Für diese Worte wurden deutsche Bürger durchsucht, vor Gericht gezerrt oder verurteilt

vor 2 Monaten

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Bildquelle: NiUS

Die Aussagen deutscher Staatsanwälte in einer US-Dokumentation von CBS News sorgen weltweit für Entsetzen. Die TV-Dokumentation begleitete US-Journalisten beim sogenannten „Aktionstag gegen Hasskriminalität im Netz“ – sie waren live dabei, als Wohnungen durchsucht und elektronische Geräte wie Handys und Laptops beschlagnahmt wurden.

Der Grund für diese Maßnahmen? Der betroffene Bürger hatte den falschen Inhalt im Netz verbreitet. Und er ist nicht allein: Überall in Deutschland sehen sich Bürger mit rechtlichen Konsequenzen konfrontiert, weil sie Karikaturen, Meinungen oder andere Inhalte geteilt haben.

NIUS hat über zahlreiche Fälle bereits berichtet. Um sich nochmal ein Bild davon machen zu können, für welche Worte deutsche Bürger durchsucht, verklagt oder verurteilt wurden, hier eine kleine Auswahl:

Robert Habeck zeigte den Journalisten Rainer Meyer alias Don Alphonso an, weil er sich durch einen Tweet beleidigt fühlte, wie NIUS berichtete. Meyer hatte geschrieben, Habecks äußere Erscheinung falle „in einer Ansammlung von Bahnhofsalkoholikern nicht negativ auf“. Ein Amtsgericht verurteilte ihn zunächst zu einer Geldstrafe von 3200 Euro.

Doch Meyer legte Berufung ein – mit Erfolg. Das Münchner Landgericht entschied in zweiter Instanz, dass der Tweet von der Meinungsfreiheit gedeckt sei. Meyer betonte, er hätte sich notfalls bis vors Bundesverfassungsgericht gekämpft, um sich gegen die Klage zu wehren.

Für ihn ist der Fall eine Grundsatzfrage: „Wäre Habeck damit durchgekommen, hätte man das Tor zur Hölle geöffnet.“ Die Kosten des Verfahrens trägt nun voraussichtlich der Steuerzahler.

Im November 2024 berichtete NIUS über den Fall von Stefan Niehoff, dessen Wohnung von der Kriminalpolizei durchsucht wurde, weil er Wirtschaftsminister Robert Habeck in einem Retweet als „Schwachkopf“ bezeichnet hatte.

Um 6:15 Uhr morgens standen die Beamten vor Niehoffs Tür. Er erinnert sich: „Ich dachte, ich bin in einem ganz schlechten Film.“ Die Staatsanwaltschaft ermittelte wegen des Verdachts auf Volksverhetzung. Niehoff zeigte sich fassungslos über die Maßnahmen und betonte, er habe lediglich seine Meinung geäußert.

Wegen des Teilens dieses Memes gab es eine Hausdurchsuchung.

Ein Student wollte auf die Doppelmoral im Umgang mit Judenhass aufmerksam machen – und bekam dafür ein Strafverfahren. An einem Mittwochmorgen klingelte es an der Tür von David Duhme. Vor ihm standen Polizeibeamte, die ihm erklärten, dass er wegen der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen beschuldigt werde.

Der Grund: Duhme hatte eine Karikatur in den sozialen Medien veröffentlicht, die die unterschiedliche Bewertung von eliminatorischem Judenhass thematisierte.

Seine Botschaft lautet zusammengefasst: Wolle jemand wie die Nazis Juden auslöschen, sei das schrecklich; forderten Hamas-Terroristen dasselbe, werde das von vielen Linken unterstützt.

Der besagte mittlerweile gelöschte Post.

Im idyllischen Gmund am Tegernsee rückte die Polizei zu einer Hausdurchsuchung an, weil ein bayerischer Unternehmer auf seinem eigenen Grundstück zwei Spottplakate über die Grünen aufgehängt hatte.

Eines der Plakate zeigte die damalige Vorsitzende der Grünen, Ricarda Lang, auf einer Dampfwalze sitzend – mit der Aufschrift: „Wir machen alles platt.“ Daneben: Wirtschaftsminister Robert Habeck mit leeren Taschen, Außenministerin Annalena Baerbock als nerviges Kleinkind und Landwirtschaftsminister Cem Özdemir mit einer Möhre im Kopf.

Das zweite Plakat enthielt ein Zitat von Habeck und die provokante Frage, ob er überhaupt bis drei zählen könne.

Die Konsequenz: Hausdurchsuchung und eine Geldstrafe von rund 6000 Euro.

Ein Mann aus Hessen (Name der Redaktion bekannt) teilte zahlreiche polit-satirische Sharepics und Text-Kacheln mit scharfen Witzen über Politiker. Doch nur ein Post hatte Folgen: Eine Satire über „Dick & Doof“ brachte ihm eine Strafanzeige ein.

Die ehemalige Grünen-Chefin, Ricarda Lang, hatte die Anzeige wegen „gegen Personen des politischen Lebens gerichteter Beleidigung, übler Nachrede und Verleumdung“ nach § 188 StGB persönlich abgesegnet, wie aus der NIUS vorliegenden Strafanzeige hervorgeht.

Der Betroffene hält die Reaktion für überzogen: „Das ist vollkommen übertrieben vom Staat: Haben wir noch eine freie Meinungsäußerung oder sind wir schon in der DDR?“, sagte er im Gespräch mit NIUS. Und weiter: „Der Beitrag ist offensichtlich eine humorvolle Satire, die ich nur geteilt und nicht einmal selbst erstellt habe. Ich mache mir wirklich Sorgen, wenn wir nicht einmal mehr über die Mächtigen Scherze machen dürfen.“

Die Staatsanwaltschaft Darmstadt zeigte sich bereit, das Verfahren nach § 153a StPO unter Auflagen einzustellen. Der Mann sollte 300 Euro an ein Kinderhospiz im Allgäu spenden – dann wäre die Sache erledigt.

Ein Screenshot des Facebook-Beitrages, den Ricarda Lang zur Anzeige gebracht hat.

Ein Mann aus Sachsen-Anhalt kommentierte im April 2023 auf X (früher Twitter) einen Beitrag mit den Worten: „Herr Habeck, Sie sind so ein verlogenes Stück 💩.“ Die Debatte um das sogenannte „Heizungsgesetz“ war zu diesem Zeitpunkt in vollem Gange.

Wie aus den NIUS vorliegenden Unterlagen hervorgeht, hatte Robert Habeck den Strafantrag gegen das Emoji-Posting selbst veranlasst.

Das Amtsgericht Bitterfeld-Wolfen verhängte daraufhin einen Strafbefehl mit einer Geldstrafe von 600 Euro wegen „gegen Personen des politischen Lebens gerichtete Beleidigung, übler Nachrede und Verleumdung“ nach § 188 StGB. Der Mann nahm die Strafe an, „um noch höhere Anwaltskosten zu vermeiden“, wie er gegenüber NIUS erklärte.

Im Strafbefehl heißt es wörtlich: „Der Zeuge Habeck fühlt sich durch die Äußerung und insbesondere durch die Verwendung des Emojis in seiner Ehre verletzt und stellt Strafantrag gegen Sie wegen Beleidigung.“ Zudem sei dem Mann bewusst gewesen, „dass es sich bei dem Zeugen Habeck um einen Bundesminister handelt und Ihr Kommentar geeignet ist, dessen Wirken als Bundesminister in der Öffentlichkeit zu erschweren“.

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