Kollision mit der Realität – Finanzminister Klingbeil droht eine gefährliche Lücke im Haushalt

vor etwa 4 Stunden

Blog Image
Bildquelle: Apollo News

Wie das Handelsblatt unter Berufung auf Regierungskreise berichtet, erwartet man in Berlin einen spürbar verlangsamten Anstieg der Steuereinnahmen – in zweistelliger Milliardenhöhe. Hauptgründe seien die Anhebung von Steuerfreibeträgen und die Abmilderung der kalten Progression. Letztere hatte dem Staat bei hoher Inflation bislang überproportionale Mehreinnahmen beschert, da sie nicht durch reale Lohnzuwächse ausgeglichen wurden. Von der anhaltenden Wirtschaftskrise war allerdings keine Rede.

In Berlin wird bereits der Boden bereitet, um dem Steuerzahler die Schuld an der fiskalischen Misere zuzuschieben, immer profitierte er von den „Steuersenkungen“ der letzten Jahre. Dabei liegt das Problem nicht bei zu niedrigen Einnahmen, sondern beim ausufernden Ausgabeverhalten des Staates. Die Steuereinnahmen steigen weiterhin ohne Ausnahme von Jahr zu Jahr – nur eben nicht schnell genug für einen Haushalt ohne Maß und Mitte.

Nicht zu vergessen: Erst im vergangenen Jahr wurden bereits spürbare Steuererhöhungen beschlossen. Die Reform der Grundsteuer führte zu teils drastischen Mehrbelastungen für Eigentümer. Gleichzeitig wurde der reduzierte Mehrwertsteuersatz für Gastronomie und Hotellerie – eine Lockdown-Maßnahme – wieder auf 19 Prozent angehoben. Hinzu kamen Steuererhöhungen bei der CO₂-Abgabe sowie eine kräftige Mautanhebung. Von Steuererleichterung zu reden, ist also kontrafaktische Politikerrhetorik.

Sich jetzt hinzustellen, als sei Deutschland ein steuerpolitisch großzügiger Standort und nicht längst auf den obersten Rängen der OECD-Abgaben angelangt, ist blanker Hohn gegenüber denen, die bis in den Juli hinein für Vater Staat schuften.

Die deutsche Fiskalpolitik folgt dabei dem gleichen Muster wie viele Eurozonen-Staaten: Man ist dem Irrglauben erlegen, staatliches Handeln kenne keine finanziellen Grenzen, billiger Kredit sei auf alle Zeiten unbegrenzt verfügbar – zur Not springt die Notenbank als Retter ein. Im vergangenen Jahr stieg die Schuldenlast der Bundesrepublik in diesem Modus um 57 Milliarden Euro auf rund 2,7 Billionen Euro. Damit liegt die Schuldenquote bei etwa 63 Prozent der Wirtschaftsleistung – ohne die wachsenden Pensionsverpflichtungen und sonstigen Zahlungszusagen einzurechnen.

Im vergangenen Jahr lag die Neuverschuldung Deutschlands bei 2,8 Prozent – und das bei schrumpfender Wirtschaftsleistung. Die Schuldenquote steigt damit nicht nur absolut, sondern auch relativ mit wachsender Geschwindigkeit. Besonders brisant: Die Regierung plant ein neues Schuldenpaket von einer Billion Euro. Über vier Jahre verteilt, sollen diese Mittel in Infrastruktur, Investitionen und den Wehretat fließen – doch ökonomisch dürfte das meiste als konjunkturelles Strohfeuer verpuffen. Fiskalisch droht Deutschland so ein gewaltiger Sprung: von heute 63 auf bis zu 95 Prozent Staatsverschuldung gemessen am BIP.

Zur Erinnerung: Die deutsche Wirtschaft steckt inzwischen im dritten Jahr einer hartnäckigen Rezession fest. Und die Zeichen der Deindustrialisierung sind unübersehbar – selbst industrielle Flaggschiffe wie Volkswagen oder BASF schließen Werke und entlassen Personal. In den vergangenen fünf Jahren gingen unter dem Strich rund 500.000 Arbeitsplätze verloren. Auch bei den Direktinvestitionen rutscht Deutschland weiter ab: Jahr für Jahr fließen zwischen 30 und 90 Milliarden Euro ins Ausland ab – Kapital, das in unmittelbaren Jobaufbau umgewandelt würde.

