
Die deutsche Rüstungsindustrie wächst im Rekordtempo. Besonders die Zahl der Beschäftigten in der Branche ist in den letzten Jahren stark angestiegen. Es zeichnet sich eine zunehmend bedrohliche Entwicklung ab: Die deutsche Wirtschaft rutscht in eine gefährliche Abhängigkeit von globalen Konflikten und droht zur staatlich gelenkten Kriegswirtschaft zu verkommen.
Die Zahl der Angestellten in der Rüstungsbranche legt seit Jahren kräftig zu. Nach aktuellen Daten der Bundesagentur für Arbeit (BA) arbeiten derzeit rund 17.000 in Deutschland direkt an der Produktion von Waffen, Munition und militärischen Fahrzeugen. Das entspricht einem Anstieg von nahezu 50 Prozent seit 2015.
Wie die Behörde weiter mitteilt, waren Ende September 2024 mehr als 9.000 Arbeitnehmer in die Herstellung von Waffen und Munition eingebunden. Knapp 8.000 Beschäftigte arbeiten in der Produktion von Kampffahrzeugen. Besonders in diesem Bereich ist das Wachstum auffällig: Im März 2015 lag die Zahl der Beschäftigten hier noch bei 4.500. Ein Zuwachs von rund 76 Prozent innerhalb von neun Jahren.
Die Statistik der Bundesagentur basiert auf sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen. Daher bildet sie nur einen Teil des tatsächlichen Arbeitsmarkts im Rüstungssektor ab. Die reale Beschäftigtenzahl dürfte höher liegen.
Deutlich größer schätzt die Branche selbst das tatsächliche Ausmaß ein. Nach Angaben des Bundesverbandes der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV) seien allein in den knapp 320 Mitgliedsunternehmen des Verbandes rund 100.000 Personen tätig. „Rechnet man indirekt Beschäftigte hinzu, bewegen wir uns vermutlich für die Gesamtbranche in der Größenordnung von 500.000 Beschäftigten“, erklärte Hauptgeschäftsführer Hans Christoph Atzpodien gegenüber dem Spiegel. Zum Vergleich: in der deutschen Automobilindustrie waren Ende 2024 Ernst & Young zufolge rund 760.000 Menschen beschäftigt.
Auch die Rüstungsunternehmen selbst verzeichnen ein bemerkenswertes Wachstumstempo. Der Branchenriese Rheinmetall erreichte im Jahr 2024 sowohl beim Ergebnis als auch beim Auftragsbestand neue Rekordwerte. Der Konzernumsatz stieg um 36 Prozent auf 9,75 Milliarden Euro. Auch kleinere Unternehmen wie Hensoldt und Renk konnten ihre Umsätze deutlich ausbauen. Hensoldt meldete beispielsweise für 2024 ein Umsatzwachstum von 9 Prozent.
Diese positiven Entwicklungen spiegeln sich auch an der Börse wider. Erst neulich, um genau zu sein am 28. Mai erreichte die Rheinmetall-Aktie ein neues Allzeithoch von 1.898,00 Euro. Hensoldt folgte am 2. Juni mit einem Rekordwert von 105,20 Euro. Auch bei den Dividenden wird der wirtschaftliche Erfolg der Firmen sichtbar: Rheinmetall zahlte 2024 eine deutlich erhöhte Dividende von 8,10 Euro je Aktie. Gegenüber 5,70 Euro im Vorjahr entspricht das einem Anstieg von über 40 Prozent.
Das Problem hinter dem rasanten Wachstum in der Industriesparte ist, dass Rüstungsunternehmen der Konsumwirtschaft zunehmend den Rang ablaufen. Die Branche profitiert indirekt vom Niedergang großer Industriesektoren wie der Automobilindustrie.
Große Rüstungsfirmen, allen voran Rheinmetall, übernehmen immer häufiger Werke und Mitarbeiter aus diesen wirtschaftlich angeschlagenen Bereichen. Damit zeichnet sich ein bedenklicher Trend ab: der Weg in eine zunehmend militarisierte und staatlich gelenkte Wirtschaftsstruktur.
Erst kürzlich hat Rheinmetall das Alstom-Werk in Görlitz übernommen. Dort sollen künftig keine zivilen Bauteile mehr gefertigt werden, sondern Komponenten für Panzer. Von den rund 700 Beschäftigten werden etwa die Hälfte weiterbeschäftigt.
Auch das VW-Werk in Osnabrück steht vor einer möglichen Übernahme durch Rheinmetall. Im Zuge des umfassenden Sparprogramms des Volkswagen-Konzerns, das bis 2030 Werksschließungen und den Abbau von bis zu 35.000 Stellen vorsieht, könnte die Fertigung in Osnabrück vollständig abgestoßen werden. Eine Gelegenheit, die dem expandierenden Rüstungsgiganten nur recht kommen dürfte. Zwar ist bislang noch nichts entschieden, doch es mehren sich die Spekulationen, dass Deutschlands größter Rüstungskonzern auch dieses Werk übernehmen könnte.
Darüber hinaus plant Rheinmetall, eigene Zivilstandorte umzurüsten. Werke in Berlin und Neuss, die bislang für die Automobilbranche produzierten, sollen künftig in die Rüstungsfertigung überführt werden.
Des Weiteren will der Konzern gezielt Mitarbeiter von großen Automobilzulieferern übernehmen – etwa von Continental. Konkret sollen bis zu 100 Beschäftigte des Continental-Bremsenwerks in Gifhorn zum Rheinmetall-Standort Unterlüß wechseln, wo derzeit eine neue Munitionsfabrik entsteht.
