Der große Offenbarungseid: Die Koalition unterschreibt das Ende des Industriestandorts

vor 18 Tagen

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Bildquelle: Tichys Einblick

Welchen Politikwechsel hinsichtlich Energie- und Klimapolitik bringt die Koalitionsvereinbarung? Keinen. In der Koalitionsvereinbarung finden sich im Wesentlichen die Formulierungen des Sondierungspapiers, die ich eingehend dargestellt und kritisiert habe. Es gilt in der Energiepolitik das Motto des „Weiter so“ oder „Ampel in Schwarz“. Hatte man noch nach den Arbeitsgruppenpapieren die Hoffnung, dass sich wenigstens in Sachen Kernenergie die CDU/CSU durchsetzen könnte, so gibt es nun eine Fehlanzeige: Das Wort Kernenergie taucht im Koalitionspapier an keiner Stelle mehr auf.

Das ist jetzt eine Nullstelle. Die CDU ist eingeknickt. Als einzige neue relevante Änderung im Klimateil gegenüber dem Positionspapier ist eine Einfügung zu erwähnen, wonach bei der Erreichung der Klimaneutralität Senken von CO2 berücksichtigt werden sollen. Daher werde ich mich weiter unten mit der Frage „Was ist Klimaneutralität?“ befassen. Zunächst aber: „Wer macht eigentlich außer Deutschland und Europa noch mit bei der Klimaneutralität?“

Der Weltklimarat IPCC war sich in seinem letzten Bericht sehr sicher: 100 Prozent der Erwärmung ist auf den zunehmenden Ausstoß von Treibhausgasen zurückzuführen. Es mehren sich allerdings die wissenschaftlichen Veröffentlichungen, dass die Erwärmung der letzten 25 Jahre im Wesentlichen auf einen weltweiten Rückgang der Wolken zurückzuführen ist, was zu einer Zunahme der direkten Sonneneinstrahlung führt. Die Klimamodelle, die die Erwärmung mit der zunehmenden Wärmerückstrahlung aufgrund des Treibhauseffektes des CO2 erklären, erweisen sich als fehlerhaft.

Die Ursache des Rückgangs der Wolken ist bislang nicht geklärt. Es kann an dem Rückgang der wolkenbildenden Staubteilchen in der Luft liegen, es kann an der zyklischen natürlichen Erwärmung der Ozeane liegen, es kann auch eine Rückkopplung aus der Erwärmung durch die Rückstrahlung des CO2 die Ursache sein. Die Wissenschaft kann darauf keine gesicherte Antwort geben. Aber selbst, wenn das CO2 durch Rückkopplung wesentlich zur Verringerung der Wolken beitragen würde, sind die Modelle, auf die sich politische Entscheidungen stützen, als mangelhaft zu bezeichnen.

In einer solchen Situation der wissenschaftlichen Unklarheit eine die Gesellschaft verändernde Politik des Netto-Null CO2 in die Verfassung zu schreiben, ist einzigartig in der Welt. Ich kenne kein anderes Land der Welt, das eine solche Festlegung in ihrer Verfassung vorgenommen hat. Jeder einigermaßen Kundige der energetischen und stofflichen Grundlagen einer entwickelten Industriegesellschaft wird zum Ergebnis kommen, dass ein solches Ziel in 20 Jahren zu erreichen, völlig utopisch ist. Es wird nur zu erreichen sein, wenn die Gesellschaft des Landes, dass sich Null-CO2 zum Ziel gesetzt hat, seinen Wohlstand verlieren wird und sich zu einem Zweite-Welt-Land zurückentwickeln wird.

Zusammen machen diese Länder 60 Prozent der CO2-Emissionen aus. Addiert man die Entwicklungsländer, die nach dem Pariser Abkommen von einer Reduktion vorerst ausgenommen sind, sprechen wir von 90 Prozent der Welt, die vorerst nichts machen müssen oder nichts tun. Das Pariser Abkommen führt hierzu aus: „die Entwicklungsländer … werden ermutigt, mit der Zeit angesichts der unterschiedlichen nationalen Gegebenheiten auf gesamtwirtschaftliche Emissionsreduktions- oder -begrenzungsziele überzugehen“. China und viele Ölförderländer sind nach den Regeln der Uno Entwicklungsländer.

