
Die Ampel-Koalition steht erneut vor einer massiven finanziellen Herausforderung. Bundesfinanzminister Christian Lindner präsentierte am Donnerstag die aktuelle Steuerschätzung für Oktober 2024 – und die Zahlen sind alarmierend. Nach den bereits negativen Prognosen im Mai wird nun klar, dass die Steuereinnahmen bis zum Jahr 2028 nochmals drastisch sinken werden. Insgesamt fehlen fast 60 Milliarden Euro gegenüber den ursprünglichen Erwartungen.
Im Mai mussten die erwarteten Steuereinnahmen bereits um 80,7 Milliarden Euro zusammengestrichen werden. Das bedeutet, dass die Politik für die Jahre 2024 bis 2028 mit circa 139 Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen planen muss, als noch im Vorjahr erwartet wurde. Für die ohnehin angespannten Haushaltsverhandlungen der Ampel-Koalition ist das ein erheblicher Rückschlag.
Die neuen Prognosen zeigen, dass die Steuereinnahmen in den nächsten Jahren deutlich geringer ausfallen werden als noch im Mai angenommen. Für 2024 werden die Einnahmen um 8,7 Milliarden Euro niedriger sein als erwartet. Im Jahr 2025 rechnet der Staat mit einem Minus von 12,7 Milliarden Euro, gefolgt von 11,6 Milliarden Euro weniger im Jahr 2026, 11,7 Milliarden Euro weniger im Jahr 2027 und minus 13,4 Milliarden Euro im Jahr 2028.
Schon im Mai mussten die Einnahmeprognosen für die kommenden Jahre nach unten korrigiert werden. Damals wurden für das Jahr 2024 Mindereinnahmen von 13,8 Milliarden Euro vorausgesagt, die für 2025 bis 2028 noch höher ausfielen. Nun haben die Oktober-Schätzungen gezeigt, dass selbst diese pessimistischen Annahmen noch zu optimistisch waren.
Die Ursachen für diesen drastischen Rückgang der Steuereinnahmen liegen vor allem in der schwächelnden gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Die Steuerschätzung Oktober 2024 geht jetzt davon aus, dass die deutsche Wirtschaft im Jahr 2024 um 0,2 Prozent schrumpft. Das wirkt sich direkt auf die Steuereinnahmen aus: schwächere Unternehmensgewinne und geringere Konsumausgaben belasten die Grundlage des Steueraufkommens.
Besonders stark betroffen sind dabei die gewinnabhängigen Steuern, die auf den schwachen Unternehmensgewinnen basieren. Auch die Umsatzsteuern, die stark von der Konsumnachfrage abhängig sind, sind negativ beeinflusst, da der private Konsum und die Investitionen im Wohnungsbau hinter den Erwartungen zurückbleiben.
Für die Ampel-Koalition bedeutet diese erneute Verschlechterung der Steuerschätzung eine enorme Herausforderung. Schon im Mai musste Finanzminister Lindner harte Einschnitte in den Bundeshaushalt ankündigen, um die Ausgaben zu senken.
Mit den nun noch schlechteren Zahlen wird der Spielraum für Investitionen und soziale Projekte naturgemäß weiter schrumpfen. Lindner machte bei der Vorstellung der Steuerschätzung klar, dass ohne wirtschaftliches Wachstum zusätzliche Einsparungen unvermeidlich seien. „Wir können uns nicht darauf verlassen, dass die Steuereinnahmen stetig sprudeln“, erklärte er und forderte eine „echte Wachstumswende“.
Besonders in den Jahren 2024 und 2025, in denen die größten Einnahmeverluste zu erwarten sind, werden die Haushaltsverhandlungen innerhalb der Koalition zunehmend schwieriger werden.
Die anhaltende Wirtschaftskrise führt dazu, dass Einnahmequellen für den Staat versiegen. Die schwachen Unternehmensgewinne und die stagnierende Investitionstätigkeit in bestimmten Sektoren, wie etwa im Wohnungsbau, tragen zu den geringeren Steuereinnahmen bei. Obwohl die Regierung auf Wachstumsinitiativen verweist, bleibt der kurzfristige wirtschaftliche Ausblick gedämpft.
Erst ab 2025 wird mit einem leichten Aufschwung und Wachstumsraten von 1,1 Prozent im Bruttoinlandsprodukt gerechnet. Dabei kann man selbst diese Annahmen noch als zu optimistisch bezeichnen. Der internationale Währungsfonds (IWF) beispielsweise rechnet mit einem geringeren Wachstum für Deutschland.
Die aktuelle Steuerschätzung verdeutlicht, dass die finanzielle Lage der Ampel-Koalition mehr als angespannt bleibt. Die fast 60 Milliarden Euro an fehlenden Steuereinnahmen bis 2028 verschärfen die Haushaltslage erheblich und machen schnelle, wirkungsvolle Gegenmaßnahmen notwendig.
Die Regierung muss nun einen schwierigen Spagat meistern: Sie muss die finanziellen Einschnitte bewältigen und gleichzeitig die Voraussetzungen für wirtschaftliches Wachstum schaffen. In den kommenden Monaten stehen herausfordernde Verhandlungen und unpopuläre Entscheidungen bevor. Für die deutsche Wirtschaft sind grundlegende Veränderungen der Rahmenbedingungen dringend notwendig.
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