Durch die zunehmende Verlagerung von Konsumwirtschaft hin zur Rüstung entsteht eine Abhängigkeit von globalen Kriegen und Konflikten. Der Wohlstand im Land, gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP), sowie eine zunehmende Zahl von Arbeitsplätzen hängen damit nicht mehr vom freien Markt ab, sondern vom Fortbestand bewaffneter Auseinandersetzungen. Kehren auf der Welt Frieden und Stabilität ein, droht ein Einbruch der Wirtschaftsleistung.
Der steigende Anteil von Arbeitnehmern in der Rüstungsindustrie führt letztendlich dazu, dass immer mehr Bürger in Deutschland indirekt zu Befürwortern globaler Konflikte werden. Schlichtweg, weil ihre berufliche Existenz von der Fortsetzung dieser Kriege abhängt. Eine moralisch unschöne Entwicklung. Diese besorgniserregende Tendenz wird von politischen Entscheidungsträgern jedoch nicht nur geduldet, sondern aktiv unterstützt. Denn um Waffenlieferungen und militärisches Engagement rechtfertigen zu können, bedarf es Zustimmung aus der Bevölkerung.
Mittlerweile ist unübersehbar: Berlin befürwortet die Aufrüstung im Land in vollem Umfang. Spätestens beim Blick auf das milliardenschwere Sondervermögen für die Bundeswehr wird das offensichtlich. Während im regulären Verteidigungshaushalt für 2025 bereits 75 Milliarden Euro eingeplant sind, sollen über das Sondervermögen zusätzlich 400 Milliarden Euro in militärische Vorhaben fließen.
Zur Finanzierung soll kurzerhand die Schuldenbremse aufgeweicht und neue Kredite aufgenommen werden – Und das, obwohl Deutschland bereits mit rund 2,5 Billionen Euro verschuldet ist. Die finanzielle Zukunft des Landes ist der Bundesregierung offenbar zweitrangig.
Die Ausrichtung, die in Berlin an den Tag gelegt wir, ist zu verachten, denn während enorme Summen in die Aufrüstung fließen, werden zivile Branchen wie die Automobil-, Chemie- oder Stahlindustrie durch hohe Energiekosten, überbordende Bürokratie und Regulierungen – etwa die sich zuspitzende CO2-Steuer – drangsaliert und ans Existenzlimit gedrängt. Entlastungen von politischer Seite, etwa in Form von Steuersenkungen oder einer wirksamen Energiepreisbremse, bleiben aus.
Es scheint fast so, als wolle man die Konsumindustrie zugunsten der Rüstungsindustrie opfern und die deutsche Wirtschaft auf direktem Weg in eine vollständige Militarisierung stürzen. Neben dem guten Geld, das sich mit dem Krieg verdienen lässt, erreichen die Entscheidungsträger im Hintergrund mit dieser Strategie vor allem eines: Kontrolle.
Durch den sturen „Rüstungsfokus‟ wird die Wirtschaft letztendlich stark abhängig von politischen Entscheidungen und Militärausgaben und dadurch nach und nach in eine vollständig staatlich gesteuerte Planwirtschaft umfunktioniert, bei der wenige Unternehmen einen Großteil der Beschäftigung und Umsätze kontrollieren.
Politische Kriegstreiberei, Machtstreben und Gier nach Geld drohen, den einst florierenden Wirtschaftsstandort Deutschland in eine staatlich kontrollierte Wirtschaftsruine zu verwandeln, in der sich die ökonomische Macht in der Hand weniger konzentriert.
Während die Konsumwirtschaft vor die Hunde geht, profitieren von der bevorstehenden Umpolung der Wirtschaft vor allem die Aktionäre deutscher Rüstungsunternehmen – und die finden sich nicht selten in den Reihen der deutschen Politik. Dass prominente Politiker Aktien an Rüstungskonzernen halten, ist längst keine Ausnahme mehr. Ein Beispiel ist Jan van Aken, Vorsitzender der Linkspartei, der öffentlich bekannt Aktien des deutschen Rüstungskonzerns Rheinmetall besitzt.
Das rasante Wachstum der deutschen Rüstungsindustrie ist erschreckend. Die Aufrüstung, die unter dem Deckmantel der „Sicherheit“ umgesetzt wird, ist in Wahrheit ein massiver wirtschaftlicher Kurswechsel – weg vom freien Markt, hin zur Kriegswirtschaft unter staatlicher Regie. Während ganze Industriezweige wie Automobil- und Chemiebranche an Bürokratie, Steuern und Energiepreisen zerbrechen, wird die Rüstungsindustrie mit Milliarden vollgepumpt.
Der Wohlstand der Republik hängt damit nicht mehr von Innovation und Marktleistung ab, sondern von der Fortsetzung globaler Konflikte. Und während der Bundestag die Aufrüstung zur Staatsaufgabe Nummer eins erhebt, füllen sich die Taschen derer, die in beiden Lagern sitzen: im Parlament und in den Aufsichtsräten der Waffenlieferanten.
Was es nun in Berlin braucht, sind mutige Stimmen, die sich gegen die Kriegsrhetorik stemmen und eine Kehrtwende zurück zu ökonomischer Vernunft fordern. Gelingt der Kurswechsel nicht, droht die deutsche Wirtschaft vollständig unter staatliche Kontrolle zu geraten. Noch kann die Tragödie, die sich zu manifestieren droht, abgewendet werden, doch die Zeit läuft aus.