
Eines kann man der Brüsseler Politik und ihrer Filialen in den Hauptstädten nicht vorwerfen: Diskontinuität. Hat man sich auf eine gemeinsame Agenda geeinigt, wurde ein Konsens im prozessualen Vorgehen gefunden, setzt ein simultaner Aufbau institutioneller und medialer Abwehrmechanismen ein. Sie dienen der Immunisierung und narrativischen Absicherung der beteiligten Akteure, Institutionen und Profiteure des Gewerks, das den politischen Prozess in die Realität hebt.
In diesen Kontext gehört, was die Bundesregierung derzeit plant. Die Regierung Merz bereitet die nationale Umsetzung einer medial völlig unterbelichteten EU-Richtlinie vor. Es geht dabei um sogenannte SLAPP-Klagen. Bei SLAPP-Klagen (Strategic Lawsuits Against Public Participation) handelt es sich um juristische Einschüchterungsversuche, mit denen mächtige Akteure versuchen, Kritiker, Journalisten oder Whistleblower durch kostenintensive Gerichtsverfahren mundtot zu machen. Es geht dabei nicht um juristischen Erfolg, sondern um die Erzeugung von Druck, Angst und im Endeffekt um die finanzielle Erschöpfung der Gegenseite.
Die EU-Richtlinie, offiziell ein Schutzschirm für kritische Stimmen, öffnet dem nationalen Gesetzgeber ein weites Feld beliebiger Interpretation und Umsetzung. Während Brüssel von „Schutz vor Einschüchterung“ spricht, nutzt Berlin die Vorlage zur Erweiterung richterlicher Interventionsrechte und legt ihnen die Definitionshoheit von „offenkundig unbegründeten“ Klagen in die Hände.
Der Vorstoß richtet sich nicht etwa gegen mediale Desinformation im Mainstream, sondern soll vor allem der wirksamen Disziplinierung regierungs- und EU-kritischer Akteure dienen. Man fürchtet die sich auftürmende Welle substantieller Kritik am wachsenden Zentralismus Brüssels. In einem Klima wachsender Opposition formiert sich damit ein juristisches Frühwarnsystem gegen systemische Abweichung – getarnt als Schutzmechanismus für journalistische Freiheit.
Der Gesetzgebungsprozess befindet sich aktuell in der Ressortabstimmung. Danach folgt die Kabinettsbefassung, ehe das parlamentarische Verfahren beginnen kann. Geht es nach dem Willen des Bundesregierung soll das Gesetz noch in diesem Jahr in Kraft treten – Politik kann erstaunlich effizient arbeiten, wenn es sich gegen die Interessen der individuellen Freiheit der Bürger richtet.
Kondensieren wir an dieser Stelle die Brüsseler Agenda auf ihre markantesten Schlaglichter: die zentral geplante Formation von Kapital in Schlüsselsektoren wie der Energiewirtschaft, die Einführung des digitalen Kontrollgeldes sowie die Auflösung tradierter Kulturelemente wie der nationalen Leitkultur durch Massenmigration sowie die Abwehr individualistischer Sezessionsaspirationen. Kurz: Weitere Macht soll der Brüsseler Zentralgewalt über einen kontrollierten, beinahe unbemerkten Zustrom aus politischen Kompetenzen der Regionen zufließen.
Die Symptome dieses Zentralismus, ökonomischer und kultureller Verfall, die außer Kontrolle geratene Migration sowie das sich anbahnende Schuldendesaster, bilanzfälliger Ausdruck des politischen Scheiterns und brennende Zündschnur am Pulverfass der Eurokraten, lenken die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf prinzipielle Fragen der EU.
Kritik wird laut, die Unzufriedenheit mit dem Klimaregime und einer zunehmend übergriffigen Politik setzt sich auch an der Wahlurne um – eine konservative Rechte, getragen von Persönlichkeiten wie Ungarns Viktor Orbán oder der Römerin Giorgia Meloni, findet im Kampf gegen den Euro-Zentralismus gemeinsamen Grund. Eine Konsolidierung dieser Bewegung ist wahrscheinlich. Und sie sorgt in Brüssel und den Hauptstädten für ein Reizklima, das die Abwehrreflexe des Machtapparats stimuliert.
Das Erwachen einer veritablen Opposition hat die Aufmerksamkeit auf die unterschiedlichen Schutz- und Immunsphären der Machtmaschine gelenkt. Nichtregierungsorganisationen, staatliche Medien, mit Subventionen gekaufte Stimmen aus der Unternehmerschaft und eine staatliche Akademie dominieren noch immer den öffentlichen Diskursraum. Sie setzen im Zusammenspiel die mediale Agenda, drängen politische Abweichler ins Abseits und sorgen im Falle einer löchrigen Abwehr für die mediale Sterilisierung des politischen Gegners. Brandmauern im Parteienwettbewerb, groteske Klimahysterie oder die konsequente Politik der offenen Grenzen bilden die prominentesten Frontlinien im Ringen um deuterische Hoheit.
