts sagen zu wollen. Was darauf schließen lässt, dass auch das nicht ganz so gut klappt, wie ursprünglich geplant.

Vielleicht kann Katharina Saalfrank da helfen. Die hatte ihre Show früher auf RTL – ist allerdings etwas abgerutscht. Auf RTL zwei. Aber mit „Helft uns!“ ist sie thematisch immer noch in dem Bereich, der CDU, CSU und SPD inhaltlich anspricht. Und das Abrutschen kennen Merz und Klingbeil. Schließlich führen sie ein Bündnis, das früher und heute „Große Koalition“ genannt wurde – nur früher halt ohne ironische Brechung.

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