
Das Hamburger Oberlandesgericht hat eine Schlüsselszene der ARD-Dokumentation „Masterplan – Das Potsdamer Treffen und seine Folgen“ untersagt. Die darin enthaltene Darstellung sei „unwahr“ und verletze das Persönlichkeitsrecht des Staatsrechtlers Dr. Ulrich Vosgerau, der bei dem „Geheimtreffen“ von Potsdam beteiligt war. Der Beschluss des Gerichts datiert auf den 19. Juni 2025 und liegt NIUS vor.
In der von Vosgerau beanstandeten Passage der Doku wird zunächst die Frage gestellt: „Woher weiß Correctiv, was dort besprochen wurde?“ Darauf folgen mehrere Statements von Correctiv-Journalisten zum Quellenschutz, anschließend ein O-Ton von Vosgerau, in dem er sagt, man müsse davon ausgehen, „dass die Information an Correctiv vom Verfassungsschutz selber gekommen ist.“ Durch diese Montage entstehe beim Zuschauer der Eindruck, Vosgerau unterstelle dem Verfassungsschutz, das Treffen heimlich abgehört zu haben.
Dabei geht es dem Juristen um etwas anderes: Tatsächlich habe Vosgerau laut Gericht lediglich vermutet, dass Correctiv über Ort und Zeit des Treffens informiert worden sei, nicht aber über Inhalte. Seine aus dem Kontext gerissene Aussage bezog sich auf einen Hinweis an Correctiv zur Veranstaltung selbst und den (vermeintlich erfolglosen) Versuch, diese per Richtmikrofon abzuhören.
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Die Darstellung sei „unwahr“ und verletze das Persönlichkeitsrecht von Dr. Ulrich Vosgerau, urteilte das Gericht.
Das Oberlandesgericht betonte, dass dieser falsche Eindruck auch im weiteren Verlauf des Beitrags nicht korrigiert werde. Es sei für Zuschauer nicht erkennbar, dass mit Vosgeraus Statement ein neuer Abschnitt beginne. Da audiovisuelle Beiträge – anders als Print – keine Möglichkeit zum „Zurückblättern“ böten, wiege ein solcher manipulativer Schnitt besonders schwer.
Die Dokumentation entstand unter Regie von Volker Heise für die Produktionsfirma zero one GmbH, in Koproduktion mit dem NDR und dem SWR. Gegen alle Beteiligten richtet sich das gerichtliche Verbot. Die einstweilige Verfügung erfolgte ohne mündliche Verhandlung wegen besonderer Dringlichkeit. Der Streitwert wurde auf 50.000 Euro festgesetzt.
Der Anwalt von Dr. Vosgerau, Dr. Carsten Brennecke, kritisierte die beteiligten Sender scharf:
„Obwohl die Kernaussagen des Correctiv-Berichts längst auch durch gerichtliche Entscheidungen widerlegt sind und der Correctiv-Bericht von Medienjournalisten negativ bewertet wurde, versuchen SWR und NDR in Zusammenarbeit mit zero one dennoch, das falsche Bild einer seriösen Correctiv-Berichterstattung irgendwie aufrechtzuerhalten. Das zeigt, dass man beim SWR und NDR nichts dazugelernt hat. Und das, obwohl zahlreiche Falschaussagen, die durch den irreführenden Correctiv-Bericht verursacht wurden, ausgerechnet auch dem SWR und NDR verboten wurden. Dass die Dokumentation zudem gerichtlich verbrieft eine klare Desinformation mit einer Falschbehauptung zu Lasten Vosgeraus enthält, rundet das negative Gesamtbild der Produktion ab.“
Das Gericht gab Vosgerau hinsichtlich dieser Passage recht. „Der erweckte Eindruck ist unstreitig unwahr“, heißt es im Beschluss. „Der Antragsteller hat nicht gemutmaßt, dass der Verfassungsschutz Correctiv über den Inhalt der bei dem Treffen geführten Gespräche informiert habe.“
Es ist einer von mehreren Siegen, die Vosgerau gemeinsam mit seinen Anwälten im Nachgang der Correctiv-Recherche erstritten hatte, darunter etwa gegen Correctiv oder den NDR. Inzwischen haben zahlreiche Medien die Lesart des von Correctiv kolportierten Treffens infrage gestellt – und Gegenrecherchen angestoßen, die die skandalisierende Lesart anzweifeln.
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