„Zulässige Meinungsäußerung“: Trusted Flagger HateAid will NIUS zensieren und scheitert vor Gericht

vor 10 Tagen

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Bildquelle: NiUS

HateAid wurde gerade erst als Trusted Flagger zugelassen und ist nun bereits bei dem Versuch gescheitert, eine kritische Berichterstattung von NIUS gerichtlich untersagen lassen. Der Gerichtsbeschluss belegt, dass die Warnungen vor einer Zensur durch die Trusted Flagger begründet sind.

Der Fall ist deshalb von Bedeutung, weil HateAid als Trusted Flagger über Aussagen in sozialen Netzwerken wachen und überprüfen soll, welche Beiträge strafrechtlich relevant sind. Schätzt ein Trusted Flagger einen Beitrag im Netz als strafrechtlich relevant ein, kann er bei der Plattform auf Entfernung drängen. Kritiker bemängeln, dass hier eine Art paralleler Strafverfolgung in privater Hand entsteht, die dazu dient, gegen rechtlich erlaubte, kritische Meinungsäußerungen vorzugehen. Der aktuelle Beschluss des Landgerichts macht deutlich, wie begründet diese Befürchtungen sind.

Im konkreten Fall störte sich HateAid an einem NIUS-Artikel mit dem Titel „Diese SPD-Ministerin wäre für die Meinungsfreiheit noch gefährlicher als Nancy Faeser“ aus dem April. Darin berichtete NIUS über die SPD-Politikerin Sonja Eichwede, die nach Abschluss der Koalitionsverhandlungen als Anwärterin auf das Justizministerium gehandelt wurde. Sie hatte sich in der Vergangenheit gegen sogenannten „Hass im Netz“ ausgesprochen und sich in diesem Zusammenhang über die Organisation HateAid positiv geäußert und deren Förderung bejubelt.

Zwei Äußerungen aus dem NIUS-Text wollte HateAid untersagen lassen. NIUS hatte geschrieben:

„HateAid ist eine gemeinnützige GmbH, die allein bis 2024 gut 4,7 Millionen Euro Steuergeld erhielt. Offiziell kämpft sie gegen ‚Hass im Netz‘. Tatsächlich aber hilft sie vor allem linken Politikern dabei, gegen Äußerungen von Bürgern vorzugehen und Präzedenzfälle zu schaffen. So unterstützte sie etwa Wirtschaftsminister Robert Habeck, der über 800 Anzeigen wegen Äußerungsdelikten erstattete, etwa gegen Bürger, die ihn als ‚Schwachkopf‘ bezeichneten oder gegen Journalisten, die ihn mit einem ‚Bahnhofsalkoholiker‘ verglichen.“

Robert Habeck erklärte 2024, mit HateAid zusammenzuarbeiten.

Bei der Aussage, dass HateAid „vor allem linken Politikern dabei (hilft), gegen Äußerungen von Bürgern vorzugehen“, handelt es sich in den Augen der Organisation um eine Falschaussage, die HateAid „schwer und nachhaltig“ schade. Die Begründung: Nur ein geringer Prozentsatz der von HateAid unterstützten Personen seien Politiker. Das Landgericht entschied jedoch, dass es sich bei dem Satz um eine „zulässige Meinungsäußerung“ handelt – schon deshalb, weil für diese Meinungsäußerung „hinreichende Anknüpfungstatsachen“ bestünden: Denn HateAid gibt selbst zu, Amts- und Mandatsträger zu unterstützen. Die Einschätzung von NIUS ist also nicht aus der Luft gegriffen.

Die zweite Aussage, die HateAid angriff, bezog sich auf den ehemaligen grünen Wirtschaftsminister Habeck. Die Organisation monierte den Satz: „So unterstützte sie etwa Wirtschaftsminister Robert Habeck, der über 800 Anzeigen wegen Äußerungsdelikten erstattete, etwa gegen Bürger, die ihn als ‚Schwachkopf‘ bezeichneten oder gegen Journalisten, die ihn mit einem ‚Bahnhofsalkoholiker‘ verglichen.“ HateAid gab an, Habeck zwar unterstützt zu haben, aber nicht bei 800 Anzeigen wegen Äußerungsdelikten und auch nicht bei den Fällen „Schwachkopf“ und „Bahnhofsalkoholiker“. Dies hatte NIUS allerdings auch nie behauptet.

Entsprechend fiel der Beschluss des Landgerichts Berlin aus: Auch hierbei handle es sich um eine von Artikel 5 des Grundgesetzes geschützte Meinungsäußerung, die nicht untersagt werden dürfe. Dabei komme es nicht einmal darauf an, dass sich die Satzteile nach dem Komma („der über 800 Anzeigen wegen Äußerungsdelikten erstattete, etwa gegen Bürger, die ihn als ‚Schwachkopf‘ bezeichneten oder gegen Journalisten, die ihn mit einem ‚Bahnhofsalkoholiker‘ verglichen“) allein auf Habeck beziehen, nicht aber auf die Unterstützung durch HateAid.

Der Habeck-Vertraute Klaus Müller leitet die Bundesnetzagentur und ist für die Ernennung von Trusted Flaggern zuständig.

Das Gericht betont zudem, dass NIUS mit seiner Berichterstattung ein „öffentliches Informationsanliegen“ verfolge: „Es kommt schließlich hinzu, dass die Presse- und Medienfreiheit der Antragsgegnerin im Kern betroffen wäre, wenn ihr die Äußerung ihrer Meinung und der Bewertung der von der Antragstellerin vorgenommenen Unterstützungshandlungen gerichtlich untersagt wurde.“ Das bedeutet: Das Gericht hielte es für eine Einschränkung der Pressefreiheit, NIUS die Aussagen zu verbieten, die HateAid untersagen lassen wollte.

Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig, HateAid kann binnen zwei Wochen Rechtsmittel einlegen.

Der Beschluss wirft ein Schlaglicht auf die Arbeit der Trusted Flagger, die mit einer Fülle an Befugnissen ausgestattet sind. So dürfen sie etwa auch soziale Netzwerke mit künstlicher Intelligenz durchsuchen, um vermeintlicher Hassrede auf die Schliche zu kommen. Im Leitfaden der zuständigen Bundesnetzagentur wird von den Trusted Flaggern ausdrücklich gefordert: „Sie sollten auch erläutern, wie Sie sicherstellen, dass Sie Ihre Überwachung nicht unangemessen konzentrieren, sondern angemessene Bewertungsmaßstäbe anwenden und dabei alle legitimen Rechte und Interessen berücksichtigen.“

Insbesondere die Meinungs- und Pressefreiheit stellen solche „legitimen Rechte“ dar, die geschützt werden müssen. Dass der Trusted Flagger HateAid nun kritische Aussagen über sich selbst zensieren lassen will, bei denen es sich nach Ansicht des Landgerichts um vollkommen zulässige Äußerungen handelt, belegt genau das, wovor Kritiker stets warnten: Die Trusted Flagger haben es nicht bloß auf Straftaten, sondern auf abweichende Meinungen abgesehen.

Lesen Sie auch: Die Bundesregierung sagt die Unwahrheit, um ihre Zusammenarbeit mit HateAid zu verschleiern

Lesen Sie hier den Text, den HateAid in Teilen verbieten lassen wollte.

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