
Ein weiteres Merz-Versprechen löst sich in Wohlgefallen auf! Die im Koalitionsvertrag angekündigte Senkung der Stromsteuer für alle fällt aus.
Das sagte Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) am Dienstagnachmittag auf dem Tag der Industrie in Berlin. Lediglich Industrie- und Agrar-Unternehmen dürfen sich demnach über eine Senkung um 2 Cent freuen. Um auch den Handel und private Haushalte zu entlasten, fehlt demnach das Geld.
Im Koalitionsvertrag hatte es noch geheißen: Für Verbraucher und Unternehmen sollten ab Januar 2026 die Energiepreise sinken. Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) hatte bei der Präsentation seines Haushaltsentwurfs in Berlin ebenfalls eine Senkung angekündigt. „Wir wollen einsteigen in eine erste wirksame Senkung der Strompreise für Industrie, Gewerbe und die privaten Haushalte“, sagte der SPD-Chef. Das solle die Kaufkraft der Bürger und die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft erhöhen.
Am Dienstag konstatierte die Wirtschaftsministerin nun auf die Frage, warum die Strompreis-Senkung doch nicht mehr für alle gelten solle: „Hier trifft dann sozusagen der Koalitionsvertrag auf finanzielle Möglichkeit und Wirklichkeit.“ Und weiter: „Wir haben das gemacht, wo ich glaube, dass wir den größten Druck haben. Wenn der Standort Deutschland und die Produktionskosten in den Griff zu kriegen sein müssen, und wir uns darauf konzentrieren sollen und zu Recht, dass wir das tun, die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts zu sichern ... wieder zu verbessern ... müssen die Maßnahmen auch ein Stück sich fokussieren. Deshalb haben wir die Industrie plus Agrar im Fokus.“
Heißt im Umkehrschluss: Wenn nur Industrie und der Agrar-Sektor von der Strompreis-Senkung profitieren, fällt sie für alle anderen Branchen und die Privathaushalte aus.
„Es ist eine große Enttäuschung, dass Bundesfinanzminister Klingbeil heute angekündigt hat, dass Handel und Dienstleistungen die versprochene Entlastung nicht erhalten“, sagte Achim Dercks, stellvertretender DIHK-Hauptgeschäftsführer, dem Handelsblatt. „Dass trotz der enormen Schulden, die die Bundesregierung in ihrem Haushalt vorsieht, selbst eine kleine Entlastung nicht möglich sein soll, lässt sich den vielen betroffenen Betrieben nicht vermitteln.“
Auch Wolfgang Weber, Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI), äußerte gegenüber dem Handelsblatt Missfallen: „Das ist ein sehr schlechtes Signal, dass ein zentrales Versprechen des Koalitionsvertrags abgesagt wird.“
Die Strompreise seien für alle Bereiche der Wirtschaft zu hoch. Er kritisiert: „Die Regierung hätte nicht bei der Industrie stehen bleiben dürfen.“ Mobilität und Wärme lassen sich per Elektrifizierung am effizientesten klimafreundlich aufstellen, wofür es günstigen Strom für alle brauche.
Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm sagte dem Blatt: „Die Stromsteuer sollte – wie es im Koalitionsvertrag vereinbart ist – generell entfallen.“
Ramona Pop, Vorständin des Verbraucherzentrale-Bundesverbands (VZBV) erklärte, die Entlastung der Menschen bei den Energiepreisen sei eines der zentralen Wahlversprechen der Koalitionsparteien gewesen. Dass sie nun leer ausgehen sollen, nannte Pop gegenüber dem Handelsblatt inakzeptabel: „Der Vertrauensverlust wäre immens.“
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