
Manche Investitionen der Bundesregierung bleiben absolut erstaunlich, wie immer man es auch dreht und wendet. Das Online-Portal Qantara scheint so etwas zu sein. Es ist nach eigener Einschätzung ein „Dialogportal“, gegründet „unter dem Eindruck der Terroranschläge vom 11. September 2001“ und angetan, um „die Verständigung zwischen den europäischen und islamisch geprägten Gesellschaften“ zu fördern. Es geht dabei de facto um Texte auf Deutsch, Englisch und Arabisch, die allermeistens die islamische Welt beleuchten und um sie kreisen. Die Verständigung geht sozusagen nur in eine Richtung so richtig. So wird zwar auch einmal vor den türkisch-nationalistischen Grauen Wölfen in Deutschland gewarnt oder vor dem neuen Dschihadismus in Syrien. Aber grundsätzlich geht es derzeit oft um den Gaza-Krieg, gegen den es ja auch allerhand Einwände gibt.
In der Süddeutschen hieß es dazu noch, auf Qantara gebe es „Berichte über feministische Kunst aus Pakistan und Tierschutz in der Türkei, aber eben auch über die palästinensisch-amerikanische Schriftstellerin Susan Abulhawa, eine der Mitbegründerinnen der Israel-Boykott-Bewegung BDS“. Es gebe dort auch Platz für die „Kritik an der wachsenden Islamfeindlichkeit“, anscheinend aber nicht für grundlegende Kritik am Islam.
Jedenfalls kann das finanzierende Auswärtige Amt (AA) dieselbe nicht auf der Seite ausmachen. Amtschef Johann Wadephul ist gerade ja auch mit anderem befasst, etwa mit ungarischen Hafterleichterungen für das transsexuelle Oberhaupt der gesichert linksextremen Hammerbande. Und auch zu Gaza reiht sich Wadephul immer häufiger in eine europäische Sanktionierung.
In der Antwort auf eine Anfrage der AfD-Abgeordneten und stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Beatrix von Storch schreibt das Auswärtige Amt, es gebe auf dem Portal durchaus „Beiträge zu spezifisch religiösen Themen oder Artikel über dezidiert islamische Akteure“. Aber das war ja nicht die Frage, es sei denn, das Auswärtige sieht „dezidiert islamische Akteure“ schlechthin als Objekte der Islamkritik an. Aber so scheint das auf der Seite nicht gehandhabt zu werden, und die Benennung von Dschihadisten oder Salafisten als „dezidiert islamische Akteure“ wirkt ja auch eher nett.
Eher kritisiert man auf der Seite Qantara die Kritik am Islam. So wird etwa der Beschluss des Berliner Senats, Lehrerinnen das Tragen des Kopftuchs zu erlauben, bejubelt. Über die andauernde Debatte heißt es: „Es ging dabei meist um mehr als nur um das Kopftuch: Bei vielen Islamkritikerinnen und Islamkritikern schwangen Verschwörungsfantasien von einer angeblich schleichenden ‚Islamisierung‘ Deutschlands mit.“ Eigentlich ging und geht es in der Debatte um das Kopftuch als Symbol und Realität eines erstarkenden Islams in Deutschland.
Die Seite Qantara wurde zunächst vom Auslandssender der Bundesregierung, der Deutschen Welle, unterhalten und ging 2024 in die Verantwortung des Instituts für Auslandsbeziehungen (ifa) über. Das einst vom württembergischen König Wilhelm II. gegründete „Museum und Institut zur Kunde des Auslandsdeutschtums und zur Förderung deutscher Interessen im Ausland“, später Deutsches Auslandsinstitut (DAI), ist zwar seit 1997 ein privater Verein, wird aber weiterhin vom Auswärtigen Amt, dem Ländle und der Stadt Stuttgart finanziert.
Qantara-Chefredakteur Jannis Hagmann erklärte aus Anlass dieses letzten Übergangs, auf Qantara.de gehe es nunmehr darum, „mit tiefgreifendem Hintergrundwissen … ein Gegengewicht zu Desinformation“ zu bilden und „den Diskursraum durch eine sachliche Auseinandersetzung auch mit sensiblen Themen offen“ zu halten. Das ist schon ein grundlegender Wechsel, auch für das DAI-ifa: Von der Förderung deutscher Interessen zum „Gegengewicht gegen Desinformation“, immerhin ja nicht Kampf, es sind ja keine Volksdeutschen, an oder gegen die man sich wendet.
Aber was ist das für eine Desinformation, gegen die sich Qantara.de immerhin so mutig auflehnt? Das fragte von Storch ebenfalls in ihrer Kleinen Anfrage an die Bundesregierung. Die Antwort des Auswärtigen Amtes fiel erwartbar so aus, dass man „unter anderem Falschnachrichten und Fehlinformationen“ entgegenwirken wolle – aber offenbar nicht speziell solchen aus dem islamischen Raum. Davon spricht zumindest das Auswärtige Amt nicht. Und stattdessen werden etwa Texte veröffentlicht, deren Autoren sich nicht definitiv zwischen der Benennung „Genozid“ oder „schlimmstes Kriegsverbrechen des 21. Jahrhunderts“ (für die Lage in Gaza) entscheiden wollen. Ist das die „sorgfältige recherchierte“ Einordnung und „Kontextualisierung“ von aktuellen Ereignissen? Jedenfalls wird schon in der Überschrift klar, dass „die meisten israelischen Medien Teil des Krieges gegen die Palästinenser” sein sollen. Das ist schon fast Werbung für die schon obengenannte BDS-Boykottbewegung gegen Israel.
Übrigens erfolgen fast die Hälfte der Zugriffe (48,5 %) auf die Seite natürlich aus Deutschland, was noch einmal den Blick darauf lenkt, wer hier für „das Andere“ sensibilisiert werden soll. Als nächstes folgen übrigens die USA, was auch die Selbstbezüglichkeit des westlichen Diskurses zeigt. Erst dann kommen Länder wie Ägypten (vier Prozent der Zugriffe), danach Marokko, die Türkei und Saudi-Arabien. Es geht letztlich um Texte aus islamischer Perspektive, von Deutschen zu lesen.
Beatrix von Storch meint dazu: „Qantara ist das Portal der linksliberalen Islamophilen. Es ist richtig, den Islam zu verstehen. Es ist jedoch falsch, alles im Islam zu rechtfertigen und das Ganze auch noch mit 380.000 Euro pro Jahr – zuletzt waren es gar 440.000 Euro – deutschem Steuergeld zu finanzieren. Zumal die Zugriffe auf die Seite primär gar nicht im islamischen Raum, sondern in Deutschland und den USA erfolgen.“ Die AfD will die Staatsförderung von Qantara laut von Storch streichen und dafür einen entsprechenden Haushaltsänderungsantrag einreichen.