Haushaltsnotlage und Reform der Schuldenbremse: Scholz ruft eine neue „Zeitenwende“ aus – und sagt ein entscheidendes Wort

vor 2 Monaten

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Bundeskanzler Scholz hat am Donnerstagabend offensiv eine unverzügliche Haushaltsnotlage und eine Reform der Schuldenbremse gefordert. Er tue dies vor dem Hintergrund der Ereignisse der letzten 24 Stunden, betonte Scholz.  Der Kanzler sprach von einer zweiten „Zeitenwende“.

„Präsident Trump hat Gespräche mit Präsident Putin über ein Ende des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine aufgenommen“, erklärte Scholz in einem kaum beachteten Statement aus dem Bundeskanzleramt. „Fast zeitgleich hat der amerikanische Verteidigungsminister der Ukraine Gebietsabtretungen nahegelegt und auch über die Entsendung von Truppen gesprochen. Zudem hat er klare Erwartungen an uns Europäer formuliert, um den Erfolg der NATO und 75 Jahre Friedenssicherung im nordatlantischen Raum auch in Zukunft fortzuschreiben. Diese Entwicklungen kommen für uns nicht unerwartet, erfordern aber eine schnelle, klare und entschlossene Positionierung Europas – nicht irgendwann, sondern jetzt.

Mit dem amerikanischen Präsidenten bin ich mir einig: Der russische Krieg gegen die Ukraine muss so schnell wie möglich enden. Das Sterben und Blutvergießen müssen ein Ende haben. Niemand sehnt sich mehr nach Frieden als die Ukraine“, erklärte Scholz. „Doch ebenso klar ist: Ein Sieg Russlands oder ein Zusammenbruch der Ukraine würde keinen Frieden bringen. Im Gegenteil – es würde Frieden und Stabilität in ganz Europa gefährden.

Deshalb müssen wir unsere Interessen in den bevorstehenden Verhandlungen selbstbewusst und entschlossen vertreten. Wir Europäer sind es, die die Ukraine am stärksten unterstützen – und das werden wir weiterhin tun, solange es nötig ist und auch über einen möglichen Friedensschluss hinaus.“ „Nichts über die Ukraine ohne die Ukrainer und nichts über Europa ohne die Europäer“– dieser Grundsatz gelte, so Scholz. „Ein Frieden muss langfristig halten und die Souveränität der Ukraine sichern.Ein Diktatfrieden wird niemals unsere Unterstützung finden. Wir werden uns auch auf keine Lösung einlassen, die zu einer Entkopplung der europäischen und amerikanischen Sicherheit führt – denn davon würde nur einer profitieren: Präsident Putin.“

Ich erwarte von den anderen demokratischen Parteien, dass sie diesen Vorschlag unterstützen.

Neben der Frage eines gerechten Friedens für die Ukraine ginge es auch um „fundamentale Fragen der europäischen Sicherheit und die Zukunft der transatlantischen Allianz.“ Denn „die Amerikaner haben auch recht: Wir Europäer müssen mehr zur Stärke der Allianz und damit zur Sicherheit Europas beitragen. Das liegt in unserem eigenen Interesse. Ohne Sicherheit ist alles andere nichts. Deshalb habe ich vor drei Jahren in meiner Zeitenwende-Rede im Bundestag angekündigt, dass Deutschland mehr in die eigene Sicherheit und in die des transatlantischen Bündnisses investieren wird.“

Das habe seine Regierung auch getan – aber „damit Europa für die USA ein Partner auf Augenhöhe bleibt, müssen wir erheblich mehr leisten – für unsere Sicherheit, für unseren Frieden.“ Er habe dafür Vorschläge gemacht – die müsse man unverzüglich umsetzen. „Durch die jüngsten Entwicklungen und die Äußerungen der US-Regierung kann diese Frage nicht länger vertagt werden. Wir müssen sie beantworten – und zwar jetzt.“

