Wenn Richter sich als Jedi-Ritter fühlen, wechseln sie auf die dunkle Seite der Macht

vor 7 Tagen

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Bildquelle: Tichys Einblick

Die Frage stellt sich, ob nicht seit Amtsantritt der Juristin Ursula Redler am Amtsgericht Haßfurt Dantes Vers aus der Divina Commedia, dritter Gesang, Vers 9 prangen müsste: „Lasst, die Ihr eintretet, alle Hoffnung fahren!“ Zumindest auf Recht und Gerechtigkeit, die jedermann zuteilwerden sollten, seit die Bamberger Oberstaatsanwältin am 1. Februar an die Spitze des Amtsgerichts eines Ortes wechselte, der ausgerechnet den Namen Haßfurt trägt. Wenn man sich nur zwei Fälle aus Deutschlands Rechtsprechung ansieht, dürften berechtigte Zweifel entstehen, ob die Bundesrepublik nach Merkels Großer Pandemie-Koalition und nach der Ampel noch ein Rechtsstaat ist oder praktisch statt dem bürgerlichen Recht immer öfter ein stramm grünes Gesinnungsrecht herrscht.

Wenn jedenfalls in den frühen Morgenstunden Polizisten einen Rentner aus dem Schlaf klingeln, weil er es gewagt hatte, sich über Robert Habeck lustig zu machen, dann wird die vielbeschworene Liberalitas Bavariae zum Objekt der Nostalgie. Doch eine Kostprobe von Habecks Charakter und Heldenmut lieferte Captain Flensburg selbst, als er sich in Schüttsiel nicht von der Fähre traute, weil ein paar Bauern, deren Minister er einmal war, mit ihm diskutieren wollten. Um Habecks Feigheit in ein Helden-Epos im Stile von Jung-Siegfried von der Waterkante umzudichten, raunten Heerscharen von Habeck Apologeten aus den Medien über ein düsteres Ragnarök in Schüttsiel, um die Mär einer finsteren Bedrohung herbeizuphantasieren. Habeck ist ein Meister darin, eigenes Versagen anderen in die Schuhe zu schieben – und damit endet auch schon seine Meisterschaft.

Es geht nicht um Habecks Moral, es ist die Moral Neu-Versailles, die Moral einer Politikerkaste, die Deutschland in Grund und Boden wirtschaftet und vielleicht noch aus Versehen in den Krieg führt, die Julikrise warnt aus der Tiefe des historischen Raums. Es geht um den Rechtsstaat, es geht um Staatsanwälte, deren Chefin bis zum 1. Februar 2025 Ursula Redler war. Zwar gelangs es den Bamberger Staatsanwälten nicht, Niehoff für das Schwachkopf-Meme strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen, doch der Mann, der Robert Habeck beleidigte, muss einfach schuldig sein, er muss bestraft werden und wenn darüber das Recht in Söderland gebeugt wird bis es kracht. Weil Niehoff das Volk verhetzt und „Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen“ verwandt haben soll, hat das Gericht eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen verhängt – gegen einen wahrlich nicht reichen Rentner von Beamten, die staatlich abgesichert und mit hohen Pensionen rechnen dürfen. Niehoffs Anwalt Marcus Pretzell hält dagegen, dass sein Mandant den Nationalsozialismus nicht verharmlost habe.

Ermittelt haben damals Bamberger Staatsanwälte, die der Oberstaatsanwältin Ursula Redler unterstanden, zuständig ist nun das Amtsgericht Haßfurt, dem seit dem 1. Februar Ursula Redler als Direktorin vorsteht. Auf Anfrage der „Welt“ habe das Amtsgericht Haßfurt bestätigt, dass Redler zwar Vorgesetzte der mit dem „Fall“ betrauten Staatsanwälte gewesen war und aus „Ermittler-Sicht“ den Fall gekannt hatte, doch will sie „nicht persönlich daran gearbeitet“ haben. Anlass zur „Besorgnis der Befangenheit“ entsteht, wenn ein Richter mit einem Fall in Berührung kommt, mit dem er vorher als Staatanwalt befasst war. Nach Auskunft von Marcus Pretzell jedoch, widerspricht die Behauptung des Amtsgerichts der dienstlichen Stellungnahme von Ursula Redler, in der sie erklärt hat, den Fall mit dem Sachbearbeiter besprochen zu haben.