Die 50 Ölförderländer, die zumeist als Entwicklungsländer gelten, hatten 2023 auf der Klimakonferenz in Dubai erklärt, dass sie die Öl- und Gasförderung auch über 2050 weiter betreiben werden, allerdings die CO2-Emissionen bei der Förderung auf Null bringen wollen, mehr nicht.

Wir müssen davon ausgehen, dass es auf absehbare Zeit keine verfassungsändernde Mehrheit mehr geben wird, die das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 aus der Verfassung streichen wird. SPD, Linke und Grüne werden immer eine Sperrminoriät von einem Drittel der Abgeordneten haben.

Daher ist es von besonderer Bedeutung, eine wissenschaftlich konsistente Beschreibung von Klimaneutralität zu entwickeln. denn schon Bundeskanzlerin Merkel wusste bei ihrer Rede vor dem World Eonomic Forum 2020, dass Netto-Null nicht Null ist. Sie sprach davon, dass Netto-Null einer etwa 95 Prozent Verminderung des CO2 entspräche. War Merkel klüger als Merz? Sie war auf jeden Fall nicht klug genug, denn schon zum damaligen Zeitpunkt wusste man, dass Pflanzen und Ozeane mehr als die Hälfte der CO2-Emissionen aufnehmen, und das nachgewiesermaßen seit 60 Jahren mit steigender Tendenz.

Und in der Tat schreibt der Artikel 4 des Pariser Abkommens vor, dass Reduktionen herbeizuführen seien, „um in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts ein Gleichgewicht zwischen den anthropogenen Emissionen von Treibhausgasen aus Quellen und dem Abbau solcher Gase durch Senken … herzustellen“.

Also müssen wir uns mit den Senken des CO2 beschäftigen. Da sind zum einen die Ozeane, die bei steigender Konzentration des CO2 in der Atmosphäre immer mehr CO2 aufnehmen. Wie die nächste Grafik zeigt, nehmen die Ozeane mittlerweile 26 Prozent des vom Menschen emittierten CO2 auf. Die Pflanzen, die durch steigende Konzentration an CO2 in der sie umgebenden Luft stärker wachsen und mehr Früchte erzeugen, übernehmen 29 Prozent des anthropogenen CO2. ( Die Grafik stammt aus dem gerade veröffentlichten Report des IPCC-nahen Global carbon project.)

Der Weltklimarat (IPCC) behauptet, dass etwa 20 Prozent des CO2, das wir in die Luft einbringen, dort für Tausende von Jahren verbleiben, weil die Ozeane und die Pflanzen es nicht schnell genug aufnehmen können. Der IPCC leitet das ab aus mathematischen Modellierungen (BERN Modell), die allerdings mit der Realität nichts zu tun haben.

Denn Messungen der letzten 60 Jahre zeigen, dass CO2 von Ozeanen und Pflanzen in wenigen Jahrzehnten vollständig aufgesogen werden. Nur durch die Annahme des IPCC, wonach das CO2 langfristig in der Luft verbleibt, kann das Narrativ der Klimakatastrophe aufrechterhalten werden.

Ein Großversuch zeigte das Gegenteil. Nachdem Atombombentests in den 50er und 60er Jahren die Luft mit CO2 mit einem speziellen Kohlenstoff (C14) überflutet hatten, verschwand dieser in wenigen Jahrzehnten, nicht nach Jahrtausenden. C14 ist ein radioaktives Kohlenstoffisotop und entsteht normalerweise in geringsten Mengen durch kosmische Strahlung in der oberen Erdatmosphäre. Der Gehalt von C14 im Kohlenstoff beträgt normalerweise ein Milliardstel Prozent. Es hat in jedem lebenden Organismus einen festen Anteil am Kohlenstoff. Stirbt ein Organismus ab, so nimmt ab diesem Zeitpunkt der C14-Anteil mit einer Halbwertszeit von 5730 Jahren ab. (Radiocarbonmethode zur Altersbestimmung)

Durch Atombombentests nach dem 2. Weltkrieg wurden erhebliche Mengen C14-haltigen CO2 gebildet. Wie man der nächsten Grafik entnehmen kann, war nach 12 bis 15 Jahren nach Ende der Atombombentests die Hälfte des C14-CO2 von Ozeanen und Pflanzen aufgenommen worden, sodass wir heute fast auf das Niveau vor den Atombombenversuchen zurückgekommen sind. Die Halbwertszeit ist in Wirklichkeit etwas länger als 12 bis 15 Jahre, nämlich 30 bis 40 Jahre (wie auf anderem Wege berechnet), weil durch das Verbrennen von Kohle und Öl, die äußerst wenig C14-CO2 aufweisen, die C14-Konzentration in der Atmosphäre zusätzlich verdünnt worden ist.

