Flucht in die Ukraine – Union und SPD weichen den deutschen Problemen aus

vor etwa 2 Stunden

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Bildquelle: Tichys Einblick

Der Preis für den unsinnigsten Staatsbesuch aller Zeiten geht an Jens Spahn und Matthias Miersch. Die beiden sind die Vorsitzenden der Union und SPD im Bundestag. Sie sollten daran mitwirken, dass die beiden Regierungsfraktionen Lösungen für die deutschen Probleme finden – und vor allem dafür sorgen, dass diesen Lösungen die eigenen Abgeordneten zustimmen. Möglichst geschlossen. Die beiden sind jetzt in der Ukraine. Das ist so, als ob in der Schule der Hausmeister den Physik-Unterricht gibt.

Was genau machen Spahn und Miersch auf ihrer Ostreise? Sie besuchen deutsche Soldaten, die in Polen einen Flughafen beschützen. Dort können sie aus eigener Anschauung Lehren ziehen wie: Soldaten brauchen für ihren Job Waffen, möglichst funktionierende. Das mag für die allermeisten Bürger banal sein. Der Sozialdemokrat Miersch jedoch hat sich 20 Jahre lang im Bundestag so verhalten, als ob diese Lehre für ihn tatsächlich einen Fortschritt bedeuten könnte.

Dann sind Spahn und Miersch nach Kiew weitergereist, um dort zu bestätigen, dass noch gilt, was der Kanzler bei seinen Besuchen gesagt hat. Und der Außenminister. Und der Verteidigungsminister. Und der Finanzminister. Jetzt haben es halt auch Spahn und Miersch gesagt. Das verändert in diesem Krieg alles. Es sei ein “Zeichen” für die Ukraine, sagt Spahn. Es sei ein “Signal” an die Ukraine, sagt Miersch. Die Ukrainer wissen jetzt, dass diese beiden bedeutenden deutschen Politiker an ihrer Seite stehen. Matthias mit zwei T und Miersch mit S-C-H.

Spahn und Miersch in der Ukraine – das ist so, als ob der Hausmeister mit auf Klassenfahrt geht. Was ok wäre. Als Dank für seine gute Arbeit, wenn der Hausmeister in der Schule alles im besten Zustand hält. Nur wäre Deutschland eine Schule, dann wären sämtliche Toiletten verstopft, die Flure verdreckt und alle Lampen defekt: In Deutschland schrumpft die Wirtschaft, steigen die Schulden rasant, Arbeitslosigkeit und “Arbeitskräftemangel” ebenfalls, es zerbrechen die Sozialkassen, gehören Messermorde und Gruppenvergewaltigungen zum Alltag und streiten die beiden Regierungsparteien auf offener Bühne.

Letzteres zu verhindern ist die wichtigste Aufgabe von Spahn und Miersch. Die Vorsitzenden sollen sicherstellen, dass sich die Regierungsfraktionen in wichtigen Fragen einigen. Das haben die beiden Ukraine-Urlauber verbockt, etwa, als es darum ging, die Senkung der Stromsteuer umzusetzen, wie es im Koalitionsvertrag steht. Dann sollen die beiden im Parlament den Einigungen Mehrheiten verschaffen. Da haben Spahn und Miersch in den ersten 100 Tagen der Regierung massiv versagt. Historisch versagt: Dass eine Regierung ihrem Kanzler bei seiner Wahl eine Mehrheit verweigert, hat es in 76 Jahren Bundesrepublik nur einmal gegeben – unter der Verantwortung von Spahn und Miersch.

Wenn die beiden nun in der Ukraine “Zeichen” und “Signale” setzen, dann ist das eine Flucht. Dass sich ein Kanzler in die Außenpolitik rettet, um den Problemen im Land auszuweichen, ist historisch nicht neu. Wenn nun sogar die Fraktionsvorsitzenden gehen, ist das in der Tat ein Zeichen – ein Zeichen dafür, wie verfahren und hoffnungslos die Probleme in der Heimat mittlerweile sind.

Doch ist der Ukraine-Trip nicht nur eine räumliche Flucht. Es ist ein Eingeständnis, dass die beiden Regierungsfraktionen nicht mehr draufhaben als Symbolpolitik. So wie bei der gemeinsamen Fraktionsklausur, die sie eigens in Franken veranstaltet haben. Deren wichtigstes Ergebnis war, dass die beiden Vorsitzenden und der Chef der CSU-Landesgruppe gemeinsam eine Main-Brücke überquerten. Schlimm genug, dass Spahn und Miersch nichts anderes können als Symbolpolitik. Selbst darin sind sie altbacken und hilflos.

Wie hilflos diese Symbolpolitik ist, zeigte sich an diesem Sonntag. Da traten fast gleichzeitig der deutsche Kanzler und sein Vizekanzler im Staatsfernsehen auf. Lars Klingbeil (SPD) forderte in der ARD Steuererhöhungen und schloss Senkungen der Sozialleistungen aus. Friedrich Merz (CDU) forderte im ZDF Senkungen der Sozialleistungen und schloss Steuererhöhungen aus. Vielleicht sollten die beiden mal zusammen in die Ukraine fahren, um Bilder der Einigkeit zu liefern.

In Berlin ist die Sommerpause zu Ende gegangen. Nun tagen Arbeitskreise, die all die Vorschläge erarbeiten und vor allem vertreten sollen, die für Beschäftigte in Deutschland höhere Ausgaben und weniger Leistungen bedeuten. Die Vertreter von Union und SPD setzen derweil auf eine Doppelstrategie: Sich hinter den Arbeitskreisen verstecken, deren Vorschläge als alternativlos hinnehmen und so tun, als ob es nicht ihre Verantwortung sei, bloß weil sie für diese Verantwortung gewählt wurden und (gut) bezahlt werden.

Um sich zu zeigen, fahren sie dann ins Ausland. Vorzugsweise in die Ukraine. Dort können sie nicht nur das Geld ausgeben, das die Beschäftigten in Deutschland jetzt erwirtschaften – sondern dank dem Aufweichen der Schuldenbremse auch das Geld, was deutsche Beschäftigte in drei oder vier Jahrzehnten erst erwirtschaften. “Whatever it takes”. Sinnlos ist die Reise von Spahn und Miersch daher nur für den Steuerzahler, der sie bezahlt – für die Hausmeister der Regierungsfraktionen ergibt sie durchaus Sinn.

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