Kommunen mit Sozialkosten überfordert: Landkreistag erwartet Defizit von 35 Milliarden Euro

vor 3 Tagen

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Vor allem die Ausgaben im sozialen Bereich zwingen die Landkreise in die Knie. „In derart großer Not waren die Städte, Landkreise und Gemeinden noch nie“, schreibt der Deutsche Landkreistag der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zufolge in einem Brief an Bundeskanzler Friedrich Merz und Finanzminister Lars Klingbeil. Pikant: Trotz der 100 Milliarden, die den Ländern und Kommunen aus dem Sondervermögen für Infrastruktur zugeführt werden sollen, würde das Geld für Investitionen fehlen.

Währenddessen steigt das Defizit der Kommunen weiter an: 35 Milliarden Euro könnten es demnächst werden, schreiben der Präsident des Deutschen Landkreistags, Achim Brötel, sowie Hans-Günter Henneke, Hauptgeschäftsführer des Verbands. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr betrug das Defizit rund 25 Milliarden Euro. Dem Statistischen Bundesamt (Destatis) zufolge waren die Sozialleistungen 11,7 Prozent, das sind 8,9 Milliarden Euro, höher als noch 2023 – allem wegen der Aufstockung der Leistungssätze.

Jetzt gebe es „massive Liquiditätsprobleme“, die Rücklagen der Kommunen seien bereits vielerorts aufgebraucht und die deswegen aufgenommenen „Kassenkredite“, mit denen die laufenden Kosten ausgeglichen werden müssen, würden „weiter explodieren“, so Brötel und Henneke. „Die föderale Finanzarchitektur ist völlig aus dem Gleichgewicht geraten.“

Beide fordern deswegen jetzt eine „Soforthilfe“, um die Kommunen zu entlasten. Sie weisen beispielsweise auch darauf hin, dass die Kosten für Flüchtlingsunterkünfte und deren Wärmeversorgung von 2015 bis 2021 vollständig vom Bund übernommen worden waren. Das könnte jetzt wieder geschehen, wird in dem Schreiben vorgeschlagen. Im vergangenen Jahr haben die Kommunen für diesen Posten 3,41 Milliarden Euro ausgegeben.

Außerdem fordern Brötel und Henneke einen höheren Anteil an den Steuereinnahmen: Obwohl in Deutschland 2024 trotz der Rezession ein Plus verzeichnet werden konnte – die Steuereinnahmen stiegen um 3,5 Prozent auf 947,7 Milliarden Euro –, reichte das Geld nicht zur Bewältigung der Finanzierungskrise in den Kommunen aus. Neben dem Anteil von Bund und Ländern – 374,9 Milliarden Euro und 394,8 Milliarden Euro – blieben für die Gemeinden 145,5 Milliarden Euro übrig, so Destatis.

Brötel und Henneke bringen deswegen eine höhere Beteiligung der Kommunen an der Umsatzsteuer ins Spiel: Statt der aktuellen zwei Prozent möchten sie sechs Prozent geltend machen und somit Mehreinnahmen in Höhe von bis zu zwölf Milliarden Euro generieren. Das würde zwar „der kommunalen Finanznot nicht gänzlich abhelfen, sie aber doch erheblich abmildern“. Aufgestellt wurde diese Forderung bereits nach der Bundestagswahl – im Koalitionsvertrag wurde sie jedoch nicht eingebracht.

Vor allem mit Blick auf die bevorstehenden Kommunalwahlen in Deutschland weisen Brötel und Henneke deswegen jetzt noch einmal auf die Forderung hin. Im September finden die Wahlen in Deutschlands einwohnermäßig größtem Bundesland, Nordrhein-Westfalen, statt. Schon jetzt rechnen Kommunen bei der Aufstellung der Haushalte ohne eine baldige Kostenentlastung. Das wiederum könnte dazu führen, „dass dies die große Unzufriedenheit vor Ort verstärken und auf das Konto antidemokratischer Kräfte einzahlen wird“, so Brötel und Henneke.

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