Um den Jagdeifer und die befremdliche Vorstellung von Meinungsfreiheit der Amtsgerichtsdirektorin Redler zu verstehen, hat sie nun selbst in einem Interview mit der Mainpost für Erklärung gesorgt. Redler gab nämlich zu Protokoll: „Ursprünglich habe ich Jura studiert, weil ich Staatsanwältin werden wollte. Ich wollte immer für das Gute kämpfen, wie ein Jedi-Ritter.“ So kurz dieses Statement, so deutlich zeigt es dennoch, welch falsche Vorstellung von der Justiz und von ihrem Beruf die Amtsgerichtsdirektorin hegt. Es ist nämlich nicht die Aufgabe der Richter und Staatsanwälte in einem Rechtsstaat, für das „Gute“ zu kämpfen, sondern das Recht durchzusetzen. Nicht das Gute ist mittels des Rechts durchzusetzen, sondern das Recht ist selbst als Recht zu wahren. Bietet die deutsche Geschichte nicht ausreichend Beispiele dafür, was geschieht, wenn das Recht in die Sache dessen, was man als Gutes definierte oder zumindest imaginierte, gestellt wurde? Mit dieser Vorstellung befindet sich die Richterin im krassen Gegensatz zum Grundgesetz, das die Gleichheit vor dem Gesetz vorschreibt und vom Gleichheitsgrundsatz ausgeht, denn wer Staatsanwalt oder Richter wird, um für das Gute zu kämpfen, der kämpft auch für den Guten und gegen den aus seiner Sicht Unguten. Doch laut Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland besitzt der Ungute die gleichen Rechte wie der Gute, der AfD Funktionär die gleichen Rechte wie der Funktionäre der Grünen, der AfD Wähler die gleichen Rechte wie der Wähler der Grünen, der rechte Spötter wie der linke oder der grüne Spötter. Doch offensichtlich nicht im Bereich der früheren Staatsanwältin und jetzigen Amtsgerichtsdirektorin Redler, die wie ein Jedi-Ritter für das Gute kämpfen will und dabei schnell zu Darth Vader werden kann, denn auch Darth Vader war ein Jedi, der allerdings auf die dunkle Seite der Macht wechselte. Auf der dunklen Seite der Macht wird das Recht zum Gesinnungsstrafrecht.

In dem Interview trägt Redler dick auf in der Betonung ihrer Rolle als Mutter eines siebenjährigen Kindes. Das hatte die Staatsanwaltschaft, die unter ihrer Leitung stand, nicht davon abgehalten, Polizisten in den frühen Morgenstunden zum Haus eines Vaters, der sich um seine behinderte Tochter kümmerte, zu schicken und beide, Vater und Tochter, durch überzogene Präsenz der Staatsgewalt zu erschrecken. Ihre im Interview überbetonte Mutterrolle hält die finanziell sicher gestellte Redler nicht davon ab, den Vater finanziell in den Ruin zu treiben, der nichts weiter tat, als in ein paar Posts seiner Meinung in satirischer Form Ausdruck zu verleihen. Über Humor lässt sich bekanntlich streiten, doch justiziabel sind die Posts in einem demokratischen Staat, in einem Rechtsstaat nicht, zumindest solange dieser Staat noch ein Rechtsstaat ist. Er ist es nicht mehr, wenn das Gute als ideologische Kategorie den Interpretationsrahmen für das Recht bildet oder wie Hilde Benjamin, zuletzt Justizministerien der DDR, verantwortlich als Richterin für viele Urteile, in denen sie das Gute zuweilen mit einem Todesurteil durchsetzte, so formulierte: „Keiner darf Richter bleiben, der nicht Parteigänger des revolutionären Klassenkampfes ist.“ Und der „revolutionäre Klassenkampf“ stand damals für das summus bonum, das nicht mehr überbietbar Gute.

Die bayrische Jedi-Justiz ist nicht mehr über jeden Zweifel erhaben. Das ist ein seriöses Problem, denn sie setzt sich dem Verdacht aus, dass Gesinnung oder das Gute über dem Gesetz steht.

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