
Wenn Imperien stürzen, kommt es zu hässlichen Szenen. Alte Kräfte klammern sich an ihre Macht, die sie eigentlich schon verloren haben. Sie wissen, dass sie nur noch spucken können, beißen und treten – und ihre Pfründe in Sicherheit bringen. So war es 1989 am Ende der DDR, und so ähnlich ist es 2025.
Die aktuelle Folge von „Kissler Kompakt“ sehen Sie hier:
Mit der DDR kollabierte ein politisches System, das den Rückhalt in der Bevölkerung verloren hatte. Heute kollabiert ein mediales System, das den Rückhalt in der Wirklichkeit verloren hat. X war der Anfang, Facebook schloss sich an. Deutschland wird nicht ewig abseitsstehen können. Die Morgenröte neuer Meinungsfreiheit ist angebrochen.
Niemand behauptet, dass sich die Staaten des Westens in Diktaturen verwandelt hätten. In den letzten Jahren aber wurden immer mehr Meinungen in den Klammergriff aggressiver Linken und willfähriger Regierungen genommen.
Die Sprache wurde gesäubert. Gewisse Ansichten galten plötzlich nicht mehr als falsch, sondern als unanständig. Wer linken Dogmen öffentlich widersprach, musste mit gesellschaftlicher Ächtung rechnen – oder mit orchestrierten Kampagnen. Selbst der Verlust des Arbeitsplatzes drohte dem, der auf schlichten, aber plötzlich umstrittenen Wahrheiten beharrte: Dass es etwa nur zwei biologische Geschlechter gibt. Oder dass Zuwanderung einem Land auch schaden kann.
Diese beiden Themenfelder benannte nun Mark Zuckerberg als Stein des Anstoßes. Der Gründer von Meta, Facebook und Instagram sagte in einem weltweit beachteten Statement: Künftig sollen bei Facebook Beschränkungen bei Themen wie Migration und Geschlechterfragen aufgehoben werden. Solche Beschränkungen befänden sich nicht mehr im Einklang mit der öffentlichen Meinung.
Zuckerberg weiter: Was ursprünglich als Bewegung für mehr Inklusivität gedacht gewesen sei, werde immer häufiger dazu genutzt, „andere Meinungen mundtot zu machen und Menschen mit anderen Ideen auszuschließen.“
Deshalb wird es bei Facebook, zunächst nur in den USA, keine sogenannten Faktenchecker mehr geben. Stattdessen soll es Anmerkungen der Nutzer geben, „Community Notes“. Die Faktenchecker hätten sich zu „Wächtern der Wahrheit“ entwickelt. Außerdem sagte Zuckerberg: Regierungen und „etablierte Medien“ hätten immer mehr Zensur gefordert.
Als Unternehmer ist Zuckerberg Opportunist. Er weiß, dass der künftige amerikanische Präsident Donald Trump eine andere politische Agenda hat als Amtsinhaber Joe Biden. Politische Korrektheit hat ausgedient, die Woken müssen sich warm anziehen. Die Bedeutung von Zuckerbergs Worten und Maßnahmen kann nicht überschätzt werden. Nach X soll auch bei Facebook das freie Wort mehr gelten als der im Zweifel linke Konsens. Damit können die alten Gralshüter der öffentlichen Meinung nicht umgehen. Sie sehen ihr Imperium wanken, sie fürchten um ihre Pfründe.
Donald Trump wird am 20. Januar erneut als US-Präsident vereidigt.
Zuckerberg zufolge drängen in den Vereinigten Staaten Regierungen und traditionelle Medien auf eine „immer stärkere Zensur“. Zensur ist ein starkes Wort. Man muss es nicht teilen. Doch auch in Deutschland gibt es einen polit-medialen Komplex, der darüber bestimmen will, was der Bürger sagen darf.
Dieser polit-mediale Komplex beginnt bei Ministerien, Beauftragten und jeder Menge staatlich geförderter sogenannter zivilgesellschaftlicher Organisationen, er setzt sich fort bei der Bundesnetzagentur und reicht bis hin zu öffentlich-rechtlichen und anderen hergebrachten Medien, die lieber staats- als bürgernah agieren. Sie alle begreifen sich als „Wächter der Wahrheit“.
Zuckerbergs Entscheidung ist ein Meilenstein. Sie wird in Deutschland nicht ohne Folgen bleiben. Deshalb jaulen die alten Kräfte auf. Von einem Freifahrtschein für Fake News ist die Rede – weil Faktenchecker ihren Job verlieren. Tatsächlich checken solche Faktenchecker öfter die jeweilige Weltanschauung als die Fakten. Handelte es sich um echte Faktenchecker, wären sie damit ausgelastet, die Falschbehauptungen der Bundesregierung zu checken.
Nach Zuckerbergs Ankündigung ist vom Skandal abweichender Meinungen die Rede, die jetzt ohne „Konsequenz“ blieben. So stand es in einem Kommentar für die Wirtschaftswoche.
Man fasst es nicht. Deutsche Journalisten fürchten sich vor mehr Meinungsfreiheit. Deutsche Politiker haben Angst, unregulierte Ansichten könnten die Bevölkerung verunsichern. Lobbygruppen sehen ihre Fleischtöpfe bedroht.
Deutschland wird verzögert auf die Entwicklungen in den USA reagieren. Die Kräfte des Beharrens sind stark. Übereinkunft zählt hier mehr als Individualität. Und wer das Denken verlernt hat, weil er die Macht innehatte, zieht gegen seinen Machtverlust zu Felde.
Doch das mediale 1989 wird nicht aufzuhalten sein. Die Morgenröte neuer Meinungsfreiheit ist angebrochen.