
Die Moderatorin Julia Ruhs könnte sich vorstellen, dass es eine politische Einflussnahme gab, die dazu führte, dass sie beim NDR nicht mehr die Sendung „Klar“ moderieren darf. „Ich glaube, dass SPD und Grüne beim NDR sehr genau hingeschaut haben. Ihnen gefiel nicht, wie wir das Format umgesetzt haben“, sagt sie im Interview mit Cicero.„Also wurde die Ansage gemacht: Meinungsvielfalt ist schön und gut – aber wir bestimmen, wo sie aufhört“.
Ruhs berichtet, dass es sie schockiert habe, dass der Sender sie als Moderatorin der Sendung abgesetzt habe. Sie finde es irre. Denn aus Perspektive von Menschen, die den öffentlich-rechtlichen Sendern kritisch gegenüberstehen, wirke das wie eine sich erfüllende Prophezeiung. Das Treffen von 250 Mitarbeitern im April, bei dem ein Protestbrief gegen sie unterzeichnet wurde, wird teilweise als „Gründonnerstags-Tribunal“ bezeichnet, erzählt sie.
Ein Kollege des BR, der vor Ort war, erzählte ihr hinterher, dass er so etwas in seiner gesamten Karriere noch nicht erlebt habe. „Es sei eskaliert, man könne es nicht anders sagen. Und für viele, gerade linkere Redakteure im NDR, war ich von Anfang an ein Dorn im Auge.“ Als Bayerin sei ihr von Anfang an aus ihrer Sicht beim norddeutschen Sender eine gewisse Skepsis entgegengebracht worden. „Manche hielten mich offenbar gleich für ,halb rechtsradikal’. Das zeigt, wie sehr politische Gründe eine Rolle spielten.“
Kollegen, die sie in der Öffentlichkeit kritisiert hätten, hätten nie privat das Gespräch mit ihr gesucht. Sie sei eine Projektionsfläche für „die böse Rechtspopulistin“ gewesen. Populismus heiße, „nah am Volk zu sein – das ist nichts Schlechtes“. Es mache sie fassungslos, dass der NDR es ignoriere, dass selbst Anhänger von Grünen und SPD mehrheitlich die drei Folgen von „Klar“ gut fänden. Das hat eine repräsentative Umfrage ergeben. „Das zeigt mir, dass nicht das Publikum zählt, sondern politische Befindlichkeiten“, sagt Ruhs gegenüber dem Cicero.
Dem Sender fehle es an innerer Stärke, konservative Positionen auszuhalten. Auch die anderen konservativ eingestellten Journalisten ihres Teams beim NDR werden die Arbeit an der Sendung nicht fortsetzen, sagt Julia Ruhs. Trotz der Erfahrung mit dem NDR wolle sie beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk bleiben, sie wolle sich nicht vertreiben lassen.