Und es gärt gewaltig unter der notdürftig zusammengehaltenen Oberfläche: Die Industriequote der deutschen Wirtschaft ist in diesem Jahr auf 19,7 Prozent gefallen – deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt von 22 Prozent. Seit 2017 stagniert die gesamtwirtschaftliche Produktivität, mit leicht rückläufiger Tendenz. Angesichts der rasch alternden Bevölkerung und der wachsenden fiskalischen Lasten durch Migration ist das eine brandgefährliche Entwicklung – mit dem Potenzial, sich früher oder später in einer handfesten Haushaltskrise zu entladen.

Dass die Politik weiterhin keine konsolidierenden Maßnahmen ergreift, zeigt sich deutlich am Anstieg der Staatsquote: Diese liegt derzeit bei 49,5 Prozent – das ist das Ende der Erzählung von der Sozialen Marktwirtschaft. Das ist eine Staatsökonomie, die sich noch zur Finanzierung ihrer Vorhaben einen privaten Sektor gestattet. Mit anderen Worten: Fast die Hälfte des gesamten Geldes zirkuliert inzwischen durch die Mühlen der Bürokratie. Rund 32 Prozent des BIP fließen allein in die sozialen Sicherungssysteme – Tendenz steigend. Angesichts wachsender Arbeitslosigkeit, ungebremster Migration, rasanter demografischer Alterung und fehlender Reformbereitschaft – etwa bei der Deregulierung der Wirtschaft – ist keine Entlastung in Sicht. Alles läuft auf einen Kulminationspunkt zu: einen Moment, in dem die Inkohärenz zwischen Staatsausgaben und Staatseinnahmen so groß wird, dass sie die nächste Vertrauenskrise an den Anleihemärkten auslöst.

Die neue Bundesregierung unter Bundeskanzler Friedrich Merz startet mit ambitionierten haushaltspolitischen Plänen und setzt die Defizitpolitik der Vorgängerregierung konsequent fort. Allerdings wird auch im Falle der schwarz-roten Koalition der Versuch scheitern, strukturelle Fehler und Versäumnisse der Vergangenheit mit einem massiven Schuldenprogramm zu „heilen“. Doch keiner wagt es, den überbordenden Sozialstaat anzugehen. In Berlin scheint niemand bereit, die kommende Generation von fiskalischen Lasten entlasten zu wollen – eine Bürde wird weitergereicht, für die sie nicht verantwortlich ist. Stattdessen wird der Weg der politischen Unverantwortlichkeit weiter beschritten, ohne anzuerkennen, dass unserem Handeln – und das gilt auch für die Politik – endliche Grenzen gesetzt sind.

Wagen wir an dieser Stelle eine Prognose: Sollte Bundesfinanzminister Lars Klingbeil am Donnerstag tatsächlich eine dramatisch aufklaffende Fiskallücke präsentieren – trotz weiterhin steigender Steuereinnahmen – wird es nicht an Vorschlägen mangeln, wie man dieses politisch verursachte Defizit auf dem Rücken der Steuerzahler und des produktiven Sektors aus der Welt schaffen kann. Eine neue Welle gezielter Abgaben- und Steuererhöhungen dürfte folgen – rhetorisch verpackt in die altbekannte Gerechtigkeitserzählung: „Starke Schultern“ müssten mehr Verantwortung übernehmen. Die Rückkehr der Vermögenssteuer, höhere Erbschaftssteuern – alles liegt wieder auf dem Tisch. Ziel ist nicht fiskalische Vernunft, sondern die Absicherung eines überdehnten Staatsapparats – auf Kosten jener, die ihn finanzieren.

Publisher Logo

Dieser Artikel ist von Apollo News

Klicke den folgenden Button, um den Artikel auf der Website von Apollo News zu lesen.

Weitere Artikel