
Im niedersächsischen Landtag ist der Tod der 16-jährigen Liana K. in Friedland diskutiert worden. Der Tatverdächtige, ein 31-jähriger Iraker, war ausreisepflichtig, als er das Mädchen im August gegen einen Güterzug stieß. Ein Antrag auf Abschiebehaft war zuvor von einem Gericht abgelehnt worden. Bei ihm wurde eine paranoide Schizophrenie diagnostiziert.
Innenministerin Daniela Behrens (SPD) wies die Vorwürfe entschieden zurück. „Es lagen vor der Tat keine Erkenntnisse vor, die auf eine konkrete Gefährdung durch den Beschuldigten hingewiesen hätten“, sagte sie laut der Deutsche Presse-Agentur im Parlament. Alle Beteiligten hätten ihre Entscheidungen auf Grundlage der Fakten getroffen, die zu der Zeit jeweils vorlagen. Pauschale Kritik an der Landesaufnahmebehörde wies sie „mit aller Entschiedenheit“ zurück.
Zum abgelehnten Antrag auf Abschiebehaft sagte Behrens laut Welt, dass die Entscheidung mit dem Wissen von heute sicherlich anders ausgefallen wäre. Die „ehrliche Antwort“ sei jedoch, dass es keine Hinweise auf eine akute Gefährdung gegeben habe. „Weder bei der Polizei noch bei der Landesaufnahmebehörde gab es Hinweise auf eine derart ausgeprägte Gewaltbereitschaft oder eine derart starke psychische Auffälligkeit, ie gerechtfertigt hätte, den heute dringend Tatverdächtigen präventiv aus dem Verkehr zu ziehen.“
Noch am Abend vor der Tat habe ein Arzt attestiert, dass von dem Mann weder Eigen- noch Fremdgefährdung ausgehe. Der Fall sei „in seiner ganzen Tragik zu komplex für schnelle Urteile“, sagte Behrens.
SPD und Grüne machten gleich zu Beginn der Debatte deutlich, dass sie den Fall nicht als Frage der Migrationspolitik sehen. Sie sprachen sich für eine „nüchterne und sachliche“ Aufarbeitung aus. Die Koalition arbeite derzeit an einem neuen niedersächsischen „Psych KG“, das den Umgang mit psychischen Erkrankungen regeln soll.
Grünen-Abgeordneter Michael Lühmann erklärte: „Das Agieren der AfD, von NIUS, Musk und Co. macht sprachlos.“ Eine Abschiebung hätte die Tat nicht verhindert. Strukturelle Ursachen wie männliche Gewalt und fehlende psychologische Vorsorge würden übersehen. Fußfesseln für Bagatelldelikte seien „realitätsfern“.
SPD-Abgeordneter Alexander Saade sagte laut Nius: „Nur Populisten behaupten, dass eine gescheiterte Abschiebung Ursache für eine Tötung ist.“ Nach seiner Darstellung handelte es sich nicht um ein Versagen des Ausländerrechts. „Vorliegend hat ein Mensch die 16-jährige Liana getötet, weil er erhebliche psychische Probleme hatte. Es geht nicht ums Ausländerrecht, sondern um den Umgang mit psychisch auffälligen Menschen.“
Die CDU forderte von der Ministerin mehr persönliche Verantwortung. Carina Hermann, parlamentarische Geschäftsführerin, kritisierte, es sei „respektlos gegenüber den Angehörigen der 16-Jährigen“ gewesen, dass Behrens sich im Innenausschuss nicht selbst erklärt habe.