
Warum jetzt? Das Timing der Veröffentlichung der neuen Einstufung der AfD durch das Bundesamt für Verfassungsschutz wirft Fragen auf. Nancy Faeser beteuert zwar, sie habe die Einschätzung des Nachrichtendienstes quasi unmittelbar veröffentlicht, sobald der Verfassungsschutz ihr das Gutachten zugeleitet habe – dem Bundesinnenministerium sei dieses erst am 28. April vorgelegt worden. Doch das stellt Zweifler nicht zufrieden.
Sie weisen auf den dubiosen, zeitlichen Zusammenhang hin – die bundesweite Hochstufung der AfD folgt kurze Zeit nach dem Durchmarsch der Partei in den Umfragen. Ein zeitlicher Zufall? Daran sind Zweifel angebracht. Denn zum wiederholten Male findet die Hochstufung unmittelbar nach einem Umfrage-Erfolg der AfD statt.
So war es in Sachsen-Anhalt und Sachsen: 13 Tage, nachdem die AfD in Sachsen-Anhalt Ende Oktober 2023 zum ersten Mal stärkste Kraft in Landesumfragen wurde, veröffentlichte der Verfassungsschutz seine Einstufung des Landesverbandes als „gesichert rechtsextremistisch“. In Sachsen geschah der gleiche Vorgang innerhalb von vier Tagen im Dezember desselben Jahres, nachdem die AfD dort in Umfragen erstmals stärkste Kraft wurde. Und auch die Einschätzung der Bundespartei als „gesichert rechtsextremistisch“ durch das Bundesamt für Verfassungsschutz folgt jetzt lediglich rund einen Monat auf die erste bundesweite Umfrage, in der die AfD erstplatziert war.
Auch in Thüringen, wo der umstrittene Verfassungsschutz-Chef Stephan Kramer das Vorgehen gegen die AfD geprägt hat, fällt die erstmalige Einstufung eines AfD-Landesverbandes als „gesichert rechtsextremistisch“ in interessante, zeitliche Zusammenhänge, wie damals auch die taz feststellte – der Zeitpunkt sei „überraschend“, schrieb die Zeitung. Im Mai, wenige Monate vor der Bundestagswahl 2021, machte man die Entscheidung bekannt, die intern bereits im März getroffen worden war.
Damals stand auch ein zur Bundestagswahl zeitgleicher Neuwahltermin für den Thüringer Landtag im Raum. Der führende Thüringer AfD-Politiker Stephan Brandner beklagte deshalb einen „offensichtliche[n] Missbrauch des Verfassungsschutzes“. Auch die damalige parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Madeleine Henfling, äußerte sich wegen der Nähe zu den entscheidenden Terminen „skeptisch“ zu der Bekanntgabe.
Steckt eine Methode hinter den Veröffentlichungen? Diese These dürfte schwer belegbar sein – aber das erkennbare Muster irritiert. Es deutet darauf hin, dass der Inlandsgeheimdienst, dessen Präsidenten wie Haldenwang und Kramer sich in der Vergangenheit schon offen zu einem politisch-aktivistischen Kampf gegen die Partei bekannt hatten – Haldenwang etwa definierte es schon 2023 als Aufgabe des Verfassungsschutzes, „die Umfragewerte der AfD zu senken“ – seine Veröffentlichung taktisch vornimmt, um der AfD politisch zu schaden.