
Der AfD-Kandidat für die Oberbürgermeisterwahl in Ludwigshafen, Joachim Paul, darf nicht antreten. Das Verwaltungsgericht Neustadt hat seinen Eilantrag abgelehnt. Der Wahlausschuss hatte Zweifel an seiner Verfassungstreue.
Dazu war dem Wahlausschuss vom Landesamt für Verfassungsschutz eine Handreichung erteilt worden, in der die Verfassungstreue Pauls bezweifelt wurde. Anführt wurde, dass er sich in einer Bildungsveranstaltung um das Nibelungenlied gekümmert hat, von einem politisch fragwürdigen Kamerateam der Zeitschrift Compact beobachtet. Ähnliche, vermeintliche gegen die Verfassung gerichtete Indizien wurden zusammengetragen. Hauptargument ist, er fokussiere sich auf die „ethnokulturelle Identität“ als zentrales Zugehörigkeitsmerkmal zur Gemeinschaft. Mit anderen Worten: Deutsche stünden im Mittelpunkt seiner Bemühungen, nicht Zuwanderer und Ausländer.
Sein Walkreisbüro in Koblenz sei zu einer bedeutenden Veranstaltungs- und Vernetzungsörtlichkeit herangewachsen, in der Veranstaltungen der „Neuen Rechten“ stattfänden. Hier wird also mit Begriffen operiert, die einer Überprüfung nicht standhalten, wie der politische Kampfbegriff „Neue Rechte“. Es galt bislang als verfassungskonform, sich politisch nicht-links oder nicht-grün zu verorten. In Rheinland-Pfalz kann dies neuerdings zum Verlust des passiven Wahlrechts führen, in dem der Begriff der Verfassungstreue ausgeweitet wird und jede kritische Position erfassen kann.
Der Wahlausschuss Ludwigshafen hatte am 5. August 2025 entschieden, den AfD-Kandidaten nicht zur Oberbürgermeisterwahl am 21. September 2025 zuzulassen. Nach der rheinland-pfälzischen Gemeindeordnung kann nur ins Bürgermeisteramt gewählt werden, wer die Gewähr dafür bietet, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes einzutreten. Der Wahlausschuss sah diese Gewähr bei Paul nicht gegeben. Paul, ein Beamter im Schuldienst und Mitglied des Landtags von Rheinland-Pfalz ist schon in als Beamter zur Verfassungstreue verpflichtet; Verstöße sind nicht bekannt.
Der Wahlausschuss, so das Gericht, könne ja nach der Wahl seine Beschwerde verhandeln.
Es ist ein zynisches Urteil. Die politische Entscheidung wird auf Wahlausschüsse verlagert. Nach den Regelungen in Rheinland-Pfalz, ähnlich wie in allen Bundesländern, führen dort meist Landräte und Bürgermeister den Vorsitz; Mitglieder sind die Vertreter von Parteien und Wählergruppen, wenn „möglich nach“ dem Verhältnis ihrer früher in Wahlen gewonnen Stärke. Mit anderen Worten: Im SPD-geführten Rheinland-Pfalz entscheiden SPD- und auch CDU-Mitglieder über Zulassung von Konkurrenten.
Im Tonfall ironisch und von oben herab verkündet das Gericht, die „Verfolgung der subjektiven Rechte Einzelner“ wie der Versuch von Paul, sich wählen zu lassen, müsse „gegenüber der Notwendigkeit zurücktreten, die Stimmen einer Vielzahl von Bürgerinnen und Bürgern in einer einheitlichen, wirksamen Wahlentscheidung zusammenzufassen.“ Das Recht des Individuums wird dem kollektiven Wunsch hintangestellt. Darüber entscheiden dann die Wahlausschüsse.
Die in der Vergangenheit gewählten Lokalpolitiker können sich also ihre Ämter und Pfründe dadurch sichern, indem sie Konkurrenz-Parteien einfach ausschließen. Denn Wahlmöglichkeit gefährdet offensichtlich „einheitliche Wahlentscheidungen“. Die Prüfung des Wahlausschusses sei zeitaufwändig, so das Gericht, das sich nicht mit der Sicherstellung freier und geheimer Wahlen beschäftigen will.
Paul hat angekündigt, er werde die nächste Instanz anrufen. Gegen den Beschluss kann innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Beschwerde beim OVG Rheinland-Pfalz eingelegt werden, aber nur formal. Vermutlich kann Paul sich dieses Vorgehen sparen. Der Präsident des Landesverfassungsgerichts, Lars Brocker, habe sich für seine Wahl durch die SPD-geführte Landtagsmehrheit bereits gefällig gezeigt, kritisierte die Juristin Sylvia Kaufhold, Mitbegründerin der Werte-Union: Die frühere Ministerpräsidentin Manuela Dreyer darf seit eines Urteil des Gerichts gegen die AfD zum „Kampf gegen Rechts“ aufrufen; dies verletze nach Ansicht des Gerichts nicht nicht das Neutralitätsgebot für Amtsträger.