Vor diesem Hintergrund fordert Scholz „Erstens: Wir brauchen eine Reform der Schuldenbremse, um Investitionen in Sicherheit und Verteidigung davon auch auszunehmen. Ich erwarte von den anderen demokratischen Parteien, dass sie diesen Vorschlag unterstützen. Es geht um den Frieden und die Sicherheit unseres Landes. Zweitens: Der Bundestag sollte schnellstmöglich einen Beschluss fassen, wonach der Krieg in der Ukraine und seine schwerwiegenden Folgen für die Sicherheit Deutschlands und Europas als Notlage im Sinne des Artikel 115 Absatz 2 des Grundgesetzes eingestuft werden. Das führt dazu, dass unsere Unterstützung für die Ukraine, die heute wichtiger ist denn je, nicht länger zu Lasten der anderen Aufgaben geht, die unser Staat gegenüber den eigenen Bürgerinnen und Bürgern zu erfüllen hat.“  Außerdem fordert Scholz eine stärkere Europäische Rüstung und Verteidigungsindustrie: Man müsse die Diskussion in der EU vorantreiben und schnell zu wirksamen Ergebnissen kommen.

„Ich habe als Bundeskanzler geschworen, Schaden vom Deutschen Volk abzuwenden.“ Deshalb habe er im Februar 2022 „tiefgreifende Entscheidungen getroffen“, um auf die „Zeitenwende“ durch Putins Angriff zu reagieren. „Heute stehen wir erneut an einem solchen Punkt.“ „Das Handeln und die Ankündigung der US-Regierung“ würden von Deutschland Handeln erfordern. „Nicht zu handeln hieße, die Sicherheit unseres Landes und unseres Kontinents aufs Spiel zu setzen. Und das lasse ich in dieser für unser Land kritischen Phase nicht zu.“

Mit diesen Worten ruft Olaf Scholz eine neue, zweite Zeitenwende aus – ultimativ „erwartet“ er auch die Zustimmung der anderen staatstragenden Parteien. Ohne Zweifel versucht der Kanzler, an seine von vielen und zu Recht beachtete Zeitenwende-Rede vom Februar 2022 anzuknüpfen. Und ohne Zweifel erhofft sich davon auch einen Schub im Wahlkampf. Er spielt den Amtsbonus aus, von dem niemand glaubte, dass Scholz ihn überhaupt hatte – und gibt sich handelnd, staatsmännisch, verantwortungsvoll. Was er fordert, ist nicht grundlegend falsch: Scholz formuliert an sich eine angemessene Reaktion auf die Äußerungen der Amerikaner und erkennt ihre berechtigte Erwartungen an.

Dass er es jetzt fordert, ist vielleicht mit dem Termin der Morgen beginnenden Münchner Sicherheitskonferenz, wahrscheinlicher aber mit dem Wahltermin am folgenden Wochenende zu erklären. Und ein bemerkenswertes Wort hat der Kanzler in seinem Statement fast versteckt, als er sagt:  „Wir brauchen eine Reform der Schuldenbremse, um Investitionen in Sicherheit und Verteidigung davon auch auszunehmen.“ Er sagt es während seines Statements ganz leise, fast verschluckt er es. Aber er sagt es – und vergiftet so seine staatsmännische Rede.

Denn so macht er die Tür dafür auf, mit der jetzt ultimativ geforderten Reform der Schuldenbremse doch wieder die Finanzierung aller möglichen Ausgaben und Projekte auf Pump zu sichern.  Die alte SPD-Forderung, an der schon die Ampel zerbrach – als Olaf Scholz neben der nur drei Milliarden Euro Ukraine-Hilfen ultimativ deutlich mehr an zusätzlichen Schulden für den Haushalt forderte. Jetzt wärmt er dieses Ultimatum und ein bisschen „Zeitenwende“-Flair auf – und fordert erneut ultimativ, dass man ihm folgen solle. Als Kanzler ohne Mehrheit -König ohne Königreich – und knapp eine Woche vor seiner Abwahl.

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