Kommt mit Union und SPD der Überwachungsstaat?

vor 18 Tagen

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Überwachen und Strafen: Nach diesem Prinzip funktioniert ein Gefängnis. Die Insassen werden überwacht. Und wenn sie gegen die Regeln verstoßen, werden sie bestraft. Im liberalen Rechtsstaat ist es anders. Auch dort muss der Übeltäter eine gerechte Strafe für seine Missetat erhalten.

Der Bürger darf aber nicht überwacht werden, unter keinen Umständen. Ein Staat, der seine Bürger überwacht, ist nicht demokratisch. Darum irritiert der schwarz-rote Koalitionsvertrag. CDU, CSU und SPD wollen jeden Bürger zu einer digitalen Identität verpflichten. Ein solcher Schritt wäre der Einstieg in den Überwachungsstaat.

Die ganze Folge „Kissler Kompakt“ sehen Sie hier:

Man kann alles lakonisch sehen und sagen: Endlich geht es einmal voran mit der Digitalisierung, und dann ist es auch wieder nicht recht. Es stimmt ja auch. Deutschland hat einen enormen digitalen Nachholbedarf. Solange Unternehmen in Spanien, Rumänien oder Georgien ein schnelleres, stabileres und oft auch günstigeres Internet nutzen können, bleibt der Standort Deutschland unattraktiv.

Doch darum geht es nicht. Im schwarz-roten Koalitionsvertrag steht ein Satz, der klingt, als hätte George Orwell ihn geschrieben. Der Satz lautet: „Jeder Bürger und jede Bürgerin erhält verpflichtend ein Bürgerkonto und eine digitale Identität.“

Was hätte George Orwell wohl zu der verpflichtenden digitalen Identität gesagt?

Der freiheitliche Rechtsstaat sollte mit Verpflichtungen seiner Bürger sparsam umgehen. Jede neue Pflicht will gut überlegt sein. Die oberste Pflicht trifft den Staat selbst. Er muss dafür sorgen, dass die Bürger frei und sicher leben können. Daran scheitert die Bundesrepublik.

Statt nun aber durch ein neues Sicherheitsversprechen die Freiheitsgrade zu erhöhen, wollen Union und SPD die Freiheit einschränken. Sie wollen es laut Koalitionsvertrag dadurch, dass sie „Feinden der Demokratie“ den Kampf ansagen, – wer aber ist ein „Feind der Demokratie“? Reicht es, bestimmte Minister zu verhöhnen?

Freiheitsreduzierend ist auch die Absicht, „Hass und Hetze“ der Volksverhetzung anzunähern – ohne zu erklären, was genau „Hass und Hetze“ sind und weshalb sie nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt sein sollen. Besonders bedenklich aber ist diese Ankündigung: „Jeder Bürger und jede Bürgerin erhält verpflichtend ein Bürgerkonto und eine digitale Identität.“

Im schwarz-roten Koalitionsvertrag wird den „Feinden der Demokratie“ der Kampf angesagt.

Das Bürgerkonto meint die sogenannte Bund-ID. Das Bundesinnenministerium von Nancy Faeser teilt in holprigem Deutsch mit: „Bundesweit soll sich mit der Bund-ID identifiziert und Anträge gestellt werden können.“

Die Bund-ID sei ein „zentraler Identifizierungs- und Authentifizierungsdienst für die Nutzenden“ – für den Kontakt der Bürger mit den Behörden und umgekehrt. Gleiches gilt von der digitalen Identität. Sie wird vorzugsweise über einen Chip im Personalausweis bestätigt – und soll nun verpflichtend werden.

Mir behagt das nicht – obwohl manche Länder vergleichbare Regelungen haben. Es muss ein Recht geben auf eine analoge Existenz. Nicht nur, aber vor allem für Senioren. Faktisch bedeutet die Pflicht zum Bürgerkonto und zur digitalen Identität eine Smartphone-Pflicht. So grausam kann Schwarz-Rot sein.

Und generell: Je mehr Informationen der Staat von seinen Bürgern erhält und je leichter er diese Informationen bündeln kann, desto näher rückt der gläserne Bürger. Die digitale Identität kann letztlich zur digitalen Fußfessel werden. Dann hätte der Staat in Echtzeit Zugriff auf die entscheidenden Daten seiner Bürger. Der Überwachungsstaat wäre da.

Die CDU unter Friedrich Merz hat ein Digitalisierungsministerium durchgesetzt. Es soll Digitalisierung „von oben nach unten“ anordnen. So sagt es soeben der stellvertretende Vorsitzende der Unions-Bundestagsfraktion, Mathias Middelberg.

Justitia: Im liberalen Rechtsstaat muss der Übeltäter eine gerechte Strafe für seine Missetat erhalten.

Auch das behagt mir nicht. Ich bin sehr für Digitalisierung – auf freiwilliger Basis. Kern der sonst hochgelobten informationellen Selbstbestimmung ist das Recht an den eigenen Daten. Ein freiheitlicher Rechtsstaat muss die Freiheitsrechte seiner Bürger ins Zentrum stellen.

Ein Staat, der digitale Identitäten vorschreibt, will seine Bürger überwachen – und er könnte sie bestrafen; etwa durch den Ausschluss von gewissen staatlichen Leistungen. Dann, spätestens dann, wäre die Freiheit am Ende und das Recht nur ein Wort.

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