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss von 2021 zum Klimaschutzgesetz festgelegt, dass bis zu einer Nullemission im Jahr 2050 insgesamt nur 6,7 Milliarden Tonnen CO2 ausgestoßen werden dürften. Diese Zahl ist aus einer Schätzung des IPCC abgeleitet worden, wonach insgesamt nur noch 800 Milliarden Tonnen CO2 ausgestoßen werden sollten. 800 multipliziert mit dem Bevölkerungsanteil Deutschlands von 0,84 Prozent ergibt 6,7 Milliarden Tonnen. Zum Vergleich: Die heutige jährliche Emission Deutschlands beträgt ca. 0,6 Millliarden Tonnen. Diese Mengenbegrenzung bis 2050, so das Gericht, wäre nötig, um den Temperaturanstieg auf 1,75 °C zu begrenzen.

Bei dieser Berechnung macht das Gericht schwere wissenschaftliche Fehler. Es behauptet: „Nur kleine Teile der anthropogenen Emissionen werden von den Meeren und der terrestrischen Biosphäre aufgenommen … Im Gegensatz zu anderen Treibhausgasen verlässt CO2 die Erdatmossphäre in einem für die Menschheit relevantem Zeitraum nicht mehr auf natürliche Weise. Jede weitere in die Erdatmosphäre gelangende … CO2 Menge erhöht also bleibend die CO2-Konzentration und führt entsprechend zu einem weiteren Temperaturanstieg“ (Rn 32, Seite 31 des Beschlusses, siehe auch Lüning/Vahrenholt, Unanfechtbar).

Wer die obige Grafik des IPCC-nahen Global Carbon Project liest, ist schockiert, wie ein Bundesverfassungsgericht ohne Kenntnis der naturwissenschaftlichen Grundlagen von Quellen und Senken des CO2 einen für Deutschland so existenziell wichtigen Beschluss fassen konnte.

Das ist aber eine völlig unzureichende Betrachtungsweise. Wie wir dem Global Carbon Project entnehmen können, beträgt die Senke durch Ozeane 10,4 Milliarden Tonnen und die Senke durch Pflanzen 11,7 Milliarden Tonnen, zusammen also 22,1 Milliarden Tonnen CO2. Berechnet man den Anteil Deutschlands daran (0,84 Prozent der Weltbevölkerung), so ist der auf Deutschland entfallende Anteil der globalen Senken etwa 190 Millionen Tonnen CO2. Das entspräche ungefähr der heutigen CO2-Emission von Haushalten und dem Verkehr, den Sektoren, in denen eine CO2-Vermeidung sich am schwierigsten gestaltet. Die Energiewirtschaft ist mit 200 Millionen Tonnen CO2 der bedeutsamste; ließe sich aber am ehesten gegen Null bringen. Wenn das auf wirtschaftliche Weise gelingen soll, bedarf es neben den bereits vorhandenen erneuerbaren Energien des Wiedereinstiegs in die Kernenergie und der Anwendung von CO2-Abscheidung (CCS) bei Kohlekraftwerken.

Beides hat die neue Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag soeben ausgeschlossen. Ich habe jedenfalls das Wörtchen Kernenergie nicht an einer einzigen Stelle gelesen. Gleichzeitig hat die Koalition festgelegt, das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 zu erreichen. Es heißt allerdings auch – und das ist neu –, dass dabei in begrenztem Umfang auch permanente und nachhaltige negative Emissionen anzurechnen seien (Seite 28 des Koalitionsvertrages).

Ein kleiner Hoffnungsschimmer bleibt also, das hier die Tür zur Vernunft ein klein wenig geöffnet worden ist. Ein Politikwechsel hätte allerdings bedeutet: Wiedeinführung der Kernenergie, CO2-Abscheidung bei Kohlekraftwerken, Schiefergasförderung ermöglichen, Abschaffung des Heizungsgesetzes und Aufgabe des Verbrennerverbots. So steht zu befürchten, dass aus Netto-Null eine Null für die Zukunft der deutschen Industriearbeitsplätze und unseren Wohlstand wird.

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