
In der schwelenden Debatte rund um Schwangerschaftsabbrüche hat die SPD-Politikerin Sonja Eichwede die Union mit deutlichen Worten aufgefordert, sich an die entsprechende Passage im Koalitionsvertrag zu halten. Union und SPD hatten dort vereinbart, Kosten von Schwangerschaftsabbrüchen mehr als bisher von den gesetzlichen Krankenkassen decken zu lassen.
Bisher ist dies nur bei einer Abtreibung mit sogenannter medizinischer oder kriminologischer Indikation möglich – also dann, wenn Gesundheit oder Leben der Schwangeren oder des Kindes bedroht sind oder nach einer Vergewaltigung. Das soll geändert werden: „Für Frauen in Konfliktsituationen wollen wir den Zugang zu medizinisch sicherer und wohnortnaher Versorgung ermöglichen. Wir erweitern dabei die Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung über die heutigen Regelungen hinaus“, heißt es dazu im Koalitionsvertrag.
Die Bundestagsabgeordnete Eichwede appelliert jetzt in Richtung Union: „Hierfür müssen wir als Gesetzgeber nun alle notwendigen Voraussetzungen schaffen“, sagte die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion gegenüber table.briefings. Brisant: Dies würde aller Voraussicht nach eine Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs bedeuten.
Das Thema kam auf die Tagesordnung der politischen Diskussion, nachdem die umstrittene Verfassungsgerichts-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf im Gespräch mit Talkmaster Markus Lanz erklärt hatte, ihre „wissenschaftliche Position“ für eine Legalisierung von Abtreibung decke sich mit den Vorhaben der Koalition. Apollo News berichtete als erstes Medium über die Aussage Brosius-Gersdorfs und die explosive Passage im Koalitionsvertrag. Brosius-Gersdorf erklärte: „Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts darf es eine Leistungspflicht bei Schwangerschaftsabbrüchen nur geben, wenn er rechtmäßig ist.“ Also gehe auch der Koalitionsvertrag davon aus, dass der Schwangerschaftsabbruch in der Frühphase rechtmäßig zu sein habe, argumentierte die Juristin.
Demnach müsste man also Paragraphen 218a des Strafgesetzbuches reformieren, der Schwangerschaftsabbrüche de jure weiterhin für illegal erklärt – denn sonst könnten die Krankenkassen keine Kosten übernehmen. Das Bundesgesundheitsministerium wollte auf Anfrage von Apollo News nicht dementieren, dass man eine entsprechende Legalisierung plane: Als Antwort hieß es lediglich, dass „konkrete Gesetzesvorhaben“ in dieser Sache „noch nicht spruchreif“ seien (Lesen Sie hier mehr).
Um das Thema Schwangerschaftsabbruch war im Vorfeld und auch während der Koalitionsverhandlungen hart gerungen worden: Aus der SPD drohte beispielsweise die Frauen-Vereinigung mit einem Nein zum Vertrag, wenn Paragraph 218a, der Abtreibungen im Grundsatz für rechtswidrig und strafbar erklärt, nicht gestrichen würde. „Eine Nicht-Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen wäre ein Stillstand, den wir so nicht mehr akzeptieren“, sagte die Bundesvorsitzende der SPD-Frauen, Ulrike Häfner.