
Union, SPD und Grüne haben sich dem Vernehmen nach eine Einigung über das umstrittene milliardenschwere Finanzpaket für Verteidigung und Infrastruktur sowie die massive Aufweichung der Schuldenbremse erzielt. Klarer Gewinner der Verhandlungen sind die Grünen, die den mutmaßlichen künftigen Kanzler Friedrich Merz geradezu vorgeführt haben.
Die Einigung sieht unter anderem vor, dass 100 Milliarden Euro aus dem geplanten 500-Milliarden-Euro-Sondervermögen für den Klimaschutz bereitgestellt werden. Darüber hinaus ist den Grünen ein einmaliger Coup gelungen. Erstmals soll im Grundgesetz ausdrücklich eine Verpflichtung zur „Klimaneutralität“ festgeschrieben werden. Bisher galt dies als absolutes Novum. Bis 2045 soll Deutschland demzufolge klimaneutral werden.
Wegen dieses Vorgehens schlägt auch der Verfassungsrechtler Volker Boehme-Neßler Alarm. Gegenüber Apollo News erklärt er: „Ich halte die Idee, ein konkretes Politikziel wie etwa Klimaneutralität bis 2045 in die Verfassung zu schreiben, für sehr unklug.“ Sinn und Zweck des Grundgesetzes sei es, „die ‚ewigen‘ Grundwerte einer Gesellschaft und eines Staates rechtlich verbindlich festzuschreiben“. Dementsprechend hätten die Mütter und Väter des Grundgesetzes die Menschenwürde, das Rechtsstaatsprinzip oder den Demokratiegrundsatz festgeschrieben. „Klimaneutralität 2024 ist kein solcher Grundwert“, so Boehme-Neßler weiter.
Wenn sich Union, SPD und Grüne tatsächlich mit ihrem Antrag durchsetzen, würde dies einen grundlegenden Kurswechsel markieren. Klimaneutralität sei dann „nicht mehr nur ein politisches Ziel, über das Wähler in Wahlen abstimmen können, sondern eine zwingende rechtliche Verpflichtung“, so Boehme-Neßler. „Das ist unter Demokratiegesichtspunkten inakzeptabel“. Und weiter: „Die Wähler können in Zukunft wählen, was sie wollen, am Politikziel: Klimaneutralität 2045 ändert sich nichts.“ Dabei sei gerade das Demokratieprinzip „der gute Grund dafür, dass eine Verfassung normalerweise keine so konkreten Politikziele enthält.“
Alarmiert zeigt sich auch der einstige Hamburger Umweltsenator Fritz Vahrenholt. Gegenüber Apollo News erklärt Vahrenholt: „Es hat noch nie eine weitreichendere Entscheidung gegeben, die innerhalb von 3 Werktagen in dritter Lesung des Bundestags durchgewunken werden soll.“ Zudem würde sich Deutschland einmal mehr auf einen absoluten Sonderweg begeben. „Kein Land der Welt will 2045 Klimaneutralität erreichen, nicht einmal die EU.“
Schwere Vorwürfe macht Vahrenholt dem CDU-Chef Friedrich Merz. Er betreibe den „wirtschaftspolitischen Selbstmord Deutschlands, der niemals rückgängig gemacht werden kann“. Grüne, SPD und Linke würden stets über 33 Prozent der Mandate verfügen. Entsprechend könne das Ziel der „Klimaneutralität“ nicht mehr aus dem Grundgesetz gestrichen werden. Vahrenholt setzt seine letzten Hoffnungen nun auf „20 verantwortungsbewusste CDU-Abgeordnete“, die sich der „Deindustrialisierung und damit dem Niedergang Deutschlands“ entgegenstellen.