
Wirtschaftsminister Robert Habeck hat von einem „beispiellosen Angriff auf unsere Energieversorgung“ durch Putins Russland gesprochen. Die Bundesregierung habe „den Angriff abgewehrt“. Habeck inszeniert sich als Retter in der Not, dabei hat es den „Angriff“ so nie gegeben.
Schon im Juni 2022 hatte Habeck die reduzierten Gaslieferungen Russlands als „ökonomischen Angriff“ auf Deutschland bezeichnet: „Die Reduktion der Gaslieferung durch Nord Stream 1 ist eben auch ein Angriff auf uns.“ Die Drosselung der Liefermenge war damals allerdings nur temporär. Russland nutze seine Macht, um Deutschland und Europa zu erpressen, meinte Habeck damals.
Tatsächlich hatte sich Deutschland unter Angela Merkel und Olaf Scholz in die Gas-Abhängigkeit von Wladimir Putin begeben. Selbst nachdem er Bundeskanzler wurde, verteidigte Scholz den Bau der Russen-Pipeline Nord Stream 2. Und nach Beginn des Ukrainekriegs war es die EU gewesen, die in mehreren Tranchen harte Wirtschafts- und Finanz-Sanktionen gegen Russland beschlossen hatte. Nun kündigte Scholz an, „diese Abhängigkeit zu beenden, so schnell wie das nur irgend geht“. Putin wolle die Energielieferungen „als Waffe nutzen“, meinte Scholz im Oktober 2022, der Kreml-Chef würde Deutschland erpressen.
Bundeskanzler Olaf Scholz beklagte die „Erpressung“ durch Putin, dabei hat er das mit der Regierung Merkel erst in die Abhängigkeit geführt.
Was durchaus möglich ist. Andererseits hatte Außenministerin Annalena Baerbock bereits im Mai 2022 bei einem Besuch in Kiew erklärt, Deutschland werde „mit allen Konsequenzen“ und „für immer“ auf russische Energie verzichten und künftig komplett ohne Energie des „Aggressors“ Russland auskommen. Noch 2023 bot Putin – ob ernsthaft oder aus taktischen Gründen – erneut Gaslieferungen durch den letzten noch intakten Strang der Ostseepipeline Nord Stream 2 an: Russland sei bereit, durch die Leitung 27 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr zu pumpen, die Entscheidung liege aber bei Deutschland.
Jetzt erweckt die Bundesregierung den Eindruck, als habe uns Putin mutwillig den Gashahn zugedreht. In der Talkshow von Maybrit Illner sagte Scholz soeben: „Na, jetzt finde ich, sollten Sie Herrn Putin nicht ganz rauslassen, der hat die Gaslieferungen nach Deutschland eingestellt.“
Robert Habeck formulierte diese Darstellung noch dreister: In einem Video, in dem er „Impulse für eine Modernisierungsagenda“ darlegte, sagte er wörtlich:
„Zwei Jahre nach einem beispiellosen Angriff auf unsere Energieversorgung durch Putins Russland schlagen die strukturellen Probleme, die viele Jahre ignoriert wurden, voll ins Kontor. (…) Die Bundesregierung hat Putins Angriff auf die Energieversorgung abgewehrt.“
In einer Pressekonferenz im Wirtschaftsministerium am Mittwoch sagte er es ganz ähnlich:„Und nach dem Angriff auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Landes von Wladimir Putin durch das Abstellen des Gases hat sich in den letzten anderthalb Jahren viel getan. Wir haben diesen Angriff von Putin mit einer großen gemeinsamen Kraftanstrengung abgewehrt.“
Einen Angriff, den es, siehe oben, so gar nicht gab. Habeck, der selbst ein ums andere Mal „Fake News“ beklagt, hat, um sich als Retter zu gerieren, etwas erfunden, was an inszenierte Vorfälle der Geschichte erinnert – wie etwa den „Tonkin-Zwischenfall“ im August 1964.
Damals hatten nordvietnamesische Torpedoboote an der Küste Nordvietnams amerikanische Kriegsschiffe angeblich grundlos beschossen. Eine, wie sich später mit Veröffentlichung der Pentagon-Papiere herausstellte, bewusste Falschmeldung, mit der das amerikanische Eingreifen an der Seite des südvietnamesischen Verbündeten in den Bürgerkrieg mit dem kommunistischen Norden begründet wurde.
Der „Tonkin-Zwischenfall“ wurde 1964 erfunden, um die USA in den Vietnamkrieg zu ziehen.
Dass Deutschland kein russisches Gas mehr nutzt, ist übrigens ein Irrglaube: Das meiste Gas importiert Deutschland aktuell aus Norwegen, den Niederlanden und Belgien. Dort liegen große Häfen, in denen Schiffe das Flüssigerdgas (LNG) anlanden. Von den Häfen gelangt das Gas über Pipelines auch nach Deutschland.
Wie es 2023 im Bayerischen Rundfunk hieß, stammen etwa vier Prozent des hierzulande eingelagerten Erdgases direkt aus russischen Tankschiff-Lieferungen und eine unbestimmte Menge indirekt aus Häfen wie dem belgischen Brügge. Außerdem erreichen große Mengen Öl über Russland und die Druschba-Pipeline zudem die ostdeutsche Raffinerie in Schwedt.
Robert Habeck wird das wissen. Trotzdem führt mit seiner Behauptung, einen „Angriff Russlands abgewehrt“ zu haben, der nie stattfand, Presse und Bürger in die Irre. Er versucht davon abzulenken, dass es seine Politik ist, die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Landes gefährdet – und wenig sonst.
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