Einen sichtbaren Trümmerbruch erlitt der Korpus der Zentralgewalt mit dem Eigentümertausch der mächtigen Plattform „X“, vormals Twitter. Elon Musks Milliardeninvestition könnte ein Wendepunkt in der Geschichte der postmodernen Demokratie gewesen sein. Mit etwa 600 Millionen Nutzern, der globalen Adaption von Souveränitätstechnologie wie VPNs, ist es den unzähligen freien Autoren gelungen, das Ökosystem von „X“ zu stabilisieren und inhaltlich zu expandieren. „X“ steht nicht zuletzt deswegen unter massivem Druck durch Zensurgesetze wie dem „Digital Services Act“ der EU. Es ist dieser ersten erfolgreichen Welle substantieller Opposition gelungen, die synchronisierte Macht staatlicher Medienarbeit zu brechen.
Der Reflex auf diesen Machtverlust fiel erwartungsgemäß heftig aus: Brüssel arbeitet an der Schuldumkehr strafrechtlich relevanter Inhalte, verpflichtender Identitätsnachweise, invasiver Software zur Überwachung privater Kommunikation: man spielt die bekannte Klaviatur zentralistischer Kontrollregime und erkennt nicht, dass jeder Schritt unter wachsender Beobachtung einer unzensierbaren Öffentlichkeit erfolgt. Diese wird durch die Arbeit freier Medien für den Problemkomplex zentraler Machtkonzentration sensibilisiert und übt sich in stiller politischer Sezession.
Doch hält diese Entwicklung den Zentralkörper der EU nicht davon ab, US-Medienkonzerne mit grotesken multimillionen Euro-Strafen zu überziehen. Die Fronten sind geklärt, wir treten ein in einen medialen Stellvertreterkrieg: Die EU gegen die erwachende heimische Freiheitsbewegung, die zunehmend Rückenwind aus dem wiederentdeckten Souveränitätsdrängen Amerikas erfährt.
Parallel zum Angriff auf die Medienmacht nicht-staatlicher Plattformen wird versucht, die eigenen Medien und staatsnahe Medienträger im Umfeld schwindender Gefolgschaft und kollabierender Werbeeinnahmen über den öffentlichen Haushalt mit Steuergeld zu stabilisieren – ein kostspieliges und sinnloses Unterfangen, da Mediendissidenten, einmal im neuen Hafen kritischen Diskurses angelangt, in der Regel nicht mehr freiwillig auf die Gefängnisinsel betreuten Denkens zurücksteuern. Das Geheimnis kumulierender und sich beschleunigender Kosten in diesem ungleichen Kampf um die fragilste der medialen Verteidigungslinien des Staates hat sich den beteiligten Akteuren bis jetzt noch nicht enthüllt. Dort herrscht eine apodiktische Mentalität des „Weiter so“, sie werden es schon lernen.
Sie verbrennen nicht nur Steuergeld bei dem Versuch, den woken Öko-Sozialismus in einem zunehmend verwaisten Medienraum am Leben zu halten. Politiker, die sich coram publico zur Verteidigung dieser Medienfront an die Burgzinnen stellen, enthüllen damit das polit-mediale Meinungskartell. Sie evozieren weitere Absetzbewegungen einer Öffentlichkeit, der dieser bevormundende Paternalismus auf diese Weise überhaupt erst fühlbar wird und ins Bewusstsein rückt.
Der nicht endende öffentliche Tanz der Propagandistin Greta Thunberg zwischen Klimatruppen und Palästina-Demos steht dabei sinnbildlich für ein System, das seine moralische Überlegenheit mit wachsender Verve verkünden muss, je klarer sich der Verlust seiner Deutungshoheit abzeichnet.
Dass der EU-Zentralkörper im Zusammenspiel mit seinen Filialen in den Hauptstädten im Propagandakrieg nun die großen Geschütze in Stellung bringt wie im Falle der SLAPP-Klagen, ist zunächst einmal eine besorgniserregende Entwicklung. Seit den Corona-Protesten in Europa und Kanada (Truckerproteste) wissen wir, dass der Machtkörper bereit ist, unlautere Mittel und seinen Polizeiapparat einzusetzen, um seine Interessensphäre gegen Dissidententum zu verteidigen.
Die Eskalation der Macht und ihr wesentlich defensiver Charakter zeigen uns ein komplexeres Bild: Der invasive Staatsapparat sieht sich gezwungen, sein Waffenarsenal zu erweitern, da der mediale Konsens zwischen politischer Führung und dem „Souverän“, einem zunehmend in Bedrängnis geratenen Volk, gebrochen ist. Agenda-Setting und dessen politische Exekution divergieren sichtbar vom politischen Willen, der polarisierte Parlamentszusammensetzungen und eine immer homogener agierende Opposition gebiert.
Die Temperatur im öffentlichen Meinungsraum steigt spürbar. Und die Frontlinien sind klar und deutlich konturiert.