
Der Streit um die von der SPD als Verfassungsrichterin nominierte Potsdamer Juristin Frauke Brosius-Gersdorf spitzt sich weiter zu: Die SPD, aber auch die Rechtsprofessorin selbst, halten an der Kandidatur fest. CSU-Chef Markus Söder warnt die schwarz-rote Koalition vor einer Richterwahl mit Stimmen der Linken.
Erstmals seit der abgesagten Richterwahl im Deutschen Bundestag hat sich die SPD-Kandidatin für das Bundesverfassungsgericht, Brosius-Gersdorf, selbst zu Wort gemeldet. In einer von einer Bonner Anwaltskanzlei verbreiteten Erklärung heißt es, eine eingehende Befassung mit ihrer wissenschaftlichen Arbeit zeige, dass ihre Positionen „im Ganzen betrachtet der demokratischen Mitte zuzuordnen“ seien. Die Berichterstattung über sie und ihre Standpunkte sei in Teilen der Medien unzutreffend, unvollständig, unsachlich und intransparent gewesen, kritisiert die Juristin. So sei etwa die Behauptung verunglimpfend, sie habe sich für eine Legalisierung und eine Straffreiheit des Schwangerschaftsabbruchs bis zur Geburt ausgesprochen. Auch ihre Positionen zu einem Kopftuchverbot und zu Paritätsmodellen für die Wahl des Bundestags seien häufig falsch dargestellt worden, betont Brosius-Gersdorf.
Die Juristin wehrt sich zudem gegen die Bezeichnung als „ultralinks“ oder „linksradikal“. Dies sei „diffamierend und realitätsfern“, so die Rechtsprofessorin.
Die SPD will an Brosius-Gersdorf festhalten. Wie das Nachrichtenportal Politico berichtet, beharrt auch Brosius-Gersdorf auf ihrer Kandidatur. Aus der Union kommen hingegen Forderungen nach einer neuen Kandidatin – so auch von CSU-Chef Markus Söder. Er warnte die Koalition vor einer Richterwahl mit Stimmen der Linken.
Spahn: „Notbremse kam zu spät“
Der in der Kritik stehende Unions- Fraktionschef Jens Spahn (CDU) räumte unterdessen Fehler ein. In einem Brief an die Fraktion schrieb er, dass die positive Bilanz der Koalition dadurch „überschattet wurde, ärgert mich sehr“ (…) Die Dimension der grundlegenden und inhaltlich fundierten Bedenken gegen eine der Kandidatinnen haben wir unterschätzt“, gestand Spahn ein und gab zu: „Die Notbremse am Freitag kam zu spät.“
Die dem konservativen Fraktionsflügel zugerechnete CDU-Bundestagsabgeordnete Saskia Ludwig bezeichnete Brosius-Gersdorf erneut als „unwählbar“. Deren Wahl zur Verfassungsrichterin wäre auch mit Blick auf die Aufklärung des Corona-Unrechts der „Super